Prozess in Sankt Augustin Widerspruch gegen Polizeiprotokoll

SIEGBURG · Der dritte Verhandlungstag im Prozess um den tödlichen Unfall auf der B56 in Sankt Augustin bringt kaum Klarheit.

 Der angeklagte 42-Jährige (r.), hier mit seinem Anwalt Carsten Rubarth, hat bisher keine Aussage vor Gericht gemacht.

Der angeklagte 42-Jährige (r.), hier mit seinem Anwalt Carsten Rubarth, hat bisher keine Aussage vor Gericht gemacht.

Foto: Holger Arndt

Auch der dritte Tag des Prozesses gegen den 42-jährigen Sankt Augustiner, der im Dezember 2013 einen Mann überfahren haben soll, hat gestern keine Klarheit gebracht. Noch immer konnte Richter Ulrich Wilbrandt keine Erkenntnisse darüber gewinnen, ob ein oder zwei Personen in dem Unfallfahrzeug saßen, das am 18. Dezember 2013 den 73-Jährigen erfasste, der an der Bonner Straße/Ecke Sandstraße gerade bei grüner Fußgängerampel die Straße überquerte.

Auch ob der Fahrer eine Frau oder ein Mann war und wie sie oder er ausgesehen haben könnte, ist nach Beweislage noch immer unklar. Ein Zeuge hatte den blauen VW Polo verfolgt, das Unfallauto wenig später im Holzweg aufgefunden und die Polizei verständigt. Auch er konnte jedoch keine verwertbaren Aussagen darüber machen, wie der Fahrer ausgesehen haben könnte. Lediglich schwach erinnerte er sich daran, er oder sie könnte längere Haare, vielleicht einen Zopf, getragen haben.

Erschwerend für die Ermittler bleibt, dass der Halter des Fahrzeuges zu Protokoll gab, dass zu dem Auto mehrere Schlüssel in Umlauf seien. Wer aber zum Unfallzeitpunkt gefahren sei, könne er nicht sagen. Infrage kommen zumindest der nun Angeklagte und dessen Bruder.

Mit einer Schwester der beiden lebt der Autohalter zusammen, weshalb er unter Berufung auf Verschwägerung gestern von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen wollte. Richter Wilbrandt verweigerte dies jedoch, weil keine Ehe und somit auch keine tatsächliche Verschwägerung gegeben sei. Darauf machte der Autohalter von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und wurde wieder entlassen. Ebenso die beiden Brüder des Angeklagten, der ebenfalls keine Aussage macht.

Ein weiterer Zeuge sagte aus, dass er sich mit dem Halter des Polos zur Tatzeit in einer Moschee aufgehalten habe. Ob der Mann während dieser Zeit von jemandem angerufen wurde, daran konnte sich der 23-Jährige nicht erinnern.

Es bleibt weiterhin die Frage, was die ermittelnden Polizeibeamten herausgefunden haben. Bereits am zweiten Verhandlungstag konnten sich die befragten Beamten vor Gericht an wenig erinnern. Meist verwiesen sie darauf: "Wenn das so im Protokoll steht, dann war das so."

Auch gestern waren die Antworten der Polizisten auf die Frage, was sie dazu bewog, den heute Angeklagten als Beschuldigten zu vernehmen, dürftig. Ein Beamter verwies auf Glasspuren an der Kleidung des Angeklagten und berief sich dabei auf Untersuchungen des Landeskriminalamtes.

Außerdem seien die Einlassungen des heute Angeklagten nicht plausibel gewesen. Andere Angaben, etwa die des Autohalters, seien indes nicht weiter geprüft worden. Auch die Untersuchung von Handy-Verbindungsdaten durch die Kripo förderte nichts Brauchbares zutage. Sie wurden offensichtlich auch nicht mit anderen Ermittlungsergebnissen abgeglichen. "Alle Ermittlungsergebnisse sind nicht miteinander verknüpft worden", stellte Wilbrandt fest.

Im Januar 2014 hatte die Polizei den heute Angeklagten "zur Gefahrenabwehr" mit insgesamt zehn Beamten zwei Tage lang observieren lassen. Ob Ermittlungsdruck vorgelegen hätte, wollte Wilbrandt wissen, erhielt aber keine befriedigende Antwort. Strafverteidiger Carsten Rubarth legte Widerspruch gegen die Protokolle der Polizei ein und beantragte, diese nicht zu verwerten. Damit löste er indes den Widerspruch von Staatsanwältin Claudia Trauzettel aus.

Am Donnerstag, 2. April, wird ab 9 Uhr im Amtsgericht Siegburg weiterverhandelt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort