Kulturgut Streuobstwiese Das steckt hinter dem Projekt "Chance 7" im Rhein-Sieg-Kreis

RHEIN-SIEG-KREIS · Obstbaumwarte beraten in allen Fragen rund um Obstwiese und Naturschutz. Seit November 2017 haben rund 45 Ehrenamtliche an neun Tagen das Handwerk eines solchen Naturschützers erlernt.

 Kurs Obstbaumschnitt biologische Station des Rhein Sieg Kreises Eitorf unter Leitung von Ralf Badtke (r.) Links Anne Rosenthal aus Much.

Kurs Obstbaumschnitt biologische Station des Rhein Sieg Kreises Eitorf unter Leitung von Ralf Badtke (r.) Links Anne Rosenthal aus Much.

Foto: Meike Böschemeyer

Ralf Badtke steht am Fuß eines jungen Klarapfelbaums auf einer Streuobstwiese in Eitorf. „Dieser Baum ist etwa vier bis fünf Jahre alt. Bei seinem Beschnitt achten wir darauf, eine gerade Mitte zu bilden, an dem sich drei bis vier Leitäste im 45-Grad-Winkel befinden. Daran wachsen dann die Fruchtäste“, erklärt der Projektreferent den Teilnehmern des Projekts „Chance 7“ des Rhein-Sieg-Kreises.

Seit November 2017 haben rund 45 Ehrenamtliche an neun Tagen das Handwerk eines Obstbaumwarts erlernt. Nun erhielten die Teilnehmer in der biologischen Station des Kreises in Eitorf ihre Zertifikate. Die Einrichtung beteiligte sich als Kooperationspartner an dem Projekt. Ab sofort können die Obstbaumwarte ihr Wissen anwenden: Sie übernehmen die Pflege eigener Obstbaumbestände oder beraten Besitzer beim Pflegen und Anlegen ihrer Streuobstwiesen. „Ich finde es sehr wichtig, das Wissen um alte Streuobstwiesen zu erhalten. Ich habe selbst Apfel-, Birnen-, Pflaumen- und Kirschbäume in meinem Garten und habe dank Chance 7 deren richtige Pflege gelernt“, sagt Anne Rosenthal aus Much.

Der richtige Beschnitt der Äste ist für die Obstbäume überlebenswichtig. So sollte man immer einen Ast vor dem Astring, einer Verdickung am Astansatz, abschneiden. Scharfes Schnittwerkzeug ist dabei essenziell. „Im Astring befindet sich ein Substrat, das für die Wundheilung sorgt. Kürzt man den Ast an dieser Stelle, können nicht so leicht Krankheitserreger in den Baum eindringen“, erklärt Stefan Lienemann von der Biologischen Station.

Wie können Früchte verwertet werden?

Neben dem Beschnitt der Bäume ist auch die Pflege der Wiesen, auf denen die Bäume stehen, wichtig. Regelmäßiges Mähen oder die Beweidung mit Schafen verhindert ein zu feuchtes Bodenklima. Totholz sollte so lange wie möglich stehengelassen werden, da dieses Nützlinge beheimatet. „Ein Wespennetz auf der Terrasse mag zwar stören, in der Natur fungieren die Insekten jedoch als Feind der Schädlinge“, sagt Lienemann.

Auch wie die Früchte verwertet werden können, war Thema der Ausbildung. Simon Darscheid betreibt einen kleinen Biobauernhof in Hennef-Söven. Dort bietet der Landwirt Obst aus eigenem Anbau an. „Bei Chance 7 konnte ich mein Wissen um den richtigen Anbau, aber auch um Ideen für die Verwertung und Vermarktung erweitern“, sagt Darscheid.

Die Bodenverhältnisse und das Klima im Rhein-Sieg-Kreis eignen sich sehr gut für den Obstanbau. Davon zeugen die alten Streuobstwiesen, die stellenweise das Landschaftsbild prägen. Dort fehlt jedoch oft das Wissen um die richtige Pflege und Nachpflanzungen. Das Projekt „Chance 7“ möchte dem entgegenwirken: Bis 2019 sollen sich rund 100 Obstbaumwarte um den Obstbaumbestand im Kreisgebiet kümmern.

Weitere Informationen zum Projekt gibt es auf www.chance7.org. Die bereits ausgebildeten Warte informieren auf der Webseite www.natürlich-streuobst.de über ihre Arbeit und anstehende Termine, wie Schnittkurse für Einsteiger.

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