Lesung im Rheinbacher Gefängnis Schallendes Lachen hallt im Knast

RHEINBACH · Ex-Strafverteidiger Ulrich M. Hambitzer liest vor Gefangenen des Rheinbacher Gefängnisses

 Abwechselnd lesen Ex-Strafverteidiger und Buchautor Ulrich M. Hambitzer (rechts) sowie Lektor Philipp Gierenstein aus dem Erstlingswerk des Rechtsanwalts in der Rheinbacher Anstaltskirche.

Abwechselnd lesen Ex-Strafverteidiger und Buchautor Ulrich M. Hambitzer (rechts) sowie Lektor Philipp Gierenstein aus dem Erstlingswerk des Rechtsanwalts in der Rheinbacher Anstaltskirche.

Foto: Mario Quadt

Nur für die Ohren seines Rechtsanwalts ist die Frage des Mandanten auf der harten Anklagebank bestimmt: "Was ist das für ein Weichei?", fragt der wegen Mordes angeklagte, mehrfach Verurteilte leise. "Das ist der leitende Oberstaatsanwalt Galbitsch-Loser, genannt Gallo", flüstert ihm sein Strafverteidiger in schwarzer Anwaltrobe ins Ohr.

Die Worte von Ulrich M. Hambitzer, Buchautor, Rechtsanwalt und einst als Strafverteidiger tätig, sind kaum verklungen, da brechen die Zuhörer seiner Lesung in schallendes, hallendes Gelächter aus. Hallend, weil der Ort, an dem er sein Buch "Error in Persona" vorstellt, die Anstaltskirche des Rheinbacher Gefängnisses ist. Zuhörer sind 40 Gefangene, die am Abend ihre Zellen für ein ungewöhnliches Kulturprogramm verlassen dürfen.

Die Idee zur Lesung in der JVA stammt von Antje Heel, Verlegerin des Königswinterer Lempertz-Verlages. "Wir veranstalten für jeden unserer Regionalkrimis eine Lesung an außergewöhnlichen Orten, wobei wir sowohl versuchen, die Motive des Krimis aufzugreifen, als auch einen Bezug des Autors zum Ort herauszuarbeiten", berichtet Heel. "So waren wir bei der Vorstellung des Karnevalskrimis im Zeughaus der Stadtsoldaten, bei einem anderen Krimi - mit vielen Leichen - saßen die Zuhörer auf Verbrennungssärgen im Sarglager eines Bestatters."

Gebannt hängen die Häftlinge an den Lippen der Vorleser. Hambitzer schildert, wie der Anwalt während des Mordverfahrens mehr und mehr Ungereimtheiten aufdeckt, denen er höchstselbst nachgeht. Das Salz in der Suppe seines Buches sind die skurrilen Beschreibungen, mit denen der 61-Jährige die Prozessbeteiligten skizziert.

Hambitzer liest schnell - so schnell, dass der Hall der sakralen Halle kaum den Worten nachkommt. Lacher aus den Reihen der Häftlinge gibt es, wenn es um den Vorsatz geht, sich während der Haftzeit das Rauchen abzugewöhnen oder die Richterin "dem Bild einer perfekten Domina entspricht". 23 Jahre sei er nicht mehr in der Rheinbacher JVA gewesen. "Es ist heller und freundlicher - ansonsten hat sich nicht viel verändert", sagt der Jurist, der seine Arbeit als Strafverteidiger an den Nagel hängte. "Ich hatte einen Mordprozess und kann es nachvollziehen", sagt ein Insasse, der gebannt zugehört hat. Überhaupt ist nicht jedem im Auditorium nach Lachen zumute. Mancher scheint in der Kirchenbank mit seinen Gedanken allein zu sein.

"Strafprozesse sind wie ein Schachspiel. Alles ist Psychologie - wie kann ich das Geschehen umdrehen. Ich fand das unheimlich frustrierend", findet Hambitzer. "Aber mehr Geld verdient haben Sie schon", meint ein Häftling. "Nä", sagt er und lacht.

"Error in Persona" ist bei Lempertz erschienen und kostet 9,99 Euro.

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