Interview zum Vortrag in Sankt Augustin „Die Initiative liegt ganz bei mir“

Sankt Augustin · Peter Modler spricht in der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg über berufliche Machtspiele zwischen Männern und Frauen.

 Peter Modler: Unternehmensberater und Bestseller-Autor.

Peter Modler: Unternehmensberater und Bestseller-Autor.

Foto: Peter Modler

Peter Modler widmet sich seit Jahren dem Verhältnis von Männern und Frauen im Beruf. Am Donnerstag, 28. April, hält er ab 19 Uhr in der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Granthamallee 20 in Sankt Augustin, einen Vortag mit dem Titel „Berufliche Machtspiele zwischen Männern und Frauen“. Wieso die Geschlechter oft unterschiedlich kommunizieren und warum Arroganz Frauen im Berufsalltag helfen kann, darüber sprach Modler mit Franziska Jünger.

Herr Modler, besucht man Ihre Internetseite, wird man mit folgendem Spruch begrüßt: „Jeder Mensch hat ein eigenes Unternehmen. Sich selbst.“ Was wollen Sie damit sagen?

Peter Modler: In der Regel kommen Leute zu mir, die an irgendeinem Punkt in ihrer beruflichen Situation feststecken. Jemand, der sich als „existenzieller Angestellter“ versteht, ist jemand, der darauf wartet, dass man ihm sagt, was als nächstes passieren soll. Der Anstoß zur Veränderung muss von jemand anderem kommen, und das halte ich für einen ganz grundlegenden Trugschluss. Wenn ich mich aber als so etwas verstehe, wie ein existenzieller Unternehmer, dann warte ich auf gar nichts. Dann schaue ich mir an, was ich kann, was ich können könnte und wie ich das wo unterbringen kann. Das heißt, die Initiative liegt in jedem Fall ganz bei mir. Ich merke ganz oft in meiner Arbeit mit Klienten, dass so ein Perspektivenwechsel etwas enorm Befreiendes hat.

Ihr Vortrag steht unter dem Titel „Berufliche Machtspiele zwischen Männern und Frauen“. Was dürfen die Besucher erwarten?

Modler: Es wird darum gehen, was in vielen Betrieben und am Arbeitsplatz abläuft, was mit sachlichen Inhalten überhaupt gar nichts zu tun hat, aber sehr oft karriereentscheidend ist. Das sind eben diese Machtspiele. Es gibt Leute, denen ist die Frage, wo ihre Position in der innerbetrieblichen Hierarchie ist, ungeheuer wichtig. Sachliche oder inhaltliche Fragen kommen erst auf Platz drei, vier oder fünf.

Das klingt nach Platzhirsch.

Modler: Die Art, wie diese Menschen kommunizieren, nennt sich „vertikale Kommunikation“. Das ist eine Kommunikation von oben nach unten oder von unten nach oben, bei der es vor allem um die Frage geht: Wo ist mein Platz in dieser Rangordnung? Wenn irgendetwas verhindert, dass diese Rangordnung klar ist, dann hat das sehr oft zur Konsequenz, dass diese Leute völlig blockieren. Wenn man die Rangordnung klärt, fühlen sie sich sicher und können zur ganz großen Form auflaufen.

Und in diesem vertikalen System kommunizieren vor allem Männer?

Modler: Ein großer Teil sind Männer, aber nicht ausschließlich. Es gibt auch vertikal kommunizierende Frauen. Dem gegenüber steht ein ganz anderes System: ein „horizontales Kommunikationssystem“. In diesem System spielen Rang- und Revierfragen überhaupt keine Rolle, sondern es wird fast egalitär kommuniziert. Bei dem Kommunikationsmodell geht es also mehr um Zugehörigkeit und inhaltliches Interesse. Es wird nicht überraschen, dass viele Frauen zu diesem System gehören.

Was war Ihre Motivation, sich als Unternehmensberater mit dem Thema auseinanderzusetzen?

Modler: Wenn diese zwei Systeme in einer Firma aufeinandertreffen, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die beiden aneinander vorbei kommunizieren. Das ist eine ungeheure Verschwendung von Intelligenz, Know-how und Motivation, die sich eine Firma nicht leisten kann. Das ist auch für mich der Hauptgrund, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, nämlich aus wirtschaftlichen Gründen.

Ihr Buch „Das Arroganzprinzip“ ist ein Bestseller, und Sie bieten Arroganztraining für Frauen an. Ist Arroganz nicht erst einmal etwas Negatives und Unsympathisches?

Modler: Das ist nur negativ besetzt in einem horizontalen Kotext, in einem vertikalen ist das nicht so einfach. Ich empfehle auch nicht Arroganz als Lebenshaltung, sondern empfehle sie dann, wenn die andere Seite mich arrogant behandelt. Dann sollte ich versuchen, so etwas wie eine Waffengleichheit herzustellen. Wenn ich das Gefühl habe, jetzt haben wir Gleichstand, dann kann ich die Arroganz auch wieder wegpacken.

Was lernen die Frauen konkret in den Seminaren?

Modler: Das ist ein Tag, an dem Frauen in Führungspositionen aus allen Branchen zusammenkommen. Ich engagiere dafür einen männlichen Sparringspartner, der von mir in keiner Weise speziell ausgesucht und vorbereitet wird. Der wird erst in den Raum gebeten, wenn eine der Frauen eine Szene erzählt, unter der sie gelitten hat und bei der ein männlicher Kollege beteiligt war. Dann wird die Szene nachgespielt, und das Faszinierende ist, dass sich dieser völlig unvorbereitete Typ fast immer von Anfang an so verhält wie der Typ damals.

Aus welchen Gründen besuchen die Frauen Ihr Training?

Modler: Es gibt die unterschiedlichsten Beweggründe. Es gibt Teilnehmerinnen, die darunter leiden, dass sie in ihrer Karriere überhaupt nicht weiterkommen, obwohl sie arbeiten wie die Wahnsinnigen. Die kommen genauso wie andere, die wissen wollen, wie man es stoppt, wenn die Männer am Arbeitsplatz dauernd sexistische Witze machen. Oder es kommen welche, die sind sich unsicher, welches Outfit das angemessene in ihrer beruflichen Rolle ist.

Was raten Sie jungen Frauen, die erst noch in Führungspositionen aufsteigen wollen?

Modler: Was sie verstehen sollten, ist, dass es keinen zwangsläufigen Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und Karriere gibt. Das ist eine Mythologie, die an den Schulen und Hochschulen gerne gepflegt wird. Es gibt eine große Menge hervorragend ausgebildeter Frauen, die Höchstleistungen erbringen, aber nur so eine Art Hilfskraft bleiben. Dass diese Leistung anerkannt wird, dafür muss ich dann schon selbst sorgen.

Sind Frauen zu bescheiden?

Modler: Das kommt auf den Arbeitskontext an. Wenn ich in einem horizontalen System arbeite, kann das okay sein. Wenn ich aber in einem vertikalen System arbeite, dann ist das eine Katastrophe. Umgekehrt natürlich genauso.

Was sollte man bei der Jobbewerbung aus Ihrer Sicht beachten?

Modler: Ich muss vor der Bewerbung recherchiert haben, wie dort wahrscheinlich kommuniziert wird. Wenn dort vertikal kommuniziert wird, dann muss ich schon im Anschreiben auf den Putz hauen. Andernfalls werde ich nur sachlich im Lebenslauf rausstellen, was ich schon Großartiges gemacht habe. Das wird je nach Kontext anders gelesen werden.

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