Anno-Gymnasium Auschwitz-Überlebender berichtet in Siegburg

Siegburg · Seine Nummer lautete 14.026. Sein Vater hatte die Nummer 14.025, sein zwei Jahre älterer Bruder die Nummer 14.027. Die Tätowierung auf dem linken Unterarm erinnert Naftali-Duro Fürst an Buchenwald. An das Konzentrationslager Ausschwitz.

 "Komme was wolle, wir müssen überleben", sagte sein Vater: Naftali Fürst mit Annette Hirzel.

"Komme was wolle, wir müssen überleben", sagte sein Vater: Naftali Fürst mit Annette Hirzel.

Foto: Antonia Clausen

An Transporte in Viehwaggons. An gescheiterte Fluchtversuche. An Kälte, Hunger. An all das Schreckliche, was er als kleiner Junge aus einer wohlbehüteten Familie erleben musste. Am Mittwoch erzählte er in Siegburg davon. Schüler des Anno-Gymnasiums füllten die Aula, weit mehr als die 160 Jugendlichen aus der Erprobungsphase, für die die Teilnahme Pflicht war, waren gekommen, um einem Zeugen der Schrecken der Nazi-Zeit zuzuhören.

"Es spricht für die Größe Ihrer Persönlichkeit, dass Sie hier sind, dass Sie in Deutschland sind und deutsch sprechen. Für uns ist es eine Ehre, wir sind stolz und glücklich darüber", sagte Schulleiterin Hildegard Schlemmer. Denn nach der Befreiung aus dem Lager Auschwitz durch die Amerikaner hatten Fürst und seine Familie beschlossen, nie wieder nach Deutschland zu kommen, nie wieder ein deutsches Wort zu sprechen.

"Aber es ist meine Pflicht, den Menschen in Deutschland, den Heranwachsenden, davon zu erzählen, was damals passiert ist. Schließlich bin ich einer der Letzten, die sich daran erinnern können", erklärte der 80-Jährige. 1938, als er und seine Familie ihr Haus in Bratislawa verlassen mussten, war er sechs Jahre alt.

"Seitdem war ich unterwegs. Meine Familie hatte das Glück, lange beisammenbleiben zu können. 'Komme was wolle, wir müssen überleben', hatte mein Vater immer wieder gesagt." Als einzige jüdische Familie in der damaligen Slowakei kamen Naftali, sein Bruder Peter-Shmuel und die Eltern nach dem Krieg wieder zusammen. Sie wanderten nach Israel aus. Erst 2005, zum 60. Jahrestag der Befreiung, folgte Naftali Fürst einer Einladung der Bundesrepublik Deutschland.

Seitdem kommt er regelmäßig. Am 24. Januar begann sein diesjähriger Aufenthalt; in Berlin traf er sich mit Bundespräsident Joachim Gauck und Schülern, um über damals zu berichten. Ans Anno-Gymnasium kam er - zum vierten Mal übrigens - auf Einladung der Schulpfarrerin Annette Hirzel. 2011 hatten sich Schüler aus Siegburg mit Fürst in der Gedenkstätte Buchenwald getroffen.

"Bis ich dort, damals zwölf Jahre alt, angekommen war, habe ich viele Menschen sterben sehen", so Fürst. Im Güterwaggon war er nach Auschwitz gekommen. "Wir waren der erste Waggon voller Menschen, die nicht sofort in die Gaskammern geführt wurden. Die Anlagen waren genau an dem Tag zum ersten Mal außer Betrieb. Wegen Überlastung." Auf dem Todesmarsch von Auschwitz im Januar 1945 gingen Naftali und sein Bruder vorne weg.

Barfuß, in Sträflingskleidung, ohne Wasser, ohne Nahrung, am Rande der Erschöpfung. "Eine Frau hat uns zwei Leberwurstbrote zugesteckt. Das werde ich nie vergessen." "Wir dürfen nicht vergessen, dass Menschenrechte nicht einfach da sind. Es sind Werte, die wir leben müssen", mahnte Schlemmer. Fürsts Biografie "Wie Kohlestücke in den Flammen des Schreckens" ist im September als auch Paperback erschienen.

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