Interview mit Dominique Horwitz "Das Schreiben erdet mich am meisten"

Sankt Augustin · Dominique Horwitz spricht vor seinem Auftritt in Sankt Augustin im Interview über seine Rolle als vielseitiger Künstler.

 Er singt, er schreibt, er spielt: Der Schauspieler Dominique Horwitz ist ein vielseitiger Künstler.

Er singt, er schreibt, er spielt: Der Schauspieler Dominique Horwitz ist ein vielseitiger Künstler.

Foto: Ralf Brinkhoff

Vielfalt ist nicht nur ein großes Glück", sagt Dominique Horwitz, der in vielen künstlerischen Bereichen erfolgreich tätig ist. Als Schauspieler, Sänger und neuerdings als Schriftsteller ist er sich dabei der Verantwortung bewusst, die es bedeutet, als Künstler vor ein Publikum zu treten. Mit dem Zwei-Personen-Theaterstück "Rot", das sich um die Künstler-Persönlichkeit Mark Rothko dreht, steht Horwitz mit Benno Lehmann am Samstag, 16. Januar, 20 Uhr in Sankt Augustin auf der Bühne in der Aula des Rhein-Sieg-Gymnasiums. Warum dieses Stück für Horwitz von ganz persönlicher Bedeutung ist und was es heißt, "kein perfekter Künstler, Vater oder Ehemann" zu sein, verriet Horwitz im Gespräch mit Susanne Haase-Mühlbauer.

Was fasziniert Sie an der energiegeladenen Hauptfigur des Mark Rothko, den Sie darstellen?
Dominique Horwitz: Seine bedingungslose Leidenschaft der Kunst gegenüber. Das Stück spricht genau die Themen an, die mich umtreiben und die Fragen, die sich mir auch nachhaltig immer wieder stellen. Welchen Preis bin ich bereit für das zu zahlen, was die Kunst mir an Glücksmomenten gibt? Was bin ich bereit, meinem Leben im Allgemeinen abzufordern? Alles zu geben, fühlt sich entschieden härter an, als es klingt. Rothko steht für die Konsequenz und den Mut, für die Kunst tatsächlich alles zu geben, auch wenn es manchmal sehr weh tut. Wenn man das Wort Kunst durch "Leben" ersetzt, begreift man, dass es um die eigene Existenz geht.

Sie spielen das Stück zusammen mit Benno Lehmann bereits seit ein paar Jahren. Haben Sie für sich denn Antworten auf diese Fragen gefunden?
Horwitz: Schön wär's. Das geht leider nicht so einfach. In der Kunst gibt es nicht die Kategorien "Gut" und "Böse". Es gibt nicht "Schwarz" und "Weiß", also keine moralischen Schubladen. Es ist wie im wahren Leben. Man kann sich glücklich schätzen, wenn man sich auf der Ebene des "Richtig" und "Falsch" des Öfteren für das Richtige entscheiden durfte.

Also geht es um die Frage nach der eigenen Identität?
Horwitz: Genau. Und, soviel habe ich gelernt, die Beantwortung dieser Frage liegt im Wissen und Anerkennen des eigenen Versagens und garantiert nicht in dem Versuch, perfekt zu sein. Man kann weder ein perfekter Künstler, Vater, Ehemann noch Liebhaber sein. Wie erleichternd. Erst die Auseinandersetzung mit dem Versagen und das daraus folgende ständige Bemühen um Qualität retten uns aus diesem Dilemma. Im Leben wie in der Kunst.

Sie gehen sehr demütig mit Ihrem Künstlerdasein um und machen dieses "Bemühen" um die Kunst ja auf vielen Bühnen höchst erfolgreich. Als Sänger haben sie Chansons von Jacques Brel eingespielt und sind auch Schriftsteller. Wo sehen Sie ihren Schwerpunkt?
Horwitz: Das ganze Leben ist voller Zufälle, die letztlich keine sind. Ohne dass ich es gesucht hätte, bekam ich kurz nach dem Abitur die Möglichkeit, meinen ersten Film zu drehen. Und so ging es auch mit den anderen Künsten. Gesang, Regie und nun Schriftstellerei - das alles gehört zu mir, macht mich und mein Leben aus.

Sie haben mit großen Schauspielern und Regisseuren wie Joseph Vilsmaier und Dieter Wedel gedreht. Welche Begegnung hat Ihr Leben nachhaltig geprägt?
Horwitz: Ganz klar: Meine zweite Ehefrau. Ich habe sie bei Dreharbeiten vor 13 Jahren kennengelernt. Sie ist ein ganz außergewöhnlicher Mensch. Mit ihr hat sich mein Leben in die richtige Richtung entwickelt.

Wobei können Sie sich am besten entspannen?
Horwitz: Ich lese gerne Kurzgeschichten, weil sie am besten in meinen doch sehr eingetakteten Tagesplan passen, und als Musik liebe ich den Jazz oder Funk-Musik, bei der ich allerdings nicht lange still sitzen bleiben kann. So gesehen erdet mich das Schreiben am meisten. Beim Schreiben empfinde ich die größte Entspannung.

Sie haben gesagt, dass Sie keinen Stress damit haben, ein Jude zu sein oder abstehende Ohren zu haben. Sind Religion und Aussehen für Ihre Identität also nicht von Bedeutung?
Horwitz: Ich bin ein gläubiger Mensch, ohne religiös zu sein. Und das Aussehen macht bekanntermaßen nicht den Menschen aus.

Aber die Ohren sind doch so eine Art Markenzeichen?
Horwitz: Das mag sein. Auf jeden Fall hatte ich nie Probleme damit oder gar überlegt, etwas daran zu ändern. Es ist für mich in Ordnung, wenn sie sagen "Das ist der Schauspieler mit den abstehenden Ohren", genauso, wie es okay ist, wenn sie sagen "Der hat die Hauptrolle in Stalingrad gespielt". Hören würde ich aber lieber, wenn Sie sagten, das ist der Schauspieler, der "Tod in Weimar" geschrieben hat.

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