Anklage wegen Drogenhandels Abgehörtes Telefonat bringt Siegburger vor Gericht

SIEGBURG · Ein Gericht gehe grundsätzlich von einer "Null-Option" aus, erläuterte Richter Ulrich Wilbrand gestern einem vor dem Amtsgericht gerade freigesprochenen Angeklagten. Soll heißen, das Gericht geht zunächst von einer Unschuldsvermutung aus.

Der 28-jährige Mann aus Siegburg war in die Telefonüberwachung der Sonderkommission "Balkan" der Polizei geraten und prompt des Handels mit Kokain beschuldigt worden. Die Beweislage stellte sich vor Gericht allerdings als so dünn heraus, dass gestern sogar die Staatsanwaltschaft einen Freispruch beantragte.

Die Ermittler hatten 2013 eine Bande von Kosovo-Albanern im Visier, die mit Kokain handelte. Mittels Telefonüberwachung kamen die Kriminalisten den Dealern auf die Spur. Am 11. Dezember 2013 hörten sie ein Gespräch mit, das ein später verurteilter Dealer mit dem Angeklagten führte.

Die Männer hätten sich überaus unverständlich unterhalten, wie einer der als Zeugen geladenen Kriminalisten schilderte. Da habe es "sehr verschleiertes Gerede" gegeben und auch die Angabe, der Angeklagte sei unterwegs von Dortmund und brauche noch 40 Minuten bis zu einem möglichen Treffen. Auch weitere Wörter wie etwa "Zeugs" hätten die Beamten misstrauisch gemacht.

Drogenhändler sprächen nicht Klartext, wenn sie ihre Geschäfte am Telefon verabredeten, so die Kriminalisten weiter. Dubiose Zeitangaben könnten Hinweise auf bestellte Mengen sein, oder auch Begriffe wie "Cola" oder "Bier" würden verwendet. Nach dem Telefonat mit dem Angeklagten führte der Dealer noch ein weiteres Gespräch mit einem Dritten. Darin wurden dann "40 Colas" bestellt und Angaben gemacht, wo der Stoff abgeholt werden könne.

Die Polizei erwirkte einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Angeklagten. Dort trafen die Beamten auf eine größere Anzahl von Personen, die alle miteinander verwandt sind. "Die waren einschließlich des Angeklagten sehr kooperativ", sagten die Polizisten. Aufgefunden wurde indes wenig. Ein Plastikröhrchen, geeignet zum Kokainkonsum, allerdings ohne Anhaftungen der Droge, und in einem Keller 1,14 Gramm Marihuana und eine Feinwaage. Die Drogen waren aber keinem der Bewohner zuzuordnen.

Auch der als Zeuge geladene Dealer entlastete den Angeklagten. Sie seien weitläufig verwandt und gut befreundet, und sie hätten auch nicht über Koks geredet, sondern verklausuliert über Potenzmittel. Der Staatsanwalt nannte den Angeklagten dann auch einen "Zufallsfund" der Telefonüberwachung und beantragte den Freispruch.

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