Prozess in Bonn 80-Jähriger soll Patientinnen missbraucht haben

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn · Ein Pflegeheim-Betreiber aus dem Rhein-Sieg-Kreis muss sich wegen der Vergewaltigung von zwei Heimbewohnerinnen vor Gericht verantworten. Der Angeklagte wurde einen Tag vor dem Prozess wegen anderer Vorwürfe erneut verhaftet.

 Symbolbild

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Foto: Benjamin Westhoff

Es war Heiligabend 2016. Gegen 22 Uhr erschien der Betreiber eines psychiatrischen Pflegeheims im Zimmer einer Patientin, setzte sich auf einen Sessel und soll die 47-jährige Frau – unter dem Vorwand, dass er so schlecht höre – gebeten haben, doch näher zu rücken. Dann soll der 80-Jährige seine Hand auf ihren Oberschenkel gelegt haben, was der Patientin missfiel.

Diese kleine Szene will der 72-jährige Verlobte der Patientin, der damals ebenfalls in dem Zimmer wohnte, zufällig beobachtet haben. Sein Bett stand hinter einer Abtrennung, weswegen er nicht die ganze Szene mitbekommen hat. „Ich kann doch nicht durch Wände gucken“, erklärte er gestern entrüstet als Zeuge im Prozess vor dem Bonner Landgericht.

Auf der Anklagebank: der langjährige Betreiber einer psychiatrischen Pflegeeinrichtung im Rhein-Sieg-Kreis. Die Bonner Staatsanwaltschaft wirft dem 80-Jährigen Vergewaltigung sowie sexuellen Missbrauch von zwei Bewohnerinnen vor. Am Mittwoch war Prozessauftakt.

Patienten hatte um Verlegung gebeten

Die Hand auf dem Oberschenkel soll laut Staatsanwaltschaft nur der Anfang des sexuellen Übergriffs gewesen sein. Die 47-Jährige hat den Vorfall sowohl dem behandelnden Arzt als auch ihrem Betreuer erzählt und später auch Strafanzeige erstattet. Demnach soll der Heimchef ihr auch unter die Wäsche gegangen sein und sie „befummelt“ haben, obwohl sie sich gewehrt hatte.

Immer wieder hatte die Patientin ihre Ansprechpartner gebeten, sie in ein anderes Haus zu verlegen. „Ich werde vom Chef weiterhin belästigt. Ich halte es nicht mehr aus“, schrieb sie ihrem Betreuer. Ob ihre Geschichte der Wahrheit entspricht, daran gab es allerdings immer wieder leise Zweifel. Nicht zuletzt, weil die 47-Jährige, die an Wahnvorstellungen leidet, seit Jahren schon in eine offene Einrichtung wollte, um mehr Ausgang zu haben.

Vorwürfe einer zweiten Patientin folgen

Erst ein zweiter Vorfall am 3. Juli 2017 brachte die Geschichte richtig ins Rollen: In diesem Fall soll der angeklagte Heimbetreiber eine 34-jährige Patientin in ihrem Zimmer aufgesucht, sie in den Waschkeller gelockt, sich mit ihr in einen dunklen Raum eingesperrt und sie vergewaltigt haben. Die Patientin, die ihm – laut Anklage – aus Angst gefolgt war, wehrte sich schließlich in der Kellerkammer und schrie. Da soll er sie freigelassen haben. In beiden Fällen habe er die Krankheit und Hilfsbedürftigkeit der psychisch kranken Patientinnen schamlos ausgenutzt und ihre Würde missachtet, so die Staatsanwaltschaft.

Zwei Tage später wurde der 80-Jährige festgenommen: Drei Monate saß er in Untersuchungshaft, bis er Anfang Oktober haftverschont wurde. Die war verbunden mit der Auflage, sich von seinem eigenen Pflegeheim fernzuhalten. Das hat er auch befolgt, allerdings soll er jetzt über Dritte versucht haben, die 34-jährige Zeugin zu bedrohen. Einen Tag vor Prozessbeginn wurde er deshalb wegen Verdunklungsgefahr wieder in Haft genommen. Gestern wurde der Mann mit dem Gefangenentransporter vorgefahren.

Der 80-Jährige, dem das Verfahren sichtlich zu schaffen macht, hat die schwerwiegenden Vorwürfe bislang bestritten. Auch im Prozess gestern hat er dazu geschwiegen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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