Wettbewerb in NRW Die Gesamtschule Siegburg will Talentschule werden

SIEGBURG · Die Siegburger Gesamtschule will eine von 60 Talentschulen in NRW werden. Bei einer Zusage würde die Schule ab dem Sommer besonders befördert werden. Landesweit haben sich 149 Schulen beworben.

Die Idee, ihre Schüler über einen theaterpädagogischen Schwerpunkt individuell zu fördern, haben Jochen Schütz und sein Kollegium schon länger. „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Theaterspielen einen positiven Einfluss auf die Selbsteinschätzung der Schüler und damit auch auf ihr Lernen hat“, sagt der Schulleiter der Siegburger Gesamtschule.

Erste Gespräche mit Theatern hatte es bereits gegeben, als aus der Politik im November der Anstoß zu einer Bewerbung um den NRW-Schulversuch „Talentschule“ kam. Schütz erkannte die Chance, die Stadt sagte als Schulträger Unterstützung zu, der Rat fasste einstimmig den nötigen Beschluss – damit ist die Gesamtschule eine von 149 Schulen, die sich landesweit darum bewerben, ab dem Sommer besonders gefördert zu werden.

Ministerium stattet 60 Schulen mit Lehrern aus

Der vom NRW-Schulministerium ausgerufene Wettbewerb richtet sich an Schulen, die wegen ihrer sozial-räumlichen Lage vor besonderen Herausforderungen stehen. Mit neuen Unterrichtskonzepten sollen soziale Nachteile beim Bildungserfolg überwunden und die Schüler zu besseren Leistungen geführt werden. Dazu stattet das Ministerium 60 Schulen mit mehr Lehrern aus, jede erhält einen Zuschlag in Höhe von 20 Prozent des Grundstellenbedarfs. Es gibt einen Schulsozialarbeiter und eine Grundförderung von 2500 Euro jährlich. Das Projekt ist für sechs Jahre angesetzt.

Die 2013 im Siegburger Schulzentrum Neuenhof gestartete Gesamtschule erfüllt die Bewerbungskriterien. Soziostrukturell gehört sie zum Schulstandorttyp 5. „Sie vereint Kinder aus 53 Ländern“, sagt der Beigeordnete Andreas Mast. 356 der 660 Schüler haben einen Migrationshintergrund, das sind 54 Prozent. Die vierzügige Einrichtung konkurriert mit zwei Gymnasien, einer Realschule und einer freichristlichen Gesamtschule – das spiegelt sich in ihrer Schülerschaft wider: Knapp 30 Prozent haben eine Hauptschul-, ein Sechstel eine Gymnasialempfehlung. 53 Schüler erhalten sonderpädagogische Förderung.

Mögliche acht weitere Stellen

„Wir fördern alle Schüler, wo es geht“, sagt Jochen Schütz mit Blick auf möglichst kleine Lerngruppen. Seine Schule vermittele mehr als rein schulische Bildung. Stetig arbeite das Kollegium an neuen Konzepten. Vieles habe aber zurückgefahren werden müssen, da die Zahl der Lehrerstellen sukzessive reduziert worden sei. „Eine Teilnahme am Schulversuch würde uns acht weitere Stellen bringen“, sagt Schütz, dessen Kollegium aktuell 55 Pädagogen in Voll- und Teilzeit zählt, darunter auch ein Schulsozialarbeiter.

Das würde helfen, die individuelle Fachförderung in Kleingruppen weiter auszubauen. Zudem solle die Bildung mit neuen Medien verstärkt werden. „Die nötigen Mittel für die entsprechende Hardware hat der Schulträger zugesagt“, so Schütz. Vor allem aber soll seine Schule ein kulturelles Profil bekommen.

Verschiedene Kooperationen

Das möchte Schütz auch verfolgen, wenn es im Februar keinen positiven Bescheid aus Düsseldorf geben sollte. Dem kommt der politische Beschluss, die Siegburger Studiobühne samt Schauspielschule und Theater Tollhaus bei der anstehenden Erweiterung und Sanierung des Schulzentrums am Neuenhof anzusiedeln, entgegen. „Wir sind überzeugt, dass eine kulturelle Bildung sich positiv auf die Schüler auswirkt“, sagt Schütz. Schon jetzt gebe es daher Kooperationen, etwa mit Musikschule, Stadtmuseum oder Stadtbücherei. Das Theater sei ihnen allen ein Herzensanliegen.

Neben einer Theater AG deckt aktuell das Fach „Darstellen und Gestalten“ diese Facette ab. Mit Märchen rund um die Welt befassen sich seit Januar Birgit Wege und ihre Siebtklässler. „Jede Gruppe hat sich ein Märchen ausgesucht und ein Textbuch geschrieben“, erklärt die Lehrerin. Gerade bauen die Mädchen und Jungen in verschiedenen Techniken passende Puppen. „Wenn sie das Puppenspiel gelernt haben, gibt es eine Vorstellung“, so Wege, die ihre Schüler dabei begleitet, sich das Thema selbstständig zu erarbeiten.

Training von Schlüsselkompetenzen

„Das möchten wir ausbauen“, erklärt Schütz. Als Talentschule erhalte seine Schule eine bessere Stundentafel. Eine Voraussetzung für größere Theaterprojekte, in denen die Schüler über ein ganzes Schuljahr alles durchlaufen – vom Schreiben des Theaterstücks über Schauspiel, Bühnengestaltung und Kostümbildung bis hin zur Bühnentechnik. Das trainiere viele Schlüsselkompetenzen, die das Lernen positiv beeinflussen und für das Leben stärken, ist sich Schütz sicher. Und sollte es seine Schule in der ersten Runde nicht zur Talentschule schaffen, besteht weiterhin Hoffnung auf eine Förderung. Das Schulministerium hat eine zweite Runde angekündigt.

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