Demografie im Rhein-Sieg-Kreis Immer mehr Menschen leben im Rhein-Sieg-Kreis

Rhein-Sieg-Kreis · Bis auf Windeck steigt überall die Bevölkerungszahl. Am 30. Juni 2016 lebten in den 19 Städten und Gemeinden des Kreises 597.475 Menschen, 19.223 mehr als beim Zensus 2011 gezählt worden waren.

Ein stetiges Wachstum und immer mehr junge Menschen, die in den Kreis ziehen – das sind Eckpunkte der jüngsten Bevölkerungsstatistik für den Rhein-Sieg-Kreis, die das Land vor wenigen Tagen veröffentlich hat. Demnach lebten am 30. Juni 2016 in den 19 Städten und Gemeinden des Kreises 597 475 Menschen, 19 223 mehr als beim Zensus 2011 gezählt worden waren.

Damit ist auch eine Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg widerlegt, die vor zwei Jahren für Aufregung gesorgt hatte. Denn die IHK-Studie hatte für den Kreis prognostiziert: Immer mehr junge Menschen, die wegziehen, ein leichter Bevölkerungsrückgang, kaum Dynamik und nur wenig Profil. „Die Zahlen belegen eindeutig: Wir wachsen nach wie vor deutlich, von Bevölkerungsrückgang kann keine Rede sein“, sagt Hermann Tengler, Wirtschaftsförderer des Kreises.

Einen besonders großen Sprung beim Bevölkerungszuwachs gab es vor zwei Jahren. 2015 stieg die Einwohnerzahl im Kreis gleich um 10 422 Menschen. „Das geht zu einem großen Teil auf das Konto des Flüchtlingszustroms vor zwei Jahren“, sagt Tengler. Allerdings sind die Flüchtlinge nicht alleine für das Einwohner-Plus verantwortlich.

Die Statistik zeigt, dass deutlich mehr Menschen in den Kreis ziehen als ihn verlassen. Obwohl seit einigen Jahren auch zwischen Swistbach und Sieg mehr Menschen sterben als Kinder geboren werden, ist der Zuzugssaldo so groß, dass die Bevölkerungszahl im Kreis weiter zunimmt.

Bemerkenswert dabei ist, dass vor allem die Altersgruppe der 25- bis 45-Jährigen für den größten Teil des Zuzugswachstums sorgt. „Seit einigen Jahren beobachten wir, dass genau diese Bevölkerungsgruppe von Oberzentren wie Köln und Bonn in die Umlandkreise wie den Rhein-Sieg-Kreis zieht“, hat Tengler analysiert.

So belegt eine „Wanderungsstatistik“ des Landes, dass vor zwei Jahren 5617 Menschen von Bonn in den Kreis gezogen sind, mehr als 3000 kamen aus der Altersgruppe der 25- bis 45-Jährigen. Tengler: „Das sind die Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen, eine Familie gründen, größere Wohnungen brauchen oder ein eigenes Haus wollen.“

Weil Häuser oder Mieten in den Großstädten für junge Familien kaum bezahlbar seien, würden die in das Umland ausweichen. „Wir sind für Bonn und auch für Teile von Köln gewissermaßen der Speckmantel“, sagt Tengler: „Hier gibt es nicht nur Platz und bezahlbaren Wohnraum, wir haben auch reichlich Arbeitsplätze.“

Die Statistik gibt dem Wirtschaftsförderer des Kreises recht. So gab es zum 1. Januar 2017 im Kreis laut IHK rund 154 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, knapp 26 000 mehr als noch vor zehn Jahren. Und offenbar wird dabei ganz gut verdient. In 15 der 19 Kreiskommunen liegt die Kaufkraft zum Teil deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Nach einer Vorabberechnung der IHK wird die Pro-Kopf-Kaufkraft im Kreis in diesem Jahr 24 066 Euro erreichen und damit um rund sieben Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegen.

Mehr Menschen ziehen aus Bonn in den Kreis als umgekehrt

Auch in allen anderen Altersgruppen ziehen mehr Menschen aus Bonn in den Kreis als umgekehrt. Nur bei den 18- bis 25-Jährigen hat Bonn die Nase vorne. „Das ist die Ausbildungs- und Studienwanderung, da spielt die Uni Bonn eine ganz wesentliche Rolle“, sagt Tengler. All die Menschen, die zusätzlich in den Kreis ziehen, brauchen ein Dach über dem Kopf. Eine Wohnungsmarktanalyse des Kreises ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kreis in den kommenden Jahren rund 30 000 neue Wohnungen braucht.

Seit der jüngsten „kleinen“ Volkszählung, dem Zensus 2011, ist die Bevölkerung im Rhein-Sieg-Kreis um 19 223 Köpfe gewachsen, eine Steigerung von 3,3 Prozent. Zum Vergleich: In ganz Nordrhein-Westfalen ist die Bevölkerung im selben Zeitraum nur um 1,9 Prozent gewachsen. Bei der Volkszählung 1987 wurden 476 453 Menschen im Kreis gezählt – das Bevölkerungsplus seither liegt sogar bei 25,4 Prozent. Allerdings verteilt sich das Wachstum innerhalb des Kreises sehr unregelmäßig. Während die Kommunen rund um Bonn am Rhein deutlich wachsen, stagniert der östliche Kreis oder hat leichte Verluste. Windeck an der oberen Sieg ist die einzige Kommune im Kreis, die gegenüber dem Zensus 2011 Einwohner verloren hat: Zum 30. Juni 2016 lag die Einwohnerzahl bei 18 874, das sind 61 weniger als 2011. Nur minimale Zuwächse gab es auch in anderen Gemeinden des östlichen Kreises: Eitorf (plus 36), Ruppichteroth (plus 170) und Neunkirchen-Seelscheid (plus 240).

Siegburg verzeichnet den größten Zuwachs

Die größten Einwohnerzuwächse seit 2011 verzeichneten Siegburg (plus 2430), Hennef (plus 2306), Troisdorf (plus 2038) und Sankt Augustin (plus 1898). Im linksrheinischen Kreis sind Bornheim (plus 1570), Rheinbach (plus 992), Meckenheim (plus 958) und Wachtberg (plus 950) deutlich gewachsen. Alfter (plus 664) und Swisttal (plus 606) liegen dahinter. Im Siebengebirge hatte Bad Honnef (plus 1161) gegenüber Königswinter (plus 866) die Nase vorn.

Mit Prognosen ist das allerdings so eine Sache. Vor neun Jahren hat der Kreis ein „Kreisentwicklungskonzept 2020“ aufgelegt, mit dem die Region fit für die Herausforderungen der Zukunft gemacht werden sollte. Darin wurde – errechnet von Wissenschaftlern der Technischen Universität Kaiserslautern – auch das Bevölkerungswachstum beleuchtet. Nach der damaligen Prognose sollten heute rund 630 000 Menschen im Kreis leben und 2025 die Wachstumsspitze bei rund 650 000 erreicht werden. „Solche Studien unterliegen immer vielen Faktoren und Einflüssen und müssten eigentlich regelmäßig fortgeschrieben werden.“ Der Kreis verlasse sich bei seinen Planungen vor allem auf die Zahlen des Landes und auf eigene Berechnungen.

Die Statistiker des Landes gehen derzeit davon aus, dass das Bevölkerungswachstum im Kreis noch bis 2040 anhalten wird. Dann sollen zwischen Swisttal und Windeck rund 630 000 Menschen leben. Wirtschaftsförderer Tengler jedenfalls würde sich schon mal darüber freuen, wenn auf dem Weg dorthin ein Etappenziel erreicht würde: „Mit etwas Glück schaffen wir ja noch in diesem Jahr die Marke von 600 000 Einwohnern.“

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