Flüchtlinge in Sankt Augustin Nun leben sie doch in einer Turnhalle

SANKT AUGUSTIN · Es wird eng in Sankt Augustin. Die Lage spitzt sich zu. Wie in andere Kommunen auch, kommen immer mehr Flüchtlinge in die Stadt. Nur mit den Unterbringungsmöglichkeiten kann die Stadt nicht nachkommen. "Wir haben die Sporthalle in Mülldorf als absolute Notlösung gesehen. Jetzt mussten wir sie mit den Flüchtlingen belegen", sagte Stadtsprecherin Eva Stocksiefen.

 Nur eine Notlösung: Die Stadt Sankt Augustin musste Flüchtlinge in einer Turnhalle unterbringen.

Nur eine Notlösung: Die Stadt Sankt Augustin musste Flüchtlinge in einer Turnhalle unterbringen.

Foto: Stadt Sankt Augustin

Viel lieber sähen es die städtischen Verantwortlichen, die Menschen könnten in Wohnungen oder zumindest in Wohncontainern unterkommen. Wohnungen gibt es aber derzeit nicht auf dem Markt, und die vorhandenen Container sind alle belegt.

Zwar plant die Stadt ein neues Containerdorf auf dem alten Sportplatz der Steyler Missionare. Aber bis die bezugsfertig sind, dauert es. "Bis ein Container genutzt werden kann, vergeht ein dreiviertel Jahr", sagt Stocksiefen. Die Leistung müsse erst ausgeschrieben werden, was Zeit in Anspruch nehme. "Und ist der Container aufgestellt, müssen noch die Versorgungsleitungen gelegt werden." So viel Zeit habe man im Moment aber nicht.

In diesem Jahr wurden Sankt Augustin bereits 144 Menschen zugewiesen, davon im Juni alleine 29. Die Entwicklung der Zuweisungszahlen der letzten drei Jahre geht konstant nach oben. Wurden 2013 noch 68 ausländische Flüchtlinge zugewiesen, waren es 2014 bereits 162.

Dieses Jahr kamen bis Ende Juni 138 ausländische Flüchtlinge über Zuweisungen nach Sankt Augustin - Tendenz steigend. Neben den für die erste Juliwoche angekündigten sechs Zuweisungen von ausländischen Flüchtlingen müssen noch elf Aussiedler und sechs Familienangehörige eines Asylbewerbers, die nachgereist sind, ebenfalls in städtischen Unterkünften eine Bleibe finden. Auf einen Schlag sind so 23 Plätze belegt.

Neben den ständigen Übergangswohnheimen wurden in Hangelar drei Container-Einheiten für 81 Menschen errichtet. Die Steyler-Missionare haben das Yrsa-von-Leistner-Haus zur Verfügung gestellt. Im ersten Quartal 2016 können auf dem alten Sportplatz der Steyler weitere 81 Plätze in Containern bereitgestellt werden. Außerdem konnten aufgrund mehrmaliger öffentlicher Aufrufe vereinzelt Wohnungen für Familien angemietet werden.

Jürgen Parpart, Leiter des Fachbereichs Soziales und Wohnen, der mit seinen Mitarbeitern für die Unterbringung zuständig ist, sorgt sich dennoch: "Die restlichen Kapazitäten sind so gut wie ausgeschöpft." Eine Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern von Verwaltung und Politik zusammensetzt, ist bereits auf der Suche nach möglichen Standorten für weitere Container-Unterkünfte.

Viele Beteiligte ziehen seit geraumer Zeit schon an einem Strang. So hat Pater Martin Üffing, Rektor des Steyler Missionspriesterseminars, nach einem Hilferuf von Bürgermeister Klaus Schumacher und kurzer hausinterner Rücksprache ein Einfamilienhaus in Sankt Augustin-Ort für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. Das Deutsche Rote Kreuz hat ebenfalls spontan Räumlichkeiten in Menden bereitgestellt.

Beide Objekte können kurzfristig belegt werden. "Das schafft Luft für ein oder zwei Wochen, ist aber der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein", sagt der Bürgermeister. Er bittet deshalb alle Bürger darum, verfügbaren Wohnraum oder Objekte, die einfach und schnell in Übergangswohnheime umgebaut werden können, an die Stadtverwaltung zu melden.

