Berufsalltag in der EU Schüler in Sankt Augustin erleben Alltag der Politik

Sankt Augustin · Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums in Sankt Augustin schlüpfen in die Rolle von realen Politikern und versuchen ihre politischen Positionen im Verhandlungsverlauf des Ordentlichen Gesetzgebungsprozesses der Europäischen Union bestmöglich zu vertreten.

 Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums in Sankt Augustin schlüpfen in die Rolle von realen Politikern.

Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums in Sankt Augustin schlüpfen in die Rolle von realen Politikern.

Foto: MEIKE BÖSCHEMEYER

Der Kommissionspräsident Jan Roßbach verliest im großen Plenum die Richtlinien der EU-Kommission zur Asylpolitik. Demnach soll es einen Fonds zur Verwirklichung der Versorgungsrichtlinien geben. „Ein Land, das weniger Geld hat, könnte so dennoch Flüchtlinge aufnehmen und diese auch gut behandeln“, erläutert der Präsident den Hintergrund der Richtlinie. Zudem soll unter dem Stichwort Relocation ein Programm aufgelegt werden, nach dem die Flüchtlinge logischer verteilt werden. „In der Praxis bedeutet das, dass reiche Länder mehr Flüchtlinge aufnehmen und somit ärmere Länder entlasten.“ Die dritte Richtlinie beschäftigt sich mit der Grenzstabilisierung durch die europäische Sicherheitsagentur Frontext und die Behandlung legaler und illegaler Flüchtlinge.

Allerdings tagt die EU-Kommission diesmal nicht in Brüssel, sondern im Klassenraum 335 des Albert-Einstein-Gymnasiums, und der EU-Präsident ist Schüler der Jahrgangsstufe Q2, die kurz vor den Abiturprüfungen steht. Es ist ein sogenannter „Ergänzungskurs Sozialwissenschaften“ (Sowi), der sich zu dem Planspiel versammelt hat, das von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn durchgeführt wird.

Geleitet wird das Planspiel von Sabine Fütterer und Laura Kaiser, die für das Forum Jugend und Politik der Stiftung die Schüler EU-Luft schnuppern lassen. „Heute mal Ministerin“, steht gleich hinter dem designierten EU-Präsidenten, der bei seinem Vortrag auf die Wimpel aller EU-Staaten schaut, die an der gegenüberliegenden Wand des Klassenraumes angebracht sind. Zaungast ist Friedrich Ebert, Namensgeber der Stiftung, als Pappfigur, den zuvor auch nicht alle Schüler wirklich kannten.

Nach dem Vortrag ziehen sich die Abgeordneten zur Beratung zurück. Der Ministerrat tagt ebenso wie das EU-Parlament. Die drei Richtlinien zur Flüchtlingspolitik werden nochmals von allen Seiten unter die Lupe genommen. Meinungen prallen aufeinander, Änderungsanträge werden formuliert. Danach wird abgestimmt, welche Anträge zum Abschluss im großen Plenum nochmals zur Abstimmung stehen. Trotz vereinfachter Abläufe erahnen die Schüler, wie schwierig politische Entscheidungsfindung sein kann.

Auch Schulleiter Michael Arndt schaut sich das Planspiel kurz an und freut sich, dass das Engagement der Fachschaft Sowi Früchte trägt. „Diese Baustein passt perfekt zu unserem Schulprogramm und -profil“, stellt Arndt fest. Besonders reizvoll findet er, dass eine aktuelle Thematik behandelt wird. Europa stehe schon lange im Fokus der Schule. Arndt verweist auf die Exkursionen des Sowi-Lei-stungskurses zur EU nach Brüssel.

Sabine Fütterer ist begeistert, mit welchem Engagement die 28 Schüler in ihre manchmal auch schwierigen und ungeliebten Rollen schlüpfen. „Mein Eindruck von dieser Gruppe ist supergut“, freut sie sich. Am EU-Planspiel sind neben den Unternehmensvertretern auch Vertreter von Pro Asyl, Flüchtlinge oder der Gegenpart, das „Weiße Europa“, das sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen ausspricht, beteiligt.

Ziele der Projekte, die die Stiftung schon viele Jahre durchführt, sind, dass die Schüler ein aktuelles Thema erfahren, politische Systeme – wie in diesem Fall die EU –, kennenlernen und persönliche Fähigkeiten entdecken und weiterentwickeln.

Für Lavinia Fahnster, Arezo Kamal und Joanna Hammann steht eines fest: Das Planspiel ist eine gute Möglichkeit, Einblicke in Prozesse der EU zu bekommen. „Es macht auf jeden Fall mehr Spaß, als im Unterricht zu sitzen“, sind die Drei sich einig.

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