Ausmaß einer Tragödie Adriana Altaras zu Gast in Sankt Augustin

SANKT AUGUSTIN · Eigentlich wollte sie einen Roman übers Theater schreiben. Doch dann kam Adriana Altaras ihr die Geschichte von „Sissele“, der jüdischen Souffleuse, dazwischen und ließ sie nicht mehr los.

Zusammen auf dem Sofa: (von links) Claudia Arndt, Adriana Altaras und Susanne Kundmüller-Bianchini.

Zusammen auf dem Sofa: (von links) Claudia Arndt, Adriana Altaras und Susanne Kundmüller-Bianchini.

Foto: Holger Arndt

Ursprünglich wollte Adriana Altaras unbedingt einen Roman über ihre „dritte Familie“, das Theater, schreiben. Doch dann kam ihr die Geschichte von „Sissele“ dazwischen, die sie nicht mehr vergessen konnte. Die bewegende Lebensgeschichte der jüdischen Souffleuse Sissele sei ihr erzählt worden. „Man erzählt mir sowieso viel“, so Altaras.

So beginnt auch ihr neuer Roman „Die jüdische Souffleuse“, den sie am Montagabend in der Bibliothek der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin vorstellte. Die deutsch-jüdische Autorin, Schauspielerin und Regisseurin las bei der Lesereihe „Zu Gast auf dem Sofa“, die die Bibliothek gemeinsam mit der Bücherstube Sankt Augustin und mit Unterstützung des General-Anzeigers organisiert. Dieses Mal beteiligte sich zudem die Gedenkstätte Landjuden an der Sieg an der Veranstaltung. „Altaras Geschichten sind sehr heiter, haben aber auch ernste Stellen, die sie gut zu verpacken weiß“, sagte die Kreisarchivarin des Rhein-Sieg-Kreises, Claudia Arndt.

Im Gespräch mit Gastgeberin Susanne Kundmüller-Bianchini, der stellvertretenden Leiterin der Hochschul- und Kreisbibliothek, nahm Adriana Altaras ihre Leser mit auf eine Reise in die Theaterwelt. Mit viel Humor gelang es ihr, auch die ernsten Themen ihres Romans gut zu vermitteln. „Wenn es ganz schlimm wird, ist man witzig. Vielleicht hat das etwas Versöhnliches, oder man tut es, um die Grausamkeit besser auszuhalten“ so Altaras. In „Die jüdische Souffleuse“ hilft die Protagonisten Adriana Altaras der jüdischen Souffleuse „Sissele“, ihre Verwandten zu finden. Dabei besuchen sie unter anderem Konzentrationslager und das Archiv des International Tracing Service (ITS) in Bad Arolsen, wo Unterlangen über Opfer des Nationalsozialismus archiviert sind.

Sisseles Vater war Jude und wurde während der Nazi-Zeit im Sonderkommando als Häftling dazu gezwungen, die Ermordung der Deportierten vorzubereiten und im Anschluss daran die Leichen zu verbrennen. Er überlebt den Holocaust. Mit seiner Tochter „Sissele“ konnte er jedoch kein liