Coronavirus in Sankt Augustin Infizierte Bewohner des Altenheims St. Monika ins Krankenhaus gebracht

Sankt Augustin · Am späten Freitagnachmittag rollten die ersten Rettungswagen an, um infizierte Bewohner des CBT-Altenheims St. Monika in Sankt Augustin ins Krankenhaus zu bringen. Nach zwei Sitzungen des Krisenstabs hatte sich gezeigt, dass es keine andere Lösung für den aktuellen Personalnotstand gibt, als die Zahl der Pflegebedürftigen zu reduzieren.

 Symbolfoto.

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Foto: Peter Kölschbach

Am Abend lief die Teil-Evakuierung an: Personal in Schutzkleidung brachte die Senioren auf Tragen zu den Krankenwagen der Rettungsdienste, die in langer Reihe an der Husarenstraße warteten. Aus den Fenstern winkten Bewohner ihren ehemaligen Nachbarn zu.

Bereits in der Nacht zu Freitag waren Einheiten des Katastrophenschutzes vor Ort im Einsatz gewesen. In dem vom Coronavirus betroffenen Altenheim hatte sich die Personalsituation so zugespitzt, dass Malteser und DRK in der Pflege aushelfen mussten. Die Stadt Sankt Augustin rief nach Absprache mit der CBT am Donnerstagabend Menschen mit Erfahrung in Pflegeberufen auf, sich als Spontanhelfer zu melden, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können.

Am Karfreitag tagte der Krisenstab im Sankt Augustiner Rathaus erneut unter Leitung des Sozialdezernenten Ali Dogan. Auch Landrat Sebastian Schuster nahm teil. „Wir werden die Bewohner jetzt verteilen“, berichtete Dogan anschließend. Angehörige dürften ihre Familienmitglieder über Ostern nach Hause holen, sofern diese negativ auf das Coronavirus getestet seien. Die CBT konnte zwar kein zusätzliches Personal mobilisieren, wohl aber Plätze in 16 anderen Heimen. Diese wurden allerdings laut einer Pressemitteilung der CBT vom Freitagabend nicht benötigt: „Die negativ auf SARS-CoV-2 getesteten Bewohner werden weiterhin in der Einrichtung versorgt.“

Verlegungsaktion Altenheim St. Monika
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. Laut Landrat Sebastian Schuster haben die Krankenhäuser der Region, die ohnehin Plätze für Corona-Patienten freigehalten hätten, genug Kapazitäten, um alle mit dem Virus infizierten Senioren aus Sankt Augustin aufzunehmen. Im Haus St. Monika sollen auch Pflegekräfte arbeiten können, die als Kontaktpersonen gelten, aber sieben Tage ohne Krankheitssymp­tome waren. „In diesem Fall lässt es die Verordnung zu, sie unter Vollschutz einzusetzen“, so Dogan.

Ein Fall für die Heimaufsicht des Kreises ist das Haus St. Monika laut Schuster nicht. „Man kann keinem einen Vorwurf machen. Wir sind bis Mittwochnachmittag davon ausgegangen, dass das Personal stabil ist“, so der Landrat. Nach neuen positiven Tests sei dann der Dienstplan zusammengebrochen.

Wie Anette Zang, Pressesprecherin der CBT Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbH in Köln, am späten Donnerstagabend auf Nachfrage mitteilte, lag bei 40 Bewohnern des Alten- und Pflegeheims und sieben Mietern aus dem Betreuten Wohnen in Sankt Augustin ein positives Testergebnis auf das neuartige Coronavirus vor. Seit Ausbruch der Pandemie sind sieben an Covid-19 erkrankte Senioren verstorben. Im CBT-Wohnhaus St. Monika in Sankt Augustin leben 145 Senioren: 94 Bewohner im Alten- und Pflegeheim, 51 Mieter im Betreuten Wohnen. Die CBT beschäftigt im Haus insgesamt rund 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 36 Pflegekräfte wurden positiv auf SARS-CoV-2 getestet, 20 weitere sind zurzeit nicht einsetzbar. Die CBT betreibt insgesamt 22 Einrichtungen in 15 Städten im Rheinland.

Auf den Radio- und Fernsehaufruf an Spontanhelfern haben sich 29 Personen gemeldet. „Eine Vielzahl wird das Fachpersonal im Haus ab sofort unterstützen“, teilte Zang mit. Auch Sankt Augustins Bürgermeister Klaus Schumacher ist dankbar, dass sich so viele Freiwillige gemeldet haben und teilweise noch in der Nacht zum Einsatz gekommen sind.

Während die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus im Rhein-Sieg-Kreis insgesamt auf niedrigem Niveau verläuft, steigt sie unter den Alten- und Pflegeeinrichtungen weiter an. Nach Auskunft von Landrat Schuster haben mittlerweile 16 Heime Fälle von Sars-CoV-2. Dies sei ein Phänomen, das nicht kreisspezifisch, sondern bundesweit zu beobachten sei, so Schuster: „Das ist eine neue und zusätzliche Herausforderung für unser Gesundheitsamt und die Einrichtungen selbst.“ Für die rund 200 Pflegeeinrichtungen im Rhein-Sieg-Kreis, von denen etwa 80 ambulante sind, sei das eine „sehr schwer lösbare Situation“, so Rainer Meilicke, Leiter des Kreisgesundheitsamts. Jetzt gelte es, unbedingt die Kontaktketten aus den betroffenen Altenheimen zu unterbrechen. 700 Abstriche seien aktuell veranlasst worden.

Erleichterung dagegen im Cellitinnen-Seniorenhaus St. Angela in Bornheim-Hersel. „Alle getesteten Mitarbeiter haben negative Ergebnisse bekommen“, sagte Heimleiter Daniel Hinkel auf GA-Anfrage. In Quarantäne befänden sich demnach zwei Mitarbeiter. Und auch von den Heimbewohnern müsse derzeit niemand intensivmedizinisch betreut werden.

Meilicke und Schuster räumten bei der Pressekonferenz am Donnerstag ein, dass es schwierig sei, ältere Menschen, insbesondere, wenn diese dement seien, von den Notwendigkeiten einer Kontaktsperre oder gar einer häuslichen Absonderung zu überzeugen. Schuster berichtete, dass es sogar Fälle gegeben habe, in denen Angehörige die Kreispolizeibehörde gerufen hätten, um mit polizeilicher Unterstützung die Besuchsverbote zu umgehen.

Kein Verständnis habe er auch für jene in einigen Einrichtungen, die ungeachtet der Situation „Kaffeekränzchen veranstalteten“. Das sei vor allem in jenen Bereichen der Fall, die Betreutes Wohnen anbieten. In den betreuten Wohnanlagen bestünden Situationen wie in einem „normalen Mietshaus“, sagten Hausleiter dem GA auf Anfrage. „Da können Sie als Vermieter auch nicht kontrollieren, wer da rein- und rauskommt. Das liegt nicht in unserer Hand.“

Eine gute Nachricht hatte unterdessen Rainer Dahm, Leiter des Amtes für Bevölkerungsschutz: Dem Kreis sei es gelungen, weitere 10 000 FFP2-Masken zu kaufen. Diese seien am Donnerstagnachmittag unter den Pflegeheimen verteilt worden. Am Dienstag erwarte man eine weitere Lieferung, die dann an die ambulanten Einrichtungen gehen soll.

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