Diskussion um Silvesterraketen Tierschützer fordern ein Böllerverbot im Rhein-Sieg-Kreis

Rhein-Sieg-Kreis  · In der Region wird kontrovers über Silvesterknaller diskutiert. Einige Bürgermeister rufen zur Zurückhaltung oder zum Verzicht auf. Ein Überblick über die verschiedenen Positionen.

 Über Feuerwerk wird aktuell kontrovers diskutiert.

Über Feuerwerk wird aktuell kontrovers diskutiert.

Foto: dpa/Paul Zinken

Das bunte Feuerwerk in der Silvesternacht kann Brigitte Kübbler von der „Pferdeschutz-Initiative 2015“ aus Hennef nicht genießen. Auch wenn sie selbst keine Pferde mehr besitzt, weiß sie um die Angst, die die Böller bei den Tieren auslösen. Gemeinsam mit ihrem Mann Dieter Kübbler fordert die 69-Jährige daher, dass Feuerwerk rund um Pferdeställe verboten wird. „Es gibt schon ein Verbot rund um Krankenhäuser. Wir möchten, dass so etwas auch im Umkreis von Reitställen eingeführt wird“, erklärt Dieter Kübbler.

Während die einen das Feuerwerk aus Umwelt- und Tierschutzgründen ablehnen, können es die anderen gar nicht erwarten, um Mitternacht die Raketen in die Luft zu schießen. Im Kreis war bereits im Sommer eine Diskussion um das Verbot von Feuerwerk ausgebrochen. Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn machte sich Ende Juli für ein Verbot der Silvesterknaller stark. In einem offenen Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer forderte Huhn diesen dazu auf, Städten die Legitimation zu geben, Feuerwerk aus Umwelt- und Klimaschutzgründen zu verbieten.

Für Weco-Standort Eitorf ist die Böllerei ein Wirtschaftsfaktor

Das erntete im Sommer Kritik seitens seines Eitorfer Amtskollegen Rüdiger Storch und des Eitorfer Unternehmens Weco. Auf seinen Brief hat Huhn inzwischen eine Antwort erhalten, wie Stadtsprecher Jan Gerull mitteilte. Das Innenministerium werde den Vorschlag überprüfen. Laut GA-Information machte das Ministerium in seiner Antwort darauf aufmerksam, dass zeitlich und räumlich begrenzte Verbote auf Grundlage des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts erlassen werden könnten.

In einem offenen Brief an die Siegburger Bürger hat Franz Huhn seine Forderung jetzt erneuert. „Bitte verzichten Sie an Silvester auf das Abbrennen von Raketen und Böllern“, schreibt Huhn an die Bürger. Ein Feuerwerkverbot werde es in Siegburg jedoch nicht geben. Auch in Sankt Augustin bleibt das Böllern erlaubt. Trotzdem macht die Stadt auf einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Feuerwerk aufmerksam. „Reduzieren Sie Ihr Feuerwerk, auch der Umwelt und dem Klima zuliebe“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Meckenheimer sollen selbst entscheiden

Aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet Meckenheims Bürgermeister Bert Spilles die Silvesterknallerei: „Meine Familie und ich finden keinen Gefallen an Böllern und Raketen“, sagt Spilles – ausdrücklich als Privatmann. Aber: Aus seinem persönlichen Handeln heraus leitet der Bürgermeister nicht die zwangsläufige Notwendigkeit ab, den Bürgern die Freude an dieser Form des Jahreswechsels zu verleiden. „Ich denke, die Meckenheimerinnen und Meckenheimer sind alt genug, selbst zu entscheiden, ob sie das gut finden oder nicht“, findet Spilles. „Ich sage den Bürgern ja auch nicht, wie und wohin sie in den Urlaub reisen sollen.“

Von Bevormundung in dieser Frage hält er darum wenig, gleichwohl stellt er fest, dass das „Vergnügen“ des Böller- oder Raketenzündens von kurzer Dauer sei, Geld koste und nicht zuletzt Feuerwerk das Klima schädige. „Und als Hundehalter habe ich erst recht nichts dagegen, wenn weniger Feuerwerk wäre, denn die Tiere leiden sehr unter dieser lauten Knallerei“, so Spilles.

 Kein Verbot in Rheinbach und Bornheim

Ein Verbot der Silvesterknallerei schließt auch Rheinbachs Stadtsprecher Norbert Sauren aus. „Die Gesetzgebungskompetenz liegt hierbei beim Bund“, so Sauren. Die Stadt Rheinbach sei darum gar nicht befugt, ein generelles Verbot auszusprechen. Stattdessen setzt die Kommune darauf, an die Vernunft zu appellieren: „Wer zur Verminderung der Feinstaubbelastung in der Silvesternacht beitragen möchte, sollte den Einsatz von Feuerwerkskörpern einschränken oder gänzlich darauf verzichten“, so Sauren.Nicht nur aus Erwägungen des Klimaschutzes seien Silvesterraketen und Böller fragwürdig, auch die Überreste der gezündeten Knallerei stellten alle Jahre wieder ein Ärgernis dar. „Das Stadtbild am Neujahrsmorgen ist leider von gezündeten Böllern und Raketenbatterien, Verpackungsmüll und auch leeren Flaschen geprägt“, so der Stadtsprecher. Dabei gelte eine einfache Regel: „Wer Müll verursacht, räumt diesen auch weg.“

Die Stadt Bornheim plant nach eigenen Angaben zurzeit keine Feuerwerksverbote für bestimmte Bereiche im Stadtgebiet. „Allerdings ist das Verbrennen von Feuerwerkskörpern oder anderen pyrotechnischen Gegenständen in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen laut Gesetz generell verboten“, teilte Pressesprecher Rainer Schumann mit. Beim Abbrennen der Feuerwerke müsse daher ein ausreichender Abstand zu solchen Gebäuden eingehalten werden.

Millionen-Ausgaben für Feuerwerk

Die Faszination für die bunten Knaller bliebt offenbar ungebrochen. Rund 133 Millionen Euro werden die Deutschen nach einer Schätzung des Verbands der pyrotechnischen Industrie in diesem Jahr für Böller und Raketen ausgeben, so viel wie 2018. Während sich viele Menschen an den Silvesterraketen erfreuen, bekommen es Haus- und Wildtiere eher mit der Angst zu tun. Der Tierschutz Siebengebirge appelliert daher, generell Rücksicht auf Tiere zu nehmen und gibt Tipps und Hinweise zu richtigem Verhalten. Raketen und Knaller sollten nicht im Wald oder in Waldnähe sowie in Teich- oder Ufernähe abgeschossen werden.

Generell sollten Pferde, Schafe und Ziegen zum Jahreswechsel nicht auf der Weide gelassen und ein ängstlicher Hund sollte an die Leine genommen werden. Freigängerkatzen blieben besser zu Hause, rät der Verein. Generell sollten Türen, Fenster und Rollläden im besten Fall geschlossen bleiben. Um die Tiere in den eigenen vier Wänden von dem Lärm außerhalb abzulenken, raten die Tierschützer, Musik oder den Fernseher laufen zu lassen. Wenn der Hund oder die Katze doch ängstlich reagieren, sollte ihr Verhalten ignoriert werden. „Ansonsten halten die Tiere ihre Angst für berechtigt“, erklärt Elke Trapp vom Verein. Möchten die Vierbeiner sich jedoch verkriechen, sollten Halter sie gewähren lassen.

Pferde können panisch reagieren. Deshalb fordern Pferdefreunde ein Böllerverbot an Ställen.

Pferde können panisch reagieren. Deshalb fordern Pferdefreunde ein Böllerverbot an Ställen.

Foto: Marie-Theres Demmer

Pferde haben Todesangst

Brigitte und Dieter Kübbler von der Hennefer Pferdeschutz-Initiative möchten auch Menschen sensibilisieren, die nichts mit Pferden zu tun haben. „Die meisten wissen nicht, dass das Fluchttier Pferd durch die Knallerei Todesangst hat. Pferde können sehr gewaltig werden, wenn sie in Panik geraten“, erklärt Brigitte Kübbler. Durch den Stress, dem die Pferde in der Silvesternacht ausgesetzt würden, könnten die Tiere im schlimmsten Fall eine lebensbedrohliche Kolik erleiden, so Dieter Kübbler. Diese muss umgehend durch einen Tierarzt behandelt werden. Zudem drohen Unfälle, wenn die Pferde in Panik umher rennen. Daher appelliert die Pferdeschutz-Initiative an Reitstallbesitzer, Pferde in der Silvesternacht in ihren Boxen im verschlossenen und beaufsichtigten Stall unterzubringen.

Seitens der Stadt Hennef wird es in diesem Jahr keine Verbote von Feuerwerk neben Pferdeställen geben. Es habe sich niemand gemeldet, der ein solches Verbot fordere, teilte Stadtsprecherin Mira Steffan auf Anfrage mit. „Wenn sich ein Reitstall mit diesem Anliegen melden würde, müsste im Einzelfall entschieden werden“, so Steffan. Der Deutsche Tierschutzbund mit Sitz in Bonn macht sich für Schutzzonen rund um jegliche Bereiche, in denen viele Tiere leben wie in der Landwirtschaft, stark. „Für alle Tiere bedeutet der Silvesterabend durch den immensen Lärm und die Lichtblitze großen Stress“, sagt Pressesprecherin Lea Schmitz.

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