Verkehr in Sankt Augustin Feuerwehr im Zickzack zum Einsatzort

SANKT AUGUSTIN · Gedankenlose Autofahrer machen der Feuerwehr das Leben schwer. Wo Straßen zugeparkt sind, kommen Einsatzfahrzeuge nicht mehr durch. Der GA war beim Praxistest mit einem großen Leiterwagen dabei.

 Zentimeterarbeit für Drehleiterfahrer Jürgen Klein: Vielerorts sind Straßen für die großen Feuerwehrfahrzeuge eng, wie hier am Europaring.

Zentimeterarbeit für Drehleiterfahrer Jürgen Klein: Vielerorts sind Straßen für die großen Feuerwehrfahrzeuge eng, wie hier am Europaring.

Foto: Thomas Heinemann

Wenn die Feuerwehr ausrückt, ist meist höchste Eile geboten. Dann geht es nicht nur um Sekunden, sondern immer öfter auch um Zentimeter. „Praktisch bei jeder Alarmfahrt wird es irgendwo richtig eng“, sagt Feuerwehrchef und Stadtbrandinspektor Herbert Maur: Falsch parkende Autos und Gegenverkehr, der keinen Platz macht, sind mehr die Regel als die Ausnahme. Wie das in der Praxis aussieht, zeigte die Freiwillige Feuerwehr mit einer Routineausfahrt am Wochenende.

Mit der Drehleiter und dem multifunktionalen Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug, kurz HLF, des Löschzugs Mülldorf geht es mittenrein ins Getümmel enger Straßen, die zur besten Fernsehzeit am Freitagabend zwar voll sind, aufgrund der Urlaubszeit aber nicht so sehr wie sonst. „Die Drehleiter ist unser größtes Fahrzeug und zugleich eines unserer wichtigsten Einsatzmittel“, erklärt Feuerwehrchef Herbert Maur. Er selbst steuerte das HLF, das zwölf Tonnen Gewicht auf die Waage bringt.

Oberbrandmeister und Drehleitermaschinist Jürgen Klein nimmt Platz am Steuer „seiner“ Drehleiter – er kennt das Fahrzeug in- und auswendig: Zehn Meter lang, zweieinhalb Meter breit, 3,30 Meter hoch und 15 Tonnen schwer ist der 280 PS starke und bis zu 100 Stundenkilometer schnelle Drehleiterwagen. Doch so schnell geht es bei der Testfahrt nicht voran: Bereits im Wohngebiet Europaring, wo Parkraum knapp ist, ist Schritttempo nötig. „Das geht alles noch“, sagt Wehrführer Herbert Maur unbeeindruckt. „Da haben wir schon Schlimmeres gesehen.“

Im Zickzack geht es zwischen künstlichen Engstellen und parkenden Autos langsam aber stetig voran. Grundsätzlich sei das noch in Ordnung, sagt Drehleiterfahrer Jürgen Klein, „aber das ist schon eng. Im Alarmfall ist man im Stress, da geht die Pumpe etwas schneller. Dann muss man sich wirklich gut konzentrieren.“

Auch in der Johannesstraße in Menden und der Kirchstraße ist das Durchkommen kein Problem. Entgegenkommende Autofahrer halten an, machen für die behäbigen Fahrzeuge bereits in großem Abstand viel Platz. Dass das nicht immer so ist, zeigt sich in an der Ecke Herderstraße / Marienkirchstraße in Sankt Augustin-Ort: Ein geparktes Taxi engt die Kreuzung ein, Drehleiterfahrer Jürgen Klein muss mehrmals Vor- und Zurücksetzen, von vorne und hinten drängen genervte Autofahrer in die Engstelle vor. „Das ist normal, nicht nur wenn wir ohne Blaulicht und Martinshorn unterwegs sind“, sagt Jürgen Klein unaufgeregt, während er eifrig am großen Lenkrad kurbelt und die Rückspiegel im Blick hält: „Dabei ist gerade die Drehleiter so wichtig. Bei vielen Wohngebäuden ist sie der sogenannte zweite Rettungsweg: Ist bei einem Brand das Treppenhaus nicht mehr nutzbar, muss die Drehleiter die oberen Stockwerke zur Menschenrettung erreichen können.“

So die Theorie. Denn der bis zu 30 Meter lange Ausleger nütze nichts, wenn das Fahrzeug die Einsatzstelle auf den letzten Metern nicht erreiche, zeigt Jürgen Klein wenig später in Sankt Augustin-Ort und atmet zuerst einmal tief durch: „Auf dem Balkon da vorne stand damals die Frau und hat in Sicht- und Hörweite um Hilfe gerufen. Hier war aber alles zugeparkt, das war richtig eng, das hat wirklich viel Zeit und Nerven gekostet.“ Am Ende sei alles gut gegangen, sagt Klein und wünscht sich, das Autofahrer beim Parken zumindest einmal kurz darüber nachdenken, ob im Ernstfall nicht nur ein Kleinwagen, sondern auch ein großer Lkw das geparkte Auto sicher passieren könnte: „Unsere Fahrzeuge sind wegen der wachsenden Aufgaben und Technik immer größer geworden – das wissen viele Leute nicht.“

Mit Handzetteln weist die Feuerwehr daher an Engstellen Autofahrer auf die besonderen Bedürfnisse hin. Weil die Drehleiter ein in der Stadt einmaliges Fahrzeug und damit besonders wichtig sei, könnte man im Notfall, wenn also Menschenleben ganz akut in Gefahr seien und andere verhältnismäßige Optionen erschöpft seien, die Durchfahrt auch „erzwingen“, also ein Auto zur Seite drücken, bestätigt Sankt Augustins Wehrführer Herbert Maur auf Nachfrage: „Das ist, soweit ich mich erinnern kann, hier aber noch nie vorgekommen und die absolute Ausnahme. Irgendwie hat es bislang immer gepasst.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort