JVA Rheinbach Seit einem Jahr haben die Gefangenen der ihre eigene Zeitung

RHEINBACH · Die Redaktion der Vierteljahresschrift "Inside" ist spartanisch eingerichtet: Schreibtisch, Stuhl, Regal, PC. Für andere in dem Metier undenkbar: kein Internet-Zugang. Denn der Macher des Blattes, Paul Steffen (Name geändert), ist Gefangener der Justizvollzugsanstalt Rheinbach (JVA).

 Hier wird "Inside" gemacht: Der Redakteur mit Heinz-Jürgen Binnenbruck.

Hier wird "Inside" gemacht: Der Redakteur mit Heinz-Jürgen Binnenbruck.

Foto: Wolfgang Henry

Seit September vergangenen Jahres arbeitet der 50-Jährige täglich von 7 Uhr bis 16 Uhr, um jährlich vier Ausgaben des Gefangenen-Magazins "Inside" zu machen. "Diese vier Ausgaben können sich sehen lassen", lobt Joachim Clarenbach, der als Redaktionsbetreuer mit "technischem Support" unterstützt, etwa durch Fotos, Einscannen oder Internet-Recherche. "Ich bin sozusagen das kontrollierte Tor nach draußen", sagt der Lehrer.

Redakteur Steffen macht das Magazin komplett allein, erklärt Clarenbach, angefangen beim Recherchieren über das Schreiben und die Gestaltung am PC bis zur Umwandlung der jeweiligen Ausgabe in eine PDF-Datei. Gedruckt wird die "Inside" mit einer Auflage von jeweils 600 Exemplaren in der Justizvollzugsanstalt Geldern.

Interesse am Schreiben, an Themenauswahl und am Zeitungswesen überhaupt habe er mitgebracht für diese Arbeit, sagt Steffen, der "draußen" selbstständig war im Bereich Stückgut-Transport. Für seine Arbeit als Redakteur bekommt er 12,70 Euro am Tag, die zweithöchste Vergütungsstufe. Ungefähr die Hälfte der Beiträge in den jeweils rund 80 Seiten starken Ausgaben stammt aus seiner Feder.

Die andere Hälfte kommt von der Insassenvertretung "Gefangenen-Mit-Verantwortung" (GMV) oder anderen Gefangenen, die gerne schreiben möchten. Die Themenauswahl orientiert sich an den Bedürfnissen und Interessen der Gefangenen.

"Wir führen zum Beispiel Gespräche mit der Küche oder mit dem Besuchsbereich und fertigen darüber Gesprächsprotokolle", berichtet der Redakteur. Es werden Personen vorgestellt, die für die Gefangenen "drinnen" wichtig sind, wie etwa der neue Pfarrer Hans-Christian Heine in der dritten Ausgabe 2012.

Im gleichen Heft finden sich Berichte über die Therapievorbereitung in der JVA Rheinbach, ebenso über das Führungszeugnis als "behördliche Bescheinigung über bisher registrierte Straftaten einer Person".

Auch werden für Gefangene interessante Rechtsthemen aufgegriffen und Musterbriefe veröffentlicht, die für Gefangene nützlich sind, wie etwa zur "Ratenzahlung einer Geldstrafe beziehungsweise Umwandlung der Strafe".

Steffen nimmt sich auch schwieriger Themen an wie "Vater sein im Knast ... und wie?" und legt Wert auf Informationen über Anlaufstellen und Hilfen "draußen". Feste Bestandteile sind die sogenannten Standards: Leserbriefe, Humoriges, Rätsel, Informationen über Freizeitangebote, Friseurtermine oder Hilfeangebote in der JVA.

Eine Kontrolle oder gar Zensur der "Inside" finde nicht statt, sagt Anstaltsleiter Heinz-Jürgen Binnenbruck, der als Herausgeber verantwortlich zeichnet und jede Ausgabe "Satz für Satz" liest. "Wenn es etwas zu bemängeln gibt, dann wird das unter dem jeweiligen Beitrag von mir kommentiert", erklärt Binnenbruck.

"Ich sehe das so: diese Zeitung hat eine Ventilfunktion für die Gefangenen, die zu hundert Prozent von uns abhängig sind, vom Essen bis hin zu Telefonaten. Da staut sich manchmal Unmut an. Wenn Sachen nach meiner Einschätzung unrichtig sind, kommt ein Kasten dazu, in dem ich das aus meiner Sicht korrigiere."

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