Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin Nach 25 Minuten war alles vorbei

SANKT AUGUSTIN · Die Feuerwehr hat den Ernstfall an der früheren Medienzentrale geprobt. Die Bezirksregierung hat inzwischen bestätigt, dass die Asylbewerber viel später als geplant kommen.

 Die Einsatzkräfte hatten den "Vermissten" in der Unterkunft schnell gefunden.

Die Einsatzkräfte hatten den "Vermissten" in der Unterkunft schnell gefunden.

Foto: Jens Kleinert

Bis zu 800 Menschen sollen bald in der früheren Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr an der Alten Heerstraße ein vorübergehendes Obdach finden. So haben es Stadt, Land und Bezirksregierung schon im Juli beschlossen. Aktuell treiben sie deshalb den Umbau des leer stehenden Gebäudes zur Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) voran.

Ein Hindernis, das einem früheren Einzug der Flüchtlinge im Wege stand und immer noch steht, ist dabei der derzeit mangelhafte Brandschutz (siehe unten). Denn klar ist: Ein Feuer in dem rund 15000 Quadratmeter großen Gebäude würde nicht nur die Bewohner, sondern auch Feuerwehr- und Rettungskräfte vor große Herausforderungen stellen.

Um gewappnet zu sein, aber auch um einen Überblick über die eigene Leistungsfähigkeit bei großen Lagen unter der Woche zu erhalten, haben am Mittwoch rund 60 Wehrleute vor Ort den Ernstfall geprobt. Um 10.01 Uhr erhielten sie von der Rettungsleitstelle unangekündigt die Alarmierung zu einem nicht näher lokalisierten Brand in der ZUE. Dass es sich um eine Übung handelte, wussten die Einsatzkräfte nicht - nur, dass sich eine vermisste Person in dem stark verrauchten Gebäude befinden sollte. Das hatte ihnen die Leitstelle auf der Anfahrt mitgeteilt.

"Für einen Brandfall in der ZUE gibt es zwar bereits seit einiger Zeit einen Rettungsplan", erklärte Feuerwehrsprecher Sascha Lienesch vor Übungsbeginn. "Aber ob sich das, was wir uns auf dem Reißbrett überlegt haben, auch in der Praxis umsetzen lässt, wissen wir nicht. Und natürlich ist es sinnvoll, das zu testen, bevor das Gebäude belegt ist."

Doch geplant hatten die Wehrleute offenbar gut: Bereits um 10.05 Uhr waren die ersten Martinshörner auf der Alten Heerstraße zu hören. Einsatzkräfte aus Hangelar und Niederpleis brachten sich um die ZUE in Position und starteten knapp zehn Minuten später unter Atemschutz die Erkundung des Gebäudes. Auch den "Vermissten", eine 85 Kilogramm schwere, lebensgroße Puppe, fanden die Feuerwehrleute - mittlerweile unterstützt von ihren Kameraden aus Mülldorf und Menden - schnell und übergaben ihn dem Rettungsdienst. Schon um 10.26 Uhr war die Übung abgeschlossen.

Wehrführer Herbert Maur zeigte sich zufrieden: "Die Übung war ein voller Erfolg", lobte er bei der anschließenden Besprechung, "alles verlief sehr geordnet, die 'Person' lebt - und das, obwohl die Puppe ganz gut im Gebäude versteckt war." Auch Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg fand lobende Worte. Er verfolgte das Geschehen gemeinsam mit Vertretern der Polizei sowie dem Beigeordneten Marcus Lübken. Polizei und Rettungsdienst sowie ein städtischer Krisenstab, der bei entsprechenden Einsätzen vor Ort gebildet wird, waren am Mittwoch allerdings noch nicht mit im Boot. Auch, wie es mit der Betreuung der Hausbewohner am nahe gelegenen Sammelpunkt an der Großenbuschstraße klappt, wird sich im Ernstfall noch zeigen müssen.

Termin zum Einzug verschiebt sich

Die ersten Flüchtlinge beziehen die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Sankt Augustin später als geplant. Das bestätigte ein Sprecher der Bezirksregierung Köln: "Der Termin Ende Oktober wird nicht zu halten sein." Zunächst sollte die Unterkunft des Landes in der früheren Medienzentrale der Bundeswehr bereits zum 1. September in Betrieb genommen werden, doch dieser Termin verschob sich dann auf Ende Oktober. Der Grund: der Brandschutz in dem Areal an der Alten Heerstraße.

Der ist auch jetzt das Problem. Denn der Einbau der Brandmeldeanlage dauert laut Sprecher vier bis sechs Wochen. Zudem müsse dies mit dem Landesinnenministerium abgestimmt werden. Das geschehe gerade. Wann die ersten Flüchtlinge kommen, ist also noch völlig offen. "Dazu kann ich derzeit nichts sagen", teilte der Sprecher mit. Insgesamt sollen 500 bis 800 Asylbewerber in das Gebäude einziehen, bei zwei Infoabenden waren jeweils mehr als 400 Bürger gekommen.

Die Zeit bis zur Inbetriebnahme der ZUE wollte der Rhein-Sieg-Kreis für sich nutzen. Der Kreis fragte vor zwei Wochen bei der Stadt an, ob er in der früheren Medienzentrale für diesen Zeitraum nicht eine Notunterkunft für 500 Menschen einrichten könne. Doch die Stadt lehnte den Vorschlag ab. Das sagte der Technische Beigeordnete Rainer Gleß dem GA. "Das kann ja nicht sein. Wir haben in Sankt Augustin ein Konzept, wie wir mit Flüchtlingen umgehen. Außerdem hatten wird der Öffentlichkeit die Zusage gegeben, dass wir eine ZUE einrichten und keine Notunterkunft." Zumal der Brandschutz laut Gleß auch für die Notunterkunft hätte ertüchtigt werden müssen. Der Kreis richtete letztlich Notunterkünfte in Hennef und Troisdorf ein.

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