Interview mit Purple Schulz Purple Schulz gibt Konzert in Sankt Augustin

Sankt Augustin · "Ich will raus!" schrie Purple Schulz in seinem Neue Deutsche Welle-Hit "Sehnsucht" - Kinder der 80er Jahre haben es noch im Ohr. Vor seinem Konzert am Samstag in Sankt Augustin sprach der gebürtige Kölner mit Susanne Haase-Mühlbauer.

 Macht auf „Sing des Lebens“-Tour in Sankt Augustin Halt: Purple Schulz.

Macht auf „Sing des Lebens“-Tour in Sankt Augustin Halt: Purple Schulz.

Foto: Bettina Koch

Viele verbinden mit Purple Schulz sofort den Titel „Verliebte Jungs“ von 1985. Mögen Sie diesen frühen Song selber noch hören oder gehören die „Verliebten Jungs“ der Vergangenheit an?

Purple Schulz: Nein, der Song gehört genauso wie „Sehnsucht“ natürlich noch immer dazu. Aber gerade „Sehnsucht“ ist für mich keine Altlast, sondern fast noch mehr als damals ein Highlight, weil es in der DDR für die Sehnsucht der Deutschen auf der anderen Seite der Mauer stand. Es war übrigens Herbert Grönemeyer, der sich bei unserer damaligen Plattenfirma dafür einsetzte, dass „Sehnsucht“ überhaupt als Single erschien.

Der Legende nach wurden sie 'Purple' genannt, weil sie schon als Jugendlicher den Verkäufern in einem Orgelgeschäft mit einem Deep-Purple-Song auf die Nerven gingen.

Purple Schulz: Ja, und dabei ist es fast ein Witz, dass ich bis vor kurzem keine einzige LP oder CD von Deep Purple besaß. Für meine Radiosendung im WDR habe ich mir erst kürzlich den wunderschönen Titel „Sometimes I feel like Crying“ besorgt.

Die Neue Deutsche Welle war mit dem Bandprojekt „Neue Heimat“ und Songs wie „Verliebte Jungs“ ihr persönlicher Einstieg ins Showbusiness. Wurde deutschsprachige Musik in den 70ern und 80ern als Revolution empfunden?

Purple Schulz: Das war das einzig Positive an der Neuen Deutschen Welle (lacht). Man wurde nicht mehr gefragt, warum man auf Deutsch singt. Dabei empfand ich es schon immer als Selbstverständlichkeit, in der eigenen Sprache zu singen. Nach einem Rückgang in den 90ern bekennen sich heute zum Glück fast alle deutschen Künstler zu ihrer Sprache.

Mit Auftritten auf Festivals, etwa gegen die Atomaufbereitungsanlage Wackersdorf, und eigenen Songs waren Sie immer nah dran an den großen politischen und menschlichen Themen.

Purple Schulz: Mir und meiner Frau, mit der ich ja die Texte schreibe, ging es immer darum, Prozesse in Gang zu bringen, Mut zu haben, auch unbequeme Themen zu formulieren und aufzuschreiben. Ich möchte mit einem guten Gewissen in den Spiegel schauen und nicht eines Tages von meinen Kindern gefragt werden: „Warum habt ihr eigentlich nichts getan?“ So wie wir diese Frage an unsere Eltern oft unbeantwortet im Raum stehen lassen mussten.

Nach der Demenzerkrankung Ihres Vaters setzen Sie sich unter anderem für mehr Verständnis bei diesem Thema ein, treten in psychiatrischen Einrichtungen auf und sind Mitglied im Kuratorium der Alzheimer Stiftung. Kennen Sie selber diese Angst, orientierungslos, vergesslich und hilflos zu sein?

Purple Schulz: Ein Schussel war ich schon immer (lacht). Aber das ist nichts, was mich sonderlich besorgt, auch wenn man einen Demenzfall in der eigenen Familie erlebt hat. Ich glaube, dass Demenz mit dem steigenden Alter der Menschen ein gesellschaftliches Thema ist, das uns alle betrifft, und dass wir alle damit sensibel und verständnisvoll umgehen sollten. Das Video zum Lied „Fragezeichen“, in dem ich einen Demenzkranken spiele, wird inzwischen auch bei der Ausbildung junger Leute in Pflegeberufen eingesetzt.

In Ihrem aktuellen Album „Der Sing des Lebens“ thematisieren Sie im Song „Das ist die Zeit!“ den Anschlag vom 19. Dezember 2016 auf dem Berliner Breitscheidtplatz. Ist der Kampf gegen den Hass nur mit Herz und Verstand zu gewinnen, also mit christlicher Demut?

Purple Schulz: Ob das allein christlich ist, weiß ich nicht. Ich würde es Humanismus nennen, ja, auch Nächstenliebe. Wir müssen miteinander reden. Nicht schreien. Mir ist es wichtig, wenn Menschen den Dialog suchen und nicht Mauern bauen. Wir haben schließlich nur diese eine Welt.

Visionen und Träume sind Ihnen wichtig. In Ihrem Lied „Ich hab' Feuer gemacht“ rufen Sie auf zum Spinnen und zum Verrücktsein. Wann haben Sie denn angefangen zu spinnen?

Purple Schulz: Schon immer. Ich war der Klassenclown. Mit Humor ist das Leben viel leichter. Das haben meine Frau und ich auch immer unseren drei Kindern gesagt. Jeder hat seinen Weg genommen, seine Träume gelebt. Inzwischen haben wir vier Enkel. Das ist ein großes Glück.

Wovon träumen Sie noch?

Purple Schulz: Mit dem nächsten Album, das ab März 2019 auf den Markt kommt, verwirkliche ich mir einen großen Traum. Das ist in musikalischer Sicht etwas, das ich in dieser Form noch nie gemacht habe. Mehr kann ich dazu im Moment noch nicht verraten.

In Sankt Augustin stehen sie mit alten und neuen Liedern auf der Bühne. Wie groß ist Ihre Band?

Purple Schulz: Wir sind zu zweit. Ich stehe mit Markus Wienstroer, einem sensationellen Musiker an Gitarre, Violine und Banjo, auf der Bühne. Es ist uns wichtig, auch erzählen zu können, leise Töne anzuschlagen. Das geht in dieser Formation am allerbesten. Unser Konzertabend soll unserem Publikum gute Unterhaltung bescheren, Mut machen und auch ernste Themen mit Humor angehen.

Das Konzert findet am Samstag, 25. August, auf der Open Air Bühne im Klostergarten der Steyler Missionare, Arnold-Janssen-Straße 30, statt. Es beginnt um 20 Uhr. Purple Schulz präsentiert bei seiner „Der Sing des Lebens“-Tour alte und neue Songs. Karten sind zum Preis von 19,40 Euro (ermäßigt 13,90 Euro) erhältlich an den bekannten Vorverkaufsstellen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort