Kindergarten in Sankt Augustin Wenn Autos und Puppen Urlaub haben

SANKT AUGUSTIN · Sechs Wochen lang beschäftigen sich die Kinder der Kita Schatzinsel am Kreuzeck in Niederpleis ohne vorgefertigte Spielsachen und lassen ihrer Fantasie freien Lauf.

 Ohne Spielzeug geht's auch: Thore, Felix und Sarah (v.l.) schnitzen an einem alten Baumstamm.

Ohne Spielzeug geht's auch: Thore, Felix und Sarah (v.l.) schnitzen an einem alten Baumstamm.

Foto: Franziska Bähr

Aus sieben Holzstühlen wird eine Eisenbahn, aus einem Tisch und Holzresten wird ein Verkaufsstand für Grillmaterial und aus einem Erdhügel wird der ideale Platz für Goldsucher. In der Kita Schatzinsel herrscht sechs Wochen lang spielzeugfreie Zeit. Das soll unter anderem die Kreativität, das Sozialverhalten und die Wahrnehmung der Kinder stärker fördern.

Warum plötzlich Puppen, Autos, Bastelmaterialien und Bücher aus den Gruppenräumen verschwunden sind, ist den Schatzinsel-Kindern klar: Auch Spielsachen brauchen mal Urlaub. Und ganz so überraschend kam das Verschwinden der vielen schönen Sachen dann doch nicht. Die Kleinen wurden nämlich bereits einige Wochen vorher auf die spielzeugfreie Zeit vorbereitet. Im täglichen Stuhlkreis schmiedeten sie Pläne mit den Erzieherinnen, was man auch ohne Spielsachen anstellen könnte. Außerdem wurde jeden Tag ein Spielzeug in den Urlaub verabschiedet.

„Wir haben schon vier Mal die spielzeugfreie Zeit veranstaltet und bisher nur gute Erfahrungen damit gemacht. Auch wenn sich einige Kinder am Anfang langweilen, entwickeln sie doch schnell neue Ideen und spielen dann häufig auch ausdauernder und intensiver als vorher mit Spielzeug. Der Sommer ist für diese Zeit ideal, weil die Kinder draußen oft neue Spielmaterialien finden“, sagt Eva Fischer, Vorstandsmitglied der Schatzinsel-Elterninitiative. Nun müssen sich die Kinder mehr mit sich und ihrer Umwelt auseinandersetzen. Das fördert unter anderem die Eigenmotivation, die Sprachentwicklung und auch die Frustrationstoleranz, wissen die Erzieherinnen.

Sie beobachten und protokollieren das Verhalten der Kinder in dieser Zeit ganz besonders aufmerksam. Sollten die Mädchen und Jungen in und nach den sechs Wochen tatsächlich kreativer, ausgeglichener und kommunikativer sein, wollen die Erzieherinnen zusammen mit den Eltern überlegen, die Spielsachen in den Gruppenräumen generell zu reduzieren.

Doch nicht alle Kinder sind begeistert. „Ich finde es ohne das Spielzeug irgendwie doof. Am meisten fehlen mir meine Autos. Jetzt muss ich mit dem Spielen immer warten, bis ich nach Hause komme“, sagt der vierjährige Felix. Unter der Aufsicht einer Erzieherin übt er sich im Schnitzen an einem alten Baumstamm. Zusammen mit ihrer Freundin Talina geht Jolien auf einem kleinen Erdhügel auf Goldsuche: „Ich finde die Zeit ohne Spielzeug gut. Ich spiele eh sehr gerne draußen. Aber bei unserer Goldsuche wäre der Spielzeugbagger jetzt schon praktisch.“

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