Haushalt in Sankt Augustin Kämmerer besorgt über Etat

Sankt Augustin · Der Sankt Augustiner Rat verabschiedet am Mittwoch den Finanzplan. Die Stadt befindet sich im Haushaltssicherungskonzept, das Eigenkapital sinkt dramatisch. Muss das so sein? Bürdet das Land der Stadt zu viel auf? Eine Bestandsaufnahme.

 Das Rathaus geht zum Stichtag 1. Januar 2016 mit einem Wert von 18,3 Millionen Euro in die Bilanz.

Das Rathaus geht zum Stichtag 1. Januar 2016 mit einem Wert von 18,3 Millionen Euro in die Bilanz.

Foto: Holger Arndt

Kämmerer Stephan Rupp macht keinen Hehl aus seiner Sorge um den Haushalt der Stadt Sankt Augustin. Auf Anfrage des General-Anzeigers teilte er mit: „Die Finanzsituation der Stadt ist als kritisch einzustufen.“ Die zweitgrößte Kommune im Rhein-Sieg-Kreis befindet sich seit dem Jahr 2012 im Haushaltssicherungskonzept (HSK), zuvor gab es im Jahr 2010 einen Nothaushalt.

Heißt: Die Kommunalaufsicht muss jede Sonderausgabe genehmigen. Ergo: Der Gestaltungsspielraum nimmt ab. Deshalb sagte Bürgermeister Klaus Schumacher in seiner Haushaltsrede im Dezember: „Ein Abrutschen in das Nothaushaltsrecht ist keine Alternative.“ Heute verabschiedet der Rat wohl den Haushalt für die Jahre 2016/2017 und das HSK, das noch bis 2022 läuft. Bis dahin soll der Haushalt ausgeglichen sein, auch über Steuererhöhungen.

Die Stadt muss also sparen. Aus diesem Grund hatte der Haupt- und Finanzausschuss einen Unterausschuss zur Haushaltskonsolidierung ins Leben gerufen. Laut Statistischem Landesamt lag die Gesamtverschuldung der Stadt Ende 2014 bei 146 Millionen Euro, pro Einwohner also fast 2700 Euro. Im Jahr 2022 beträgt die Verschuldung voraussichtlich 193,4 Millionen Euro, das entspricht – Stand jetzt – 3540 Euro pro Einwohner.

Bis zum Jahr 2021 verzehrt die Stadt laut Rupp rund 86 Prozent ihres Eigenkapitals im Vergleich zum 1. Januar 2009. Damals hatte die Stadt das Neue Kommunale Finanzmanagement eingeführt. Das Eigenkapital betrug seiner Zeit knapp 148 Millionen Euro. Das hat sich erheblich geändert, zum Stichtag 1. Januar 2016 lag es nur noch bei knapp 68 Millionen Euro.

Rupp sagte: „Die Stadt ist trotz der sehr positiven Entwicklung der Steuereinnahmen nicht in der Lage, den Haushalt strukturell auszugleichen. Dies ist besorgniserregend, da Kommunen in steuerstarken Jahren in die Lage versetzt sein sollten, Überschüsse zu erwirtschaften, um die Ausgleichsrücklage aufzufüllen.“ Daran werde deutlich, dass die Kommunen generell nicht über eine angemessene Finanzausstattung verfügten.

Es ist eine Aussage, die viele Kämmerer treffen: Das Land gibt uns zu wenig Geld, bürdet uns aber mehr Aufgaben auf – etwa die Inklusion behinderter Kinder. Hinzu kommt die Flüchtlingssituation, die viele Kommunen über Kredite finanzieren, bis das Land tatsächlich alle Kosten übernimmt. Klaus Strack, Sprecher der Kämmerer, sagte voriges Jahr im GA-Interview: „Bei gleichbleibender Aufgabenfülle muss einfach mehr Geld vom Land ins System gepumpt werden.“ Das sieht auch Schumacher so: „Ohne massive Hilfe des Bundes und des Landes ist eine nachhaltige Genesung der Kommunalfinanzen nicht möglich – und geht schlussendlich zulasten der Generationengerechtigkeit.“

Denn die Liquiditätskredite der Stadt – vergleichbar mit dem Dispo eines Bankkontos – steigen weiter an. Rupp geht derzeit davon aus, dass sie ihren Höchststand im Jahr 2020 mit rund 73 Millionen Euro erreichen. Markus Berkenkopf, Referent für Haushalts- und Finanzpolitik beim Landesverband NRW des Bundes der Steuerzahler (siehe Interview unten), sagte: „Wenn sich das derzeitige Zinsniveau verschlechtert, wird es im Haushalt noch viel enger. Auch daran lässt sich die prekäre Situation deutlich erkennen.“

Sankt Augustin muss also sparen, die Kommunalpolitiker Einschnitte beschließen. Kein einfaches Vorhaben. Andreas Burth ist Prüfungsleiter beim Hessischen Rechnungshof und betreibt den Weblog haushaltssteuerung.de. Dort steht: „Das Interesse an einer ehrlichen Analyse ist begrenzt... Das führt dazu, dass die in der Regel ehrenamtlich engagierten und damit schon aufgrund des Zeitbudgets weniger informierten Rats-/Kreistagsmitglieder irgendwann selbst glauben, dass der Haushalt aus eigener Kraft nicht mehr ausgeglichen werden kann, da ausschließlich Externe für das Defizit verantwortlich sind.“

Der Rat tagt am Mittwoch ab 18 Uhr öffentlich im großen Ratssaal, Markt 1.

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