Kommentar zur Weiberfastnacht Die dunkle Seite

Siegburg · Muss man die hässlichen Erscheinungen an Weiberfastnacht wie Wildpinkler, Pöbler und sinnlos Betrunkene unter dem Deckmantel rheinischen Frohsinns hinnehmen? Wohl kaum. Denn sie haben mit Brauchtum nichts zu tun und sollten auch nicht zum Brauchtum werden.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker musste jüngst Kritik einstecken, als sie erklärte, dass der Karneval zum allgemeinen Besäufnis verkommen sei. Da kann man nur sagen: Die Frau hat nicht unrecht. Das, was an Weiberfastnacht etwa in der Feier-Hochburg Siegburg zu sehen war, geht in diese Richtung. Es sind vor allem Jugendliche, die sich hemmungslos volllaufen lassen.

Dabei hat die Kreisstadt in Bezug auf die Weiberfastnachtsparty den richtigen Weg eingeschlagen. In Zusammenarbeit mit einem Veranstalter gelang es, dem Trubel auf dem Markt einen festen Rahmen zu geben – mit klaren Spielregeln. Die Kombination aus einem Bühnenprogramm, Zugangskontrollen und der Präsenz von Polizei und Ordnungskräften führte dazu, dass die Markt-Party in geordneten Bahnen ablief. Die Stimmung dort war toll und allgemein friedlich, da gibt es kein Vertun.

Und doch kann das beste Veranstaltungskonzept nicht über die dunkle Seite des Karnevals hinwegtäuschen, über die Probleme, die sich abseits der offiziellen Party zeigten – Probleme, denen man mit Absperrgittern oder Stimmungs-Profis nicht beikommen kann. Da tranken jugendliche Koma-Säufer vor den Einlasskontrollen um die Wette hochprozentigen Alkohol und übergaben sich reihenweise, weil sie – oh Wunder – diese Mengen nicht vertragen. Wildpinkler erleichterten sich ungeniert in Hauseingängen und vor Schaufenstern. Und dann gab es noch die Pöbler, die – auch wieder unter Alkoholeinfluss – Streit suchten und gelegentlich von der Polizei gebremst werden mussten.

Solche Auswüchse sind schlichtweg abstoßend, eine Zumutung. Besonders für jene, die sich all dem nicht entziehen können: Anwohner, Geschäftsbetreiber, Menschen, die ihrer Arbeit nachgehen oder die Innenstadt an diesem Tag nicht meiden können, weil sie zum Beispiel zum Bahnhof müssen.

Muss man diese hässlichen Erscheinungen unter dem Deckmantel rheinischen Frohsinns hinnehmen? Wohl kaum. Denn sie haben mit Brauchtum nichts zu tun und sollten auch nicht zum Brauchtum werden. Was hilft? Verbote und Kontrollen, natürlich, aber das allein reicht nicht. Die Aufklärung über den Alkohol und seine Auswirkungen ist mindestens genau so wichtig. Da sind alle gefragt: Elternhäuser, Schulen, der Jugendschutz. Kurzum: Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe.

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