Tüftler in Sankt Augustin Der Strom gibt "Carina" die Power

SANKT AUGUSTIN · Studenten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg haben einen Elektro-Rennwagen entwickelt, gebaut und getestet.

 Stolze Rennsport- Ingenieure: (von links) Benedikt Lenzgen, Elena Schulz und Tobias Haedecke.

Stolze Rennsport- Ingenieure: (von links) Benedikt Lenzgen, Elena Schulz und Tobias Haedecke.

Foto: HOLGER ARNDT

"Carina" genießt viel Aufmerksamkeit und Pflege, reist gern durch Europa, zickt manchmal aber auch etwas herum. Doch ist "Sie" derzeit in ihrem Element, wissen ihre Macher und Unterstützer, dass sich jede Mühe gelohnt hat. "Carina", das ist der G15e, der zweite Elektro-Rennwagen, den die Studenten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg für die Formula Student entworfen haben. Kein großer Hauptsponsor, kein renommierter Rennstall und kein millionenschwerer Fahrer, sondern ausnahmslos Studenten haben das Fahrzeug entworfen, gebaut und in den vergangenen Wochen bereits auf dem Red Bull Ring im österreichischen Spielberg, dem Circuit de Barcelona-Catalunya und dem Hockenheimring ins Rennen geschickt.

Wer beim Studentenrennsport das Bild einer Seifenkiste im Kopf hat, täuscht sich gewaltig: Im knapp drei Meter langen G15e mit Carbonfaser-Monocockpit steckt modernste Technik. Die Kraft des 109 PS starken Elektromotors mit 240 Newtonmetern Drehmoment bringt eine selbstprogrammierte Steuerung über ein drehmomentabhängiges Lamellensperrdifferential auf die neuen 10-Zoll-Aluminiumräder.

Letztere sind im Rahmen einer Bachelorarbeit eines Studenten und in Kooperation mit der Otto Fuchs KG - einem in Luft- und Raumfahrt sowie der Automobilwelt tätigen Global Player - entstanden. "Das ist nur eines von vielen Beispielen, wieviel Wissenschaft, Wirtschaft und Leidenschaft im G15e stecken", sagt Team-Captain Benedikt Lenzgen.

2007 gründete sich in der Hochschule der Verein BRS Motorsport, 2009 schickte man ein erstes Rennauto mit Holzrahmen und Verbrennermotor ins Rennen. Die Vorbereitungen für den ersten Elektrorennwagen begannen im Jahr 2013. "Das wurde damals auch von der Industrie gefordert", erklärt Elektrotechnikstudent. Lenzgen. "Schon die erste Version aus dem Jahr 2014 war gleich richtig erfolgreich. In der Formula Student Italy holten wir den dritten Platz im Gesamtrang," erinnert sich Teammitglied Tobias Haedecke, Masterstudent der Mechatronik, noch genau und erklärt die Besonderheit des Studentenrennsports: "Die Formula Student ist ein Konstruktionswettbewerb, bei dem es auch darum geht zu verstehen, was man baut.

Lohn für die Mühen

Es gibt verschiedene Disziplinen. Bei den dynamischen Events geht es um Beschleunigung, um einen Rundkurs auf Zeit, aber auch um Ausdauerfahrten und Kraftstoffeffizienz." Bei den "statischen Events" können die Studenten mit ihrem schriftlich ausgearbeiteten Fahrzeugkonzept, einer umfangreichen Kostenberechnung sowie einem Geschäftsplan für ein fiktives Rennsportunternehmen Punkte fürs Team sammeln. "Diese Disziplinen hatten wir in den letzten Jahren oft vernachlässigt", resümiert Informatik-Masterstudentin Elena Schulz selbstkritisch: "Doch das Schöne an der Formula Student ist, dass Studenten auch aus nicht-technischen Fachbereichen mitarbeiten können und jeder Einzelne mit seinem Wissen zum Teamerfolg beitragen kann."

Viel Erfahrung und Fachwissen über den Lehrplan hinaus, das sei der Lohn für die Mühen, erklärt die angehende Informatikerin: "Wir sind sehr wissenschaftlich und auch wie ein kleines Unternehmen aufgestellt. Teamleitung, Personalführung, Papierkram und auch Krisenmanagement gehörten dazu."

Und natürlich auch die Suche nach Sponsoren, ergänzt Teamcaptain Benedikt Lenzgen. Namhafte Firmen aus dem Maschinen- und Automobilbau unterstützen das Team mit Know-how, Bauteilen und Technik. "In der Industrie ist die Formula Student absolut anerkannt. Die Unternehmen wissen, was das bedeutet, wenn man dort aktiv war," erklärt der Elektrotechnikstudent: "Manche Unternehmen vergleichen das mit ein bis zwei Jahren Berufserfahrung. Zugleich knüpfen wir Kontakte, etwa für Praxissemester."

Im Gegenzug informieren die Studenten regelmäßig über technische Fortschritte, stellen ältere Rennwagen oder auch ihren Simulator für Firmenevents und Messen zur Verfügung. Ihre Freizeit investieren die Rennsportler für ihr Team gern. "Das ist einfach Leidenschaft, die das Team packt. Das ist unser Hobby, manchmal sind wir auch wie eine kleine Familie."

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