Mühlengraben Bootsexpedition mitten in Siegburg

SIEGBURG · Das Schlauchboot steuert schnurgerade auf die kleine Brücke an der Alleestraße zu. Das Wasser steht hoch, die Brücke ist niedrig - das könnte knapp werden.

 Inspektion: Klaus Launhardt, Helga Wenner und Ulrich Schrage auf dem Mühlengraben.

Inspektion: Klaus Launhardt, Helga Wenner und Ulrich Schrage auf dem Mühlengraben.

Foto: Siefer

Die Bootsinsassen legen sich flach auf den Rücken und halten die Luft an. Als sie auf der anderen Seite unbeschadet wieder auftauchen, stehen bereits die ersten Zuschauer auf der Brücke. Fragende Blicke - was hat diese seltsame Bootstour mitten im Winter auf dem Mühlengraben zu bedeuten?

Die Antwort ist einfach: Einmal im Jahr lädt der Wasserverband zum Ausbau und zur Unterhaltung des Siegburger Mühlengrabens Interessenten und Verantwortliche ein, den 4,2 kilometerlangen Kanal genau zu inspizieren. Das geht am besten vom Wasser aus.

Bei der diesjährigen Verbandsschau sollten wieder die Uferbefestigungen, Einleitungsrohre und Auffangeinrichtungen kontrolliert werden. Dafür begeben sich unter anderem Verbandmitglieder, Vertreter des Kreises und der Stadt im Boot auf die historische Wasserstrecke quer durch Siegburg.

"Der Mühlengraben ist das schönste und längste Denkmal, das Siegburg zu bieten hat, und wir sind verpflichtet, dass das so bleibt", sagt Horst Janoschek, Vorsteher des Wasserverbandes.

Der "König des Müllejarvens", wie Horst Janoschek inzwischen genannt wird, kontrolliert das ganze Jahr über zum Beispiel die Pegelstände. Gemeinsam mit den anderen Verbandsmitgliedern schützt er dadurch den künstlichen Kanal aus dem zwölften Jahrhundert, der damals die Mühlen in Gang setzte, als Waschstelle und als Transportweg diente.

Der Mühlengraben zweigt sich zwar westlich des Siegwehrs vom quirligen Flusslauf der Sieg ab, fließt jedoch schon wenige Meter von der Wahnbachtalstraße entfernt im ruhigen Kanal, eingegrenzt durch Industrieanlagen, Privatgrundstücke, Straßen und schmalen Uferstreifen.

Umgeknickte oder entwurzelte Bäume sowie stauendes Laub machen daher immer wieder Probleme. Bei ihrer Fahrt über den durchschnittlich vier Meter breiten Kanal achten die Teilnehmer daher besonders auf den Bewuchs am Ufer. Michael Gottschlich ist Garten- und Landschaftsbauer und hat bereits am Mühlengraben gearbeitet.

Als er von der Bootstour erfuhr, war er direkt begeistert. So könne er Siegburg einmal von einer anderen Seite kennenlernen. "Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich die Streckenabschnitte sind, teilweise sehr natürlich und dann wieder sehr verbaut", sagt er, während sich das Schlauchboot der neuen Auffangeinrichtung für Unrat nähert.

Hier müssen die acht Teilnehmer den Kanal samt Schlauchboot verlassen. Die Auffangeinrichtung liegt wie ein Gitter vor dem Brückendurchgang. Am Fuße der Abtei geht die Fahrt weiter. Je weiter der Mühlengraben ins Zentrum vordringt, umso befestigter ist das Ufer. Denkmalgeschützte Mauern sind keine Seltenheit.

Sie sind der Witterung und dem Wasser stark ausgesetzt. "Die Grundstücksbesitzer sind dafür verantwortlich, dass die Mauern im guten Zustand sind", sagt Helga Wenner von der Unteren Wasserbehörde, "wenn die Standsicherheit gefährdet ist, schreitet der Kreis ein."

Bei der Besichtigung vom Boot aus sind auf den ersten Blick keine gefährlichen Stellen zu erkennen. Hinter mehreren engen Brückenstellen erreichen die Schlauchboote die Baustelle an der Augustastraße, Zum Hohen Ufer. Hier entsteht unter anderem ein neues Regenklärbecken.

Die Stadt leitet an rund zwanzig Stellen Regenwasser in den Mühlengraben. In fünf Klärbecken wird das Wasser, vor allem im Zentrum, gereinigt. "Dazu kommen die vielen privaten Regenwasserabläufe", sagt Ulrich Schrage, technischer Leiter bei den Stadtbetrieben Siegburg. So ist der Mühlengraben noch immer Teil des Stadtlebens. Meistens unauffällig, es sei denn, es fahren einmal im Jahr Schlauchboote darauf.

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