Sankt Augustins Bürgermeister reagiert auf Kritik Schumacher verteidigt Zahlungsanweisung

Sankt Augustin · Flüchtlingsheim „Am Schützenweg“: Laut Stadt musste Bürgermeister Klaus Schumacher das Geld überweisen lassen. Politik zeigt sich empört über Vorgehensweise des Verwaltungschefs.

 Stillstand: Der Bau der Flüchtlingsunterkunft „Am Schützenweg“ ruht auf unbestimmte Zeit.

Stillstand: Der Bau der Flüchtlingsunterkunft „Am Schützenweg“ ruht auf unbestimmte Zeit.

Foto: Holger Arndt

Bürgermeister Klaus Schumacher verteidigt die Zahlungsanweisung von 464 100 Euro an die ausführende Baufirma der Flüchtlingsunterkunft „Am Schützenweg“ in Niederpleis. Er hatte sie, wie aus dem nicht-öffentlichen Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) hervorgeht, am 5. und 6. April ohne Mitzeichnung veranlasst – obwohl das RPA seine Bedenken hatte. Auf eine GA-Anfrage äußerte sich die Stadt gestern schriftlich. Grundlage sei der vertraglich vereinbarte Zahlungsplan gewesen. „Eine Kürzung oder komplette Einbehaltung der vereinbarten Abschlagszahlung hätte nur erfolgen dürfen, wenn zu diesem Zeitpunkt Mängel nachgewiesen und beziffert gewesen wären.“ Dies sei nicht der Fall gewesen. Schumacher, so die Mitteilung, konnte nach geltendem Vertragsrecht nicht anders handeln.

Ortsbesichtigung am 5. April

Die Frage ist nun: Wusste Schumacher am 5. und 6. April, dass es erhebliche Baumängel gab, die die Zahlungsanweisung hätten verhindern müssen? Auf Nachfrage sagte Stadtsprecherin Eva Stocksiefen: „Die Besichtigung hat später stattgefunden. Zum Zeitpunkt der Zahlung war nichts von Mängeln bekannt, aufgrund derer man keine Rechnungen bezahlen durfte.“ Nach GA-Informationen haben aber sowohl das Gebäudemanagement als auch das RPA schon Anfang April die verantwortliche Stabstelle Flüchtlinge unter der Leitung von Peter Tielke darauf hingewiesen, einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen – zum wiederholten Mal. Das könnte bedeuten, dass mögliche Mängel schon länger bekannt gewesen waren – auch dem Bürgermeister?

Tatsächlich, zumindest steht es so im RPA-Bericht, hat der Fachbereich neun, also das Gebäudemanagement, am 5. April eine Ortsbesichtigung durchgeführt, dabei seien massive konstruktive und handwerkliche Mängel aufgefallen. Daraufhin wurde ein externer Gutachter beauftragt, der sich den Bau am 18. April anschaute, die Mängel feststellte und den Bericht an den Fachbereich Wohnen von Tielke leitete. Aktuell ruht der Bau wegen Mängeln beim Brandschutz und der Statik.

Ursprünglich sollten dort bis Jahresende in einer Notunterkunft des Landes 350 Flüchtlinge untergebracht werden. Zu einem möglichen Abriss teilte die Stadt mit: „Dafür gibt es derzeit keine Hinweise.“ Wie berichtet, wirft das RPA in seinem Bericht der zuständigen Stabstelle viele gravierende Versäumnisse vor – unter anderem, dass die zentrale Vergabestelle sowie das RPA nicht ausreichend informiert werden bei Auftragsvergaben. Günter Stremmel, Siegburger Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, sagte gestern dem GA: „Nach den mir vorliegenden Informationen gehe ich davon aus, dass es sich um Auftragsvergaben handelt, die nicht europaweit ausgeschrieben werden mussten. Nach meiner derzeitigen Einschätzung halte ich die Vergaben nicht für rechtswidrig.“

Die Politik hatte schon im Herbst vor der Auftragsvergabe Nachfragen zum Bauunternehmer gestellt. Das geht aus dem Protokoll der nicht-öffentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vom 11. November hervor, das dem GA vorliegt. Damals sagte Tielke auf Nachfrage, dass mehrere Gespräche mit der Baufirma geführt wurden und man zu der Überzeugung gekommen sei, dass sie dieses Bauvorhaben realisieren könne. Zudem wiesen die Ausschussmitglieder darauf hin, dass die technischen Standards geprüft werden müssten und eine Bauaufsicht kontrollieren sollte.

Große Teile der Ratsfraktionen reagierten gestern empört auf die nun bekanntgewordenen Probleme. So schrieb FDP-Fraktionschefin Stefanie Jung in einer Mail an Schumacher: „Nach der Berichterstattung heute im GA und den Erkenntnissen aus der Vorlage zum RPA-Ausschuss ist eine solche Verniedlichung der Sachlage eine weitere Verschleierung der Situation, mit der die Verwaltung endlich aufhören sollte.“

SPD befürchtet Millionenkosten

Und Grünen-Fraktionsvorsitzender Martin Metz sagte: „Mangelhafte Kontrolle und Bezahlung des Bauunternehmens auf Verdacht gehen gar nicht.“ Er wies erneut darauf hin, dass ohne den Bauskandal vermutlich die gesperrten Turnhallen wieder frei wären. Marc Knülle, Fraktionschef der SPD, sagte: „Wir sehen erhebliche Millionenkosten auf die Stadt zukommen, wir müssen nun weiteren Schaden abwenden.“ Georg Schell, CDU-Fraktionschef und Parteikollege Schumachers, sagte: „Verwaltung und Bürgermeister sind in der Pflicht, aber der kommt er auch nach, er hat ja seinen Urlaub deshalb abgebrochen.“

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