Flugplatz Hangelar Bürger Rolf-Dieter Koberstein und Politiker Georg Schell im Streitgespräch

SANKT AUGUSTIN · Die Frage einer möglichen Start- und Landebahnverlängerung am Flugplatz Hangelar hat jüngst im Sankt Augustiner Rat für eine lange Debatte gesorgt - die immer noch nachhallt. Der Meindorfer Rolf-Dieter Koberstein, der sich mit dem Fluglärm auseinandersetzt, übte öffentlich Kritik an Georg Schell.

 Der Flugplatz Hangelar aus Perspektive eines Fliegers.

Der Flugplatz Hangelar aus Perspektive eines Fliegers.

Foto: Holger Arndt

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, zugleich vom Rat der Stadt bestelltes Aufsichtsratsmitglied der Flugplatzgesellschaft, will die Option einer Verlängerung erhalten. Der GA brachte beide an einen Tisch.

Herr Koberstein, Sie haben die Aussage von Herrn Schell im GA kritisiert. Demnach würden Flugzeuge in Hangelar im Falle einer Startbahnverlängerung schneller an Höhe gewinnen, wodurch Lärmimmissionen reduziert werden können. Was stört Sie daran?
Rolf-Dieter Koberstein: Eine längere Start- und Landebahn führt nicht automatisch dazu, dass die Flugzeuge schneller auf Höhe sind. Im Gegenteil. Je kürzer die Startbahn, desto steiler ist der Anstieg der Flugzeuge, desto weiter sind sie von der Wohnbebauung weg.
Georg Schell: Das Missverständnis lag im Artikel, durch den der Sachverhalt verkürzt wiedergegeben wurde. Es ging in der mehr als einstündigen Diskussion im Rat unter anderem um die Auswirkungen einer längeren Start- und Landebahn auf Häuser, die an der Danziger Straße stehen - einer Gegend, die von den Startphasen am meisten betroffen ist. Bei einer längeren Startbahn wäre es möglich, dass Flugzeuge früher abheben, bezogen auf das Beispiel Danziger Straße, früher an Höhe gewinnen und so die Lärmimmissionen reduziert würden. Dort wäre dann jeder Start um ein bis zwei Dezibel leiser. Das ist bei etwa 10.000 Starts im Jahr in diese Richtung eine Entlastung.
Koberstein: Gut, diesen Punkt kann ich nachvollziehen. Aber: Es kommt ja auch immer darauf an, wie sich der Pilot verhält.
Schell: Man sollte nicht zu negativ über die Piloten denken. Wenn man die Start- und Landebahn ausbaut, verlängert sie sich in Richtung des neuen Niederbergs um 130 Meter und in Richtung Menden/Meindorf/Geislar um 270 Meter. Dann würden auch die Zuwegungen an die jeweiligen Enden gebracht. Da rollt doch kein Pilot erst einmal 200 Meter an, um dann Vollgas zu geben. Jedenfalls nicht im Normalfall. Ich will natürlich nicht ausschließen, dass es Ausnahmen geben könnte. Die meisten aber geben gleich am Anfang Gas und gewinnen schnell an Höhe. Dies kann man auch schon aktuell am Flugplatz beobachten
Koberstein: Wenn das so ist, reicht doch die jetzige Lösung. Bei einer längeren Startbahn hat ein Pilot mehr Strecke vor sich. Die wird er ausnutzen. Ich kenne den Flugplatz Dortmund-Wickede gut. Die Start- und Landebahn war früher nur auf Flieger wie in Hangelar ausgerichtet, wurde dann aber sukzessive auf 1600 Meter verlängert. Heute brettern Urlaubsflieger über die Dächer. In dem Moment, in dem eine Verlängerung kommt, führen wirtschaftliche Interessen dazu, dass auch größere Maschinen den Flugplatz über kurz oder lang nutzen dürfen.
Schell: Moment! Da muss man sich die Beschlusslage genau ansehen. Der Rat hat 2005 nicht beschlossen, dass die Start- und Landebahn ohne Wenn und Aber verlängert werden soll. Damit waren die Bedingungen verknüpft, dass nicht mehr Lärm entsteht und dass Landeszuschüsse fließen. Nun will das Land derzeit aber gar keine Zuschüsse mehr gewähren. Insofern kann der Beschluss von 2005 aktuell nicht umgesetzt werden.
Koberstein: Naja, ob sich die Politik daran hält! Daran habe ich so meine Zweifel.
Schell: Zugegeben: Grundsätzlich kann ein Rat frühere Beschlüsse revidieren. Nach dem aktuellen Stand ist es mir aber als Aufsichtsratsmitglied in der Flugplatzgesellschaft, meinem Stellvertreter und dem Augustiner Vertreter in der Gesellschafterversammlung nicht erlaubt, für eine Start- und Landebahnverlängerung zu stimmen. Abgesehen davon: Ohne die Landeszuschüsse wäre das aus Sankt Augustiner Sicht auch gar nicht finanzierbar.
Koberstein: Da haben wir es: Sie halten an etwas fest, was nicht notwendig ist und nur Geld kostet.
Schell: Nein. Da gibt es noch ein anderes Argument: den Sicherheitsaspekt. Es ist denkbar, dass in Zukunft strengere Auflagen für Flugplätze gelten. Dazu gibt es schon diverse Ausarbeitungen früherer Landesregierungen und übergeordneter Flugsicherungsinstitutionen. Dann müsste die Start- und Landebahn schon deshalb verlängert werden, damit die Flugzeuge, die heute in Hangelar starten und landen, das auch in Zukunft tun dürfen. Das wollen wir sicherstellen.
Koberstein: Sie berufen sich auf eine gesetzliche Regelung, die es noch gar nicht gibt. Deshalb kann alles beim Alten bleiben. Also können Sie doch einen Beschluss herbeiführen, wonach Sie heute auf die Verlängerung verzichten. Wenn irgendwann ein Gesetz den Ausbau fordern sollte, müssen Sie eh einen neuen Beschluss fassen. Setzen Sie jetzt ein Zeichen, dann punkten Sie bei den Bürgern.
Schell: Im Gegenteil, damit würde man den Bürgern nur Sand in die Augen streuen - weil dann der Eindruck entsteht, dass eine Landebahnverlängerung für alle Zeiten ausgeschlossen ist. Wir müssen uns diese Option offen halten für den Fall, dass sich die Haltung des Landes ändert - um dadurch unter anderem die Lärmentlastung im Bereich Danziger Straße zu erreichen.

Themenwechsel. Auch bei den Bemühungen um den Lärmschutz sind sie kritisch, Herr Koberstein. Wieso?
Koberstein: Ich habe fast alle Bürgerversammlungen zu diesem Thema besucht und dabei den Eindruck gewonnen, dass die Flugplatzgesellschaft und der Aufsichtsrat an Lärmmessungen nicht ernsthaft interessiert sind. Man hat zur Überprüfung der Platzrunde ein untaugliches Lasermessgerät angeschafft, das nicht richtig funktioniert. Das hat 20 000 Euro gekostet. Für das selbe Geld hätte man für ein halbes Jahr eine mobile Lärmmessstation einrichten können, die vom TÜV betrieben wird.
Schell: Es ist sehr ärgerlich, dass das angeschaffte Messgerät noch nicht richtig funktioniert. Das wird aber hoffentlich bald der Fall sein. Ich würde aber grundsätzlich daran festhalten wollen. Man kann damit die ganze Platzrunde messen. So kann man nachvollziehen, wenn Piloten von der Platzrunde abweichen. Auf Grundlage dieser Daten könnte dann letztlich die Bezirksregierung Düsseldorf als Aufsichtsbehörde Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten. So eine Station, wie Sie sie vorschlagen, Herr Koberstein, hat dagegen einen entscheidenden Nachteil. Sie misst immer nur an einem bestimmten Punkt. Flugzeuge, die die Platzrunde nicht einhalten, würden durch das Fehlverhalten des Piloten sogar leiser gemessen.
Koberstein: Ich bleibe dabei: Wer wirklich etwas für den Lärmschutz tun will, der richtet eine Lärmmessstation ein, die von einer neutralen Instanz wie dem TÜV betrieben wird.

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