Erstes Einkaufzentrum in Sankt Augustin Huma bot unbekannte Dimensionen

SANKT AUGUSTIN · Walter Wiehlpütz erinnert sich noch gut an die Zeit, als der Huma 1977 öffnete. Doch das liegt nicht unbedingt nur an dem Einkaufscenter: Der heutige Geschäftsführer der Flugplatzgesellschaft Hangelar hat am Freitag, 4. November 1977, geheiratet. Einen Tag, nachdem der Huma seine Türen öffnete.

"Für mich hat das Einkaufszentrum ein bisschen Leben ins Stadtzentrum gebracht", sagt er. "Das war das erste Kaufhaus in dieser Größenordnung, das kannten wir hier nicht."

Tatsächlich bot der Huma bislang unbekannte Dimensionen. Das belegt unter anderem eine Auflistung in der Lebensmittelzeitung aus dem Jahr 1977. Die Verkaufsfläche auf den drei Etagen betrug demnach insgesamt 28 000 Quadratmeter, das Sortiment bestand aus rund 80 000 Artikeln. In Vollzeit beschäftigte Unternehmer Jost Hurler 550 Mitarbeiter, davon 100 als Bedienung. Und es gab 75 Kassen.

Den erwarteten Jahresumsatz schätzte die Lebensmittelzeitung auf 100 bis 150 Millionen D-Mark. Für die Kunden standen insgesamt 3000 Parkplätze zur Verfügung - alle unter freiem Himmel. Das war eine Bedingung von Hurler, erinnert sich der damalige Stadtdirektor Walter Quasten. "Wir hatten die Idee einer Tief- oder Hochgarage, aber Hurler bestand auf ebenerdigen Parkplätzen unter freiem Himmel. Uns war die Fläche im Zentrum dafür eigentlich zu schade, aber es war ein Kompromiss."

Neben Hurler interessierten sich damals noch andere Unternehmen für die Fläche - unter anderem ECE aus Hamburg, die im September 2010 mit ihren Plänen für ein Einkaufszentrum in der Siegburger Innenstand am Widerstand der Bürger scheiterten. Letztendlich habe das Konzept von Hurler die Stadt am meisten überzeugt. "Die Öffnung zur Markplatte war uns wichtig, aber es war nicht die Zielsetzung, die Marktplatte zu beleben", sagt Quasten.

In der damaligen Großgemeinde Sankt Augustin wurde in den frühen 1970er Jahren die Entwicklung des Zentrums mit geplantem "Rat- und Cityhaus" vorangetrieben. 1974 präsentierte die Münchener Suma-Firmengruppe dem für die Zentrumsentwicklung zuständigen Sonderausschuss erstmals die Pläne für ihr SB-Warenhaus.

Suma hieß das schon damals 40 000 Quadratmeter große Münchener SB-Warenhaus, das der Unternehmer Jost Hurler 1964 übernommen hatte. Am 25. Februar 1975 akzeptierte der Sonderausschuss einstimmig den Vertragsentwurf, der Huma-Bau begann. Die Eröffnung im November 1977 war dann ein großes Spektakel. "Es herrschte Aufbruchstimmung", sagt Quasten.

Der amtierende Kreiswirtschaftsförderer Hermann Tengler erinnert sich, dass der Huma über Nacht zum Kundenmagneten mit regionaler Strahlkraft geworden: "Für mich war die Eröffnung der Grund dafür, dass wir Studenten Sankt Augustin überhaupt erst einmal wahrgenommen haben."

Doch nicht alle waren begeistert von dem riesigen Einkaufsareal, gerade die Nachbarn Troisdorf und Siegburg störten sich an dem Bau. Quasten sagt: "Wir wollten die Region und Siegburg nicht kaputtmachen." In Siegburg sah man den Huma dennoch mit Sorgen. Der damalige erste Beigeordnete Konrad Machens erinnert sich, dass die Stadt sich bei der zuständigen Bezirksregierung Köln beschwert habe.

