Kampf der Egomanen „Der Mentor“ kann in Sankt Augustin nicht überzeugen

SANKT AUGUSTIN · Gleich beim ersten Treffen zeichnet sich ab, dass es alles andere als harmonisch zugehen wird in Daniel Kehlmanns Stück „Der Mentor“, mit dem die Komödie Am Kurfürstendamm Berlin am Samstagabend zu Gast in der Aula des Rhein-Sieg-Gymnasiums war.

 Ein vernichtendes Urteil fällt Benjamin Rubin (Achim Wolff, links) über das Werk von Martin Wegner (Andreas Christ).

Ein vernichtendes Urteil fällt Benjamin Rubin (Achim Wolff, links) über das Werk von Martin Wegner (Andreas Christ).

Foto: Paul Kieras

Eine Kulturstiftung hat den Altdramatiker Benjamin Rubin (Achim Wolff), 65 Jahre alt, und den aufstrebenden Jungdramatiker Martin Wegner (Andreas Christ) zu einem Mentor-Projekt eingeladen. Während einer Woche soll Rubin dem jüngeren Kollegen Tipps und Anregungen für dessen neues Stück „Namenlos“ geben.

„Ich bekomme 10.000 Euro, um Ihnen zu sagen, was ich denke“, stellt Rubin klar, der selbst mit 24 Jahren das Theaterstück „Der lange Weg“ geschrieben hat und damit zum Literaturstar geworden ist. Seit 40 Jahren hat er aber nichts Vergleichbares zustande gebracht, hält sich mit trivialen Filmdrehbüchern über Wasser. Eingelassen haben sich die Schriftstellerlegende und Wegener auf das einwöchige Experiment nur des Geldes wegen. Und so sitzen sie nun zusammen in einer abgeschiedenen Villa auf dem Land, umgeben von einem Tümpel voller Frösche, Martins attraktiver Frau Gina (Anja Gräfenstein) und dem fürsorglichen Herrn Wangenroth (Oliver Dupont) von der Kulturstiftung, der eigentlich selbst lieber Künstler wäre, als Rubins Allüren zu ertragen und ihn wie sein Diener zu hofieren.

Es kracht gewaltig zwischen dem abgehalfterten Altmeister und der hoffnungsvollen „Stimme einer Generation“, wie ein Online-Magazin Wegner nennt. „Es taugt überhaupt gar nichts, das heißt nicht, dass Sie vielleicht nicht begabt sind. Man merkt es nur nicht“, stichelt Rubin genüsslich und lässt den jüngeren Kollegen fast an sich selbst zweifeln, zumal auch die eigene Frau nicht von seinen Fähigkeiten überzeugt scheint.

Harte Konkurrenz zweier Egomanen

Auf die Frage ihres Mannes, ob sie glaube, er sei ein guter Schriftsteller, antwortet sie: „Du könntest einer werden.“ Noch mehr fuchst den aufstrebenden Literat, dass Gina Rubin bewundert. Der verteilt weiter bei jeder passenden Gelegenheit seine Boshaftigkeiten. „Das ist Ohne-Poesie – ohne Anfang und ohne Ende“ lässt er Wegner wissen. Der Streit der beiden eskaliert. Es geht nun nur noch um harte Konkurrenz zweier Egomanen, nicht nur um das Werk Wegners, sondern schließlich auch um die Gunst Ginas, um die auch Rubin buhlt.

„Der Mentor“, der den Kulturbetrieb und das Theaterwesen satirisch beleuchtet, geht allerdings wenig in die Tiefe. Das Stück kratzt höchstens an der Oberfläche. Sätze wie „Kunst ist subjektiv“ reichen da nicht aus. Überflüssig und wenig glaubhaft wirkt der Flirt zwischen Rubin und Gina. Scheinbar war Rubins vernichtende Kritik lediglich ein Manöver, um der jungen Frau zu gefallen. Das ist dann wirklich zu platt.

Neid und Eifersucht in der Welt der Kunst und Kultur und auch die Rivalität zwischen Alt und Jung, Erfolg und Misserfolg als Motiv hätten genug Stoff geliefert. Letztlich wirkt die Geschichte seicht und kann nicht überzeugen. Sie plätschert dahin und bedient gängige Klischees aus der Machowelt. Die Schauspieler – Wolff ist auf der aktuellen Tournee für Volker Lechtenbrink eingesprungen – können dagegen überzeugen; allerdings wirken sie in ihren Rollen unterfordert. Zum Schluss gibt es artigen Applaus.

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