Serie Augustiner Köpfe „Es ist gesund, sich krank zu lachen“

SANKT AUGUSTIN · Steyler-Pater Hermann Bickels Mission als Priester und Zauberer ist der Dienst an der Freude und den Menschen.

Die Tür zu dem kleinen Häuschen im Klostergarten der Steyler Missionare mit der Aufschrift „Abraxas“ steht offen. Wohlige Wärme empfängt den Besucher, und das liegt nicht nur an der offenbar gut funktionierenden Heizung, sondern vor allem an der herzlichen Begrüßung durch den Bewohner des Zauberhäuschens: Pater Hermann Bickel (77) strahlt. Aus seinen Augen blinzelt der Schalk, der sich postwendend in witzigen Anekdoten, Kalauern oder Wortspielereien entlädt. Letztlich zählt für den weit über die Grenzen Sankt Augustins hinaus bekannten Pater nur eines: „Freude bringen“.

Dazu kann er seine doppelte Berufung bestens nutzen. Das ist zum einen die Arbeit als Priester, Missionar, Lehrer und Erzieher, zum andern die als Zauberer. „Ich habe beides verbunden und zeige mich als Pater, der zaubert.“ Die Sprache ist dabei neben einer großen Ansammlung von Seilen, Tüchern, dem Zauberstab und dem Zaubersalz sein wichtigstes Instrument. Schier unerschöpflich scheint der Fundus des Paters an Kalauern, Wortspielen und Wortverdrehungen sowie Worten mit doppelter Sinnhaftigkeit. „Wissen Sie, wie wichtig das 'ß' ist?“ Hermann Bickel hat natürlich sofort ein Beispiel parat, denn: „Männer lieben die Maße einer Frau, die Masse nehmen sie in Kauf“.

Geboren wurde der Pater 1938 in Rheine-Mesum, und sein Lebenslauf ist geprägt von einer langwierigen Erkrankung, die ihn in jungen Jahren schon an die Schwelle des Todes, aber auch zu seiner zweiten Berufung – dem Zaubern – führte. So schenkte ihm ein Sextaner ein Zauberbuch, als er 1960 als Student darnieder lag. „Ich hatte Magengeschwüre und Darmblutungen, konnte nicht schlafen und lernte stattdessen Mathe-Magie oder was man mit Zahlen, Karten und Seilen so alles machen kann“.

Was er erntete, war die Begeisterung, das Staunen und die Bewunderung seines Publikums. „Deshalb habe ich weitergemacht“. Erneut erkrankt kam er 1962 aus Rom nach Sankt Augustin und lernte den Magischen Zirkel in Bonn kennen. Drei Jahre war er Zauberlehrling, und schließlich bestand er die Aufnahmeprüfung zum Magischen Zirkel Deutschlands. Heute trägt „Pater Schimmel“ die Ehrennadel für über 50 Jahre Mitgliedschaft unter dem Revers seines schwarzen Anzuges, das er nicht ohne Stolz immer wieder umklappt , um die goldene Nadel hervorblitzen zu lassen.

Auch sein Zauberspruch „Himmel, Hummel, Schimmel, Schummel, dreimal schwarzer Pater“ hat ebenso wie sein Künstlername „Schimmel“ engen Bezug zu seiner Krankheit. „Zu den unzähligen Behandlungen meiner Erkrankung zählte auch eine Schimmeldiät, bei der ich verschimmeltes Brot essen musste“, erzählt er. Inzwischen hat er diese Krankheit überwunden und ist vor allem von einem überzeugt: „Es ist gesund, sich krank zu lachen.“

Das Leben des Zauberpaters ist geprägt vom Engagement für Randgruppen und Freude, die er selbst empfindet und weitergibt. Pater Bickels Zauberkunst ist gewürzt mit Zaubersalz und Sprachkunst auf hohem Niveau – und hat damit etwas Einzigartiges. Dabei nimmt er auch sich selbst und die Kirche mit „ihren Opfern der Zölibat-Gesetzgebung des Vatikans“ immer wieder gerne auf die Schippe. Wenn er eine Cola-Flasche in eine Maggi-Flasche verwandelt, hat er natürlich den passenden Kommentar dazu: „Das Ganze nennt man Magie oder Maggi.“ Bickels „Urberufung“, wie er es nennt, sind das Pastorale und der Drang zur Mission, den er schon als Zehnjähriger verspürte. „Ich wollte gerne ins Ausland, bin aber leider nur bis in den Busch der Steyler Mission in St. Arnold gekommen“, wo er das Internat besuchte und als Lehrer und Erzieher arbeitete. Auch am Rhein-Sieg-Gymnasium hat Bickel gelehrt. Seit 2008 lebt er wieder im Kloster der Steyler Missionare in Sankt Augustin, nachdem sich das Kloster St. Arnold aufgelöst hat. Schon 45 Mal flimmerte Pater Bickel über die Fernsehbildschirme. Seine Mission ist bis heute der Dienst an der Freude. Was er dazu braucht, befindet sich in seinem Zauberhäuschen im Sankt Augustiner Klostergarten und in seinem Herzen.

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