Zu groß sei der Neubau, auch gegen den Flächennutzungsplan als Kerngebiet habe man sich gewehrt. Ohne Erfolg. "Wir waren aber auch der Meinung, dass ein Einkaufszentrum gegenüber einer gewachsenen Innenstadt wie in Siegburg keine Konkurrenz ist. Außerdem haben wir ja auch die Innenstadt saniert, deshalb hat das Siegburg letztendlich nicht geschadet."

Auch die Stadt Troisdorf wehrte sich 1975 gegen den Huma. Vor dem Verwaltungsgericht Köln klagte sie gegen die Baugenehmigung, vor dem Oberverwaltungsgericht Münster strengte sie ein Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan an. Die Klage in Köln wurde abgewiesen, das OVG hingegen hob laut Troisdorfs Stadtsprecher Peter Sonnet den Bebauungsplan wegen formaler Fehler auf - allerdings erst 1981. "Die Baugenehmigung war da beschlusskräftig, und der Huma stand schon, das hatte keine Auswirkungen", sagt Sonnet.

Für Sankt Augustin hatte das Einkaufscenter allerdings große Auswirkungen: Der Huma habe das Stadtbild geprägt, erinnert sich die langjährige Hangelarer Ortsvorsteherin Marika Roitzheim. Seit 1971 wohnt die 78-Jährige in Sankt Augustin. "Ich war immer skeptisch gegenüber dem Huma aufgrund seines Erscheinungsbildes. Ich dachte, die Fassade wäre ein Provisorium, im Laufe der Zeit habe ich mich damit abgefunden." Das Provisorium hat Bestand, bis heute. Das überrascht auch Tengler, er sagt: "Wenn man sieht, wie wenig in das Einkaufszentrum investiert wurde, ist es ein Wunder, dass es noch so gut läuft."

"Es war ein Hauen und Stechen": GA-Fotograf Holger Arndt blickt auf die Eröffnung vor 38 Jahren zurück

Als ich im Jahr 1977 das erste Mal das neue Huma-Einkaufscenter betreten habe, war mein erster Gedanke: "Hier verlaufe ich mich." Ich war völlig orientierungslos angesichts der Riesenhalle, die vollgepackt war mit so vielen Menschen und Produkten.

Bei der Eröffnung am 3. November, einem Donnerstag, standen viele hundert Menschen schon eine Stunde vor Ladenöffnung vor dem Eingang. Als die Türen schließlich aufgingen, war das ein einziges Hauen und Stechen unter den Kunden. Von offizieller Seite gab es damals auch kein großes Brimborium. Der Eingang öffnete sich einfach, und die Menschenmasse stürzte sich auf die Sonderangebote im Inneren. Man musste schon fast zur Seite springen, damit die Menschen einem nicht mit den Einkaufswagen in die Hacken fuhren.

Beim Einpacken der eingekauften Waren haben einem damals noch Leute geholfen, damit es schneller ging. Ganz besonders viel Andrang herrschte immer dienstags und donnerstags. Denn an diesen Tagen hatten die Huma-Betreiber Anzeigen in der Zeitung geschaltet. Dann staute sich der Verkehr bis auf die B 56. Die Kunden kamen von überall her, das war nicht nur auf die umliegenden Kommunen begrenzt. Nummernschilder aus Leverkusen waren keine Seltenheit. Auch aus Gummersbach kamen die Menschen.

Eine Neuerung, die man so vorher nicht gekannt hat, war die Fleisch- und Fischtheke im Einkaufscenter. Das war die größte in der gesamten Region, sie war unglaublich lang mit irrsinnig vielen Verkäufern. Nirgendwo im Umland gab es so frischen Fisch wie an dieser Theke. Da deckten sich die Leute dann ein. Der heute alte Huma war damals etwas ganz Neues.

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