Tests auf das Coronavirus Landrat Schuster greift Gesundheitsminister Spahn an

Rhein-Sieg-Kreis · Landrat Sebastian Schuster kritisiert, dass es immer noch keine Verordnung für Tests in Altenheimen und Kliniken gibt. Derweil liegen die Ergebnisse des Massentests an der Flüchtlingsunterbringung in Sankt Augustin vor.

 Bewohner tragen Mundschutz, während sie in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) Sankt Augustin hinter dem Zaun am Eingang stehen.

Bewohner tragen Mundschutz, während sie in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) Sankt Augustin hinter dem Zaun am Eingang stehen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Landrat Sebastian Schuster ist sauer. Das „Rumgeeiere“ zwischen Düsseldorf und Berlin sei „äußerst unbefriedigend“, sagte Schuster am Freitagmorgen bei der wöchentlichen Pressekonferenz zur Coronakrise. Grund seines Unmuts: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist seinem Versprechen, eine Grundlage für mehr Tests auf das Coronavirus in Krankenhäusern und Pflegeheimen zu schaffen, immer noch nicht nachgekommen. Eigentlich hatte der CDU-Politiker vorgehabt, noch im Mai eine Verordnung vorzulegen, die präventive Reihen-Tests in Krankenhäusern und Pflegeheimen ermöglicht. Diese liege aber immer noch nicht vor, so Schuster, der auch seinen Parteifreund und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann angreift. Dass dieser behaupte, diese Tests „bringen nichts“, bringt Schuster in Wallung: „Wir hängen zwischen Rinde und Borke, Herr Spahn kann sich offenbar gegenüber den Krankenkassen nicht durchsetzen, und wir bleiben auf den Kosten sitzen.“

Denn der Rhein-Sieg-Kreis habe bislang bereits rund 4000 Testungen durchführen lassen und sei damit mit rund 300.000 Euro in Vorleistung gegangen, so Schuster. So erfreulich die aktuellen Zahlen von Neuinfektionen auch seien, Entwarnung könne man nicht geben. Das Robert-Koch-Institut stufe das Infektionsrisiko immer noch als „hoch“, bei Risikogruppen sogar als „sehr hoch“ ein. Und Schuster verweist auch auf das RKI-Empfehlungspapier, nach dem bei der Risikopopulation „die Veranlassung von diagnostischen Tests auf SARS-CoV-2 sehr niederschwellig und ohne Zeitverzug erfolgen“ soll. Auch der Landkreistag habe einen entsprechenden Appell an Land und Bund verschickt.

Da sich nun auch noch die Kassenärztliche Vereinigung weigere, die präventiven Testungen durchzuführen, wolle Schuster nun mit den Kreispolitikern besprechen, wie es weitergehen soll.

Insgesamt gebe es aktuell nur noch rund 50 aktuelle Corona-Fälle im Kreis, so Schuster. Die 7-Tage-Inzidenz, ein epidemiologischer Richtwert, liege für den Rhein-Sieg-Kreis bei 1, das bedeutet, dass es eine Neuinfektion je 100.000 Einwohner gab.

Nur ein positiver Befund nach Massentest

Ganz oben an der Spitze der Rhein-Sieg-Kommunen ist nach wie vor Sankt Augustin – wegen der Lage in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Sankt Augustin. Von 92 getesteten Personen der Zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes in Sankt Augustin ist nur noch einer positiv, ein Ergebnis steht noch aus und zwei Ergebnisse sind fraglich. Bei diesen zwei Personen muss der Test wiederholt werden, da das Ergebnis nicht ausgewertet werden konnte. Das teilte Vanessa Nolte, Sprecherin der Bezirksregierung Köln, mit.

Die positive Person werde in den Quarantänebereich ziehen und die Kontaktpersonen werden ermittelt. Diese werden dann in die Verdachtsquarantäne separiert, sagte Nolte. Gleiches gilt auch für die zwei fraglich getesteten Personen sowie deren Kontaktpersonen. Vor Ort bleiben Nolte zufolge Dolmetscher, die den Betreuerverband bei der Aufklärung, den Umgang mit FFP2-Masken und den Schutzvorkehrungen unterstützen sollen.

Wie der Sozial- und Ordnungsdezernent der Stadt Sankt Augustin mitteilte, sind auch alle 18 Mitarbeiter der Stadt, die in der Einrichtung aktiv waren, negativ getestet worden. Dogan: „Das jetzige Ergebnis zeigt, dass eine stringente Kohortierung durch alle Beteiligten (Träger, Sicherheitsteam, Ordnungsamt, Bezirksregierung usw.) sichergestellt werden konnte und dass die von uns getroffenen Maßnahmen alle richtig waren. Selbstverständlich muss jetzt eine stringente Kontaktnachverfolgung bei der infizierten Person gemacht werden, damit geklärt wird, wer von den negativ Getesteten in der Inkubationszeit Kontakt hatte und daher als Kontaktperson der Kategorie 1 einzustufen ist. Diese Personen müssten weiterhin unter Quarantäne gestellt werden. Für alle anderen dürfte die herausfordernde Zeit zu Ende sein.“

Bezirksregierung widerspricht Bewohnern

Unterdessen widerspricht Nolte Darstellungen der ZUE-Bewohner, dort lebten viele schon seit anderthalb Jahren. „Der längste Aufenthalt eines Bewohners ist seit März 2019. Das bedeutet 15 Monate. Es handelt sich um einen alleinreisenden Mann aus der Türkei. Ankunft in der Unterkunft gemäß System am 11.03.2019. Seit März 2019 sind 21 Personen in der Unterkunft registriert. Keine Familien.“

Landrat Schuster bekräftigte seine Haltung, Flüchtlingsunterkünfte nicht in die diagnostischen Tests aufzunehmen. „Die RKI-Empfehlung bezieht sich nur auf die Risikopopulation, und ich weigere mich Menschen aus Flüchtlingsunterkünften entsprechend zu stigmatisieren.“ Die Sorge etwa der Selhofer in Bad Honnef, in die dortige Jugendherberge verlegte Flüchtlinge könnten das Virus mitbringen, teile er nicht. Die zuständige Bezirksregierung verlege ausschließlich gesunde beziehungsweise Gesundete in andere Unterkünfte.

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