Eine Lesung mit Pep Poetry-Slammerin Ella Anschein erstmals mit Solo-Auftritt in Siegburg

Siegburg · „Vom großen Entzücken, wenn sich einer auszieht“ heißt das erste Soloprogramm der 21-jährigen Ella Anschein. Es verspricht 100 Minuten lyrische Vielfalt mit sensiblen Texten. Zu sehen ist die junge Wortakrobatin am Samstag auf der Studiobühne.

 Anspruchsvolles Programm: 100 Minuten lyrische Vielfalt bringt die 21-jährige Ella Anschein auf die Bühne.

Anspruchsvolles Programm: 100 Minuten lyrische Vielfalt bringt die 21-jährige Ella Anschein auf die Bühne.

Foto: Meike Böschemeyer

Gedimmtes Licht, Regale gefüllt mit Weinflaschen. An einem der Tische im Weinkommissar in Bonn sitzt eine junge Frau am Laptop und schreibt: Ella Anschein, U-20 NRW Meisterin im Poetry-Slam. Seit fünf Jahren steht die 21-Jährige auf der Bühne. „Schätzungsweise 500 mal habe ich bereits geslammt“, erzählt sie. Dennoch ist sie etwas nervös im Hinblick auf Samstag, denn dann ist die Premiere ihres Soloprogramms „Vom großen Entzücken, wenn sich einer auszieht“ auf der Studiobühne in Siegburg.

Ermöglicht wurde ihr dieser Auftritt von René Böttcher, Schulleiter der Schauspielschule Siegburg. Dort ist Anschein im zweiten von vier Ausbildungsjahren zur Schauspielerin. „Die Ausbildung ermöglicht mir ein wichtiges und sehr schönes Fundament für das Zusammenspiel von Schauspiel und Literatur. Mein Ziel ist es, 'bühnenschaffend' zu sein und dafür ist die Kunst des Schauspiels meiner Meinung nach Voraussetzung. Besonders in meinen jungen Jahren stelle ich mich damit breit auf und erweitere meinen Horizont. Durch Übungen für die Stimmbildung schaffe ich es, meine Lyrik zum Ausdruck zu bringen. Und eine offene Ausstrahlung auf der Bühne zu haben, ist mehr als sinnvoll für eine Poetry-Slammerin“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.

Anschein übt den Poetry-Slam als freiberufliche Tätigkeit aus und kann damit ihre Ausbildung finanzieren. Neben Workshops übernimmt die 21-Jährige auch Auftragstexte und tritt als Kulturakt auf firmeninternen Veranstaltungen auf. Erste Begegnungen mit der Lyrik hatte sie bereits als Kind. „Ich schreibe Gedichte, seit ich schreiben kann. Aber erst Bekannte haben mich dazu gebracht, mich bei einem Poetry-Slam anzumelden. Damals war ich 16 Jahre alt und habe mich spontan um 2 Uhr morgens in der Nacht vor dem Slam angemeldet. Als ich bereits bei meinem ersten Versuch eine Runde weitergekommen bin, hat mich das Poetry-Slam-Fieber gepackt und ist seitdem Bestandteil meines Lebens“, erzählt sie.

Soloprogramm hat klare Linie

Ihr Soloprogramm beschreibt Anschein als „Lesung mit Pep“. Ein großer Unterschied und gleichzeitig die Herausforderung für die Slammerin ist, dass sie die Spannung über die gesamte Auftrittszeit von 100 Minuten alleine halten muss. „Bei einem Poetry-Slam können 50 Prozent der Beiträge mäßig bis schlecht sein und der Abend funktioniert trotzdem“, sagt sie. „Das liegt an der Vielfalt die die verschiedenen Künstler anbieten. Diese Vielfalt muss ich nun alleine abdecken. Das Schöne an meinem Programm ist, dass es eine klare Linie hat und die Texte genau getimt sind. Manche meiner Texte sind sensibel und müssen auf das Publikum wirken, andere sind leichte Kost.“

Die Inhalte ihrer Lyrik zieht Ella Anschein unter anderem aus ihrem eigenen Leben. „Ich denke, jeder Schriftsteller lässt eine individuelle Komponente mit in die persönliche Arbeit einfließen.“ Eine Kostprobe aus ihrem Programm unterstreicht dies: „Ich hatte einen andern Traum, als Slambühnen und Spoken Word. Ich wollte wie die coolen Kids sein, wollte, dass man mich erhört. Ich konnte reimen, konnte sprechen, schnell, so, wie es sich gehört. Doch auf allen Battles wurde, was ich glaubte, jäh zerstört. Denn alle dachten immer nur, dass ich das Maskottchen wär'. Sagten: Kleines, blondes Mädchen, Du gehörst hier halt nicht her Du siehst nicht gefährlich aus, Du hast kein Gangsterrap-Appeal. Schreib doch lieber Mädchenlyrik und geh zum Slam, da ist die Tür.“

Oft schreibt sie ihre Lyrik händisch vor, bevor sie am Laptop vollendet wird. Was sie allerdings nie macht, ist, einen unfertigen Text Freunden oder Verwandten vorzutragen. „Meine Entwürfe bekommt niemand zu sehen. Und mein Verlobter erst recht nicht“, sagt sie und lacht. Ihren Verlobten, der ebenfalls Poetry-Slammer ist, hat sie bei ihrem ersten Auftritt kennengelernt. Abschließend zitiert Anschein Max Reinhardt, Gründer der Schauspielschule des Deutschen Theaters: „An manchen Abenden fällt auch das Publikum durch.“ Und fügt an: „Anders als beim Theater bin ich auf die Dynamiken mit dem Publikum angewiesen und ich freue mich schon sehr darauf, diese zu spüren und das Publikum mit meiner Lyrik und Prosa zu begeistern.“

Die Premiere von Anscheins Soloprogramm ist am Samstag, 17. Februar, 20 Uhr, in der Studiobühne Siegburg. Es gibt nur noch wenige Restkarten. Weitere Aufführungen finden am 22. März im Limes in Bonn und am 13. April im Kleinkunstkeller in Bad Honnef statt.

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