Prozess gegen Sankt Augustiner Todesraser Der Bruder gibt dem Angeklagten ein Alibi

Sankt Augustin/Bonn · Der mutmaßliche Todesraser von Sankt Augustin kämpft seit Mittwoch vor der Berufungskammer des Bonner Landgerichts gegen die Verurteilung an.

Im April wurde der 43-Jährige vom Siegburger Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung eines 74-jährigen Fußgängers, Straßenverkehrsgefährdung und Unfallflucht zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Mit Verzögerung beginnt nun der Prozess vor der 6. Kleinen Bonner Berufungskammer, und das nicht nur, weil der Verteidiger im Stau gesteckt hatte: Der Angeklagte weigert sich, den Gerichtssaal zu betreten, wo Fotografen und Fernsehleute mit ihren Kameras auf ihn warten. Schließlich kommt er doch herein, geführt von seinem Anwalt, der ihm seine Robe über den Kopf gestülpt hat.

Als die Verhandlung beginnt, stellt der Verteidiger klar: Sein Mandant wird an diesem ersten Tag noch nichts sagen zu den Vorwürfen. Und die wiegen schwer: Der 43-Jährige soll am 18. Dezember 2013 mit dem Wagen seines Schwagers über die B 56 Richtung Siegburg gerast sein, an der Einmündung Sandstraße in Sankt Augustin mehrere vor einer roten Ampel wartende Fahrzeuge auf der Linksabbiegespur überholt und beim Wiedereinscheren einen 74-jährigen Rentner auf dem Fußgängerüberweg erfasst haben. Der Senior wurde fast 50 Meter durch die Luft geschleudert und starb noch am Unfallort.

Der Todesfahrer aber flüchtete. Und die Suche nach ihm gestaltete sich nicht zuletzt deshalb so schwierig, weil der Schlüssel zu dem Fahrzeug, das erst Stunden nach dem tödlichen Unfall in einer Seitenstraße gefunden wurde, nicht nur dem Halter des Wagens, sondern auch seinen drei Schwägern zur Verfügung stand. Einer davon der Angeklagte. Und der blieb nach einigen Wirrungen schließlich als Hauptverdächtiger übrig, weil der zunächst verdächtigte Autohalter erklärte, er habe an dem Tag die Schlüssel dem Angeklagten gegeben.

Der verteidigte sich zwar damit, er habe das Auto gar nicht gefahren zu dem Zeitpunkt, da er es zwecks TÜV-Abnahme einem anderen übergeben habe. Verurteilt wurde er dennoch, denn an seinem Pullover wurden Glassplitter der zersplitterten Frontscheibe des Unfallwagens gefunden. Doch der Mann, Mitglied einer Großfamilie, bestreitet die Tat nach wie vor. Und an diesem ersten Prozesstag vor dem Landgericht gibt ihm nun einer seiner Brüder, der noch vor dem Amtsgericht Siegburg die Aussage verweigert hatte, ein Alibi: Der 41-Jährige erklärt, er habe seinen Bruder knapp 20 Minuten vor dem tödlichen Unfall vor der gemeinsamen Wohnung im Haus an der Ankerstraße in Sankt Augustin-Menden gesehen. Und nach der Verabschiedung sei der Angeklagte zu Fuß weg gegangen.

In dem Prozess, der auf sieben Verhandlungstage terminiert ist, sollen zahlreiche Zeugen gehört werden.

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