Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Studenten bauen Elektro-Rennwagen in Eigenregie

SANKT AUGUSTIN · 330 Volt Spannung liegen am neuen Elektro-Rennwagen der Bonn-Rhein-Sieg Motorsport Gruppe an. Gespannt waren bei der Präsentation des Autos vor allem die Erbauer - 63 Studenten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg - und die Besucher.

 Stolz präsentieren Studenten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ihren glänzenden Elektro-Rennwagen "Rosanna".

Stolz präsentieren Studenten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ihren glänzenden Elektro-Rennwagen "Rosanna".

Foto: Elisa Miebach

Doch das Lampenfieber steigt noch, bis der Wagen beim Autorennen der "Formula Student" am 2. und 3. August auf dem Hockenheimring fährt.

"Die 'Formula Student' ist ein weltweiter Wettbewerb mit rund 500 Teams, vielen Rennen und strengen Auflagen", erklärt Teamchef Matthias Metzen (24): "Das meist angesehene Rennen ist das in Hockenheim im August."

Das Rennauto fährt bis zu 110 km/h, viel mehr sei auf den sehr kurvigen Parcours auch nicht möglich. Bei dem Wettbewerb geht es jedoch nicht hauptsächlich um die Geschwindigkeit. Es muss eine Art Firma entwickelt werden - mit Businessplan, Kostenkalkulation und Sponsorenakquise. Neben dem Design und den technischen Details des Autos wird auch die Energieeffizienz bewertet.

"In unserer Gruppe sind Studenten aus allen Fachschaften unserer Hochschule, also neben Maschinenbau und Elektrotechnik auch BWL und Technikjournalismus. So werden wir durch das Projekt interdisziplinär ausgebildet", erklärt Benedikt Wiencke (26), der Elektrotechnik studiert, im BRS-Motorsport als Subteamleiter für Sponsoren zuständig ist und als Rennfahrer selbst ins Auto steigt. Gerade wegen des praxisbezogenen und interdisziplinären Lernens seien auch viele Unternehmen am Projekt interessiert.

Einer der Hauptsponsoren, Christoph Averdung vom Siegburger Softwareunternehmen CPA, ist begeistert von der Innovation des Projekts und hat den Studenten jetzt einen großen Transporter für das Bewegen aller Teile zwischen Hochschule, anderen Bauorten, Teststrecken und Rennplätzen zur Verfügung gestellt.

"Der Kontakt zu den Studierenden und das Unterstützen beim Projekt macht großen Spaß, und falls ein Student gut in unser Berufsprofil passt, sind wir auch bereit, ihn nach dem Abschluss einzustellen." Neben vielen weiteren Sponsoren war auch der Verband deutscher Ingenieure vertreten, der bei der Veranstaltung das Essen und Trinken sponsorte und für die Studenten viele weitere Kontakte ins Berufsleben bietet.

Das Geld der Sponsoren wird auch dringend benötigt, denn eine Vorgabe der "Formula Student" ist, dass die Studententeams jedes Jahr mit einem neuen Wagen antreten müssen. Alle vorherigen Wagen der BRS-Motorsport Gruppe, die seit 2007 besteht, besaßen einen Verbrennermotor.

"Aufgrund der Komplexität und der neuen Herausforderungen bei der Elektronik haben wir an diesem ersten Elektroauto zwei Jahre gebaut", berichtet Elektrotechnikstudent David Schmitz, dessen Bachelorarbeit auch zum Teil im Auto steckt. Seit 2012 wurde geplant, entwickelt, kalkuliert, geschraubt, geschweißt und verkabelt, bevor "Rosanna", so der Name des Rennautos, stolz präsentiert werden konnte.

Dirk Reith ist der betreuende Professor und die Schnittstelle zwischen Uni und Projektgruppe. Er betont: "Einige Studenten haben durch dieses Projekt so viel neues Wissen erlangt, dass wir sie in die Lehre mit einbinden können. Sie hielten etwa Gastvorträge in Vorlesungen zur Konstruktionstechnik. Doch bei dem Projekt, das alle Teilnehmer in ihrer Freizeit durchführen, geht es nicht nur um harte Fakten. "Auch auf Teambuilding und die Entwicklung sogenannter Soft Skills legen wir großen Wert", erklärt Teamkapitän Matthias Metzen. So trafen sie sich die Autobauer in der Weihnachtszeit zum Plätzchenbacken und fuhren kürzlich für ein Wochenende zusammen in die Eifel.

In den nächsten Wochen stehen dann noch das "Feintuning" und die Testfahrten auf dem Programm. Diese können nun mit dem neuen leiseren Elektroauto auf dem Flugplatz in Hangelar stattfinden. "Mit dem lauten Verbrennermotor hätten wir die Anwohner viel zu sehr gestört", erklärt Fahrer Wiencke. Das leisere Fahrzeug ist jedoch schwieriger zu fahren. "Das Verbrennerfahrzeug konnten wir durch die Motorengeräusche genau einschätzen", erzählt Wiencke. Beim Elektroauto ist durch die Hochspannung auch das Sicherheitsrisiko höher.

Gebannt warten nun alle auf das Rennen in Hockenheim. "Das Wichtigste ist, heil ins Ziel zu kommen, denn bei den Elektroautos fallen mehr als die Hälfte aufgrund von technischen Problemen aus. Letztendlich sind es ja nur von Studenten erbaute Prototypen und der Fehlerteufel steckt im Detail", berichtet Metzen. Doch sein Team hat sehr in die Sicherheit und Zuverlässigkeit investiert. Wenn alles glattgehe, steht nach Hockenheim die Formula ATA in Italien auf dem Programm.

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