"Wenn Sie kreative Ideen haben, wie schnell und einfach weiterer Wohnraum bereitgestellt werden könnte, sind wir dankbar für jede Nachricht", so Schumacher. "Ich weiß, dass wir es gemeinsam schaffen können, den ankommenden Flüchtlingen eine angemessene Unterkunft, aber auch ein herzliches Willkommen zu bereiten. Das große freiwillige und ehrenamtliche Engagement in der letzten Zeit hat das nachdrücklich gezeigt."

Objektangebote oder Anregungen nimmt Peter Tielke entgegen unter Tel. 0 22 41/243 333, E-Mail: peter.tielke@sankt-augustin.de

Wohnraum-Förderprogramm

Das Landesbauministerium hat kurzfristig ein Förderprogramm aufgelegt. Damit sollen kommunale Wohnungsunternehmen und die Wohnungswirtschaft aber auch Privatpersonen unterstützt werden, wenn sie Wohnraum für Flüchtlinge schaffen. Gefördert werden nachhaltig nutzbare Wohnungen, die anschließend als normale Sozialwohnungen weitergenutzt werden können.

Hierbei ist sowohl der Neubau als auch der Umbau von Bestandsgebäuden förderfähig, etwa wenn Bürogebäude zu Wohnraum umfunktioniert werden sollen. Mit zinsgünstigen Darlehen soll ein Anreiz gegeben werden, Wohnraum für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen zu schaffen. Attraktive Förderkonditionen und Tilgungsnachlässe sollen Investoren dazu motivieren, ihren Erfahrungsschatz zusammen mit den Kommunen für diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe einzusetzen.

Zum Förderangebot gehören auch Miet- und Möblierungszuschläge zur Abdeckung von Mehraufwand, der aus einer möglicherweise erhöhten Fluktuationsrate resultiert. "Mit dem Programm kann ein Beitrag geleistet werden, Flüchtlinge und Asylanten mit adäquatem Wohnraum zu versorgen", teilte die Kreisverwaltung mit.

Nähere Infos zu den Förderbedingungen erhalten Interessierte bei der Wohnungsbauförderung des Rhein-Sieg-Kreises,Tel. 0 22 41/13 32 19 oder 0 22 41/13 23 55, E-Mail: iris.prinz-klein@rhein-sieg-kreis.de. Infos gibt es auch unter www.rhein-sieg-kreis.de/ wohnraumfuerfluechtlinge

Das Land NRW rechnet dieses Jahr mit doppelt so vielen Flüchtlingen wie 2014

Das Land Nordrhein-Westfalen rechnet damit, dass in diesem Jahr rund 100 000 Flüchtlinge untergebracht werden müssen, doppelt so viele, wie im Jahr 2014. Dafür hat der Bund die Soforthilfe auf eine Milliarde Euro für dieses Jahr verdoppelt. Nordrhein-Westfalen bekommt aus diesem Topf rund 108 Millionen Euro. Diese Mittel müssen zu 100 Prozent an die Städte und Gemeinden weitergegeben werden.

Für den Rhein-Sieg-Kreis bedeutet das eine Entlastung um rund 3,6 Millionen Euro. Die Siegburger CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier Becker fordert in diesem Zusammenhang die Landesregierung auf, dafür zu sorgen, dass gemeinsam mit den Bundesmitteln eine "hundertprozentige Bezahlung aller kommunalen Aufwendungen für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge erfolgt".

Die Kommunen zahlen immer noch drauf und bleiben auf einem großen Teil der Kosten sitzen. Sankt Augustin etwa muss in diesem Jahr rund 2,8 Millionen Euro aufwenden. Demgegenüber stehen Zuschüsse in Höhe von 800 000 Euro. Aus dem Topf für die Soforthilfe rechnet die Stadt mit rund 300 000 Euro zusätzlich, womit sich die Zuschüsse auf 1,1 Millionen Euro summieren. "Da bleiben immer noch 1,7 Millionen Euro bei der Stadt hängen", sagt Eva Stocksiefen, Sprecherin der Stadt Sankt Augustin. Bei den Ausgaben wird es nicht bleiben.

"Die werden weiter steigen", so Stocksiefen. Ein Problem sei der Stichtag für die Pauschalen, der 31. Dezember 2014. Laut Stocksiefen müsste das Land da nachjustieren. "Und wir wünschen, dass die Landeserstattung angepasst wird."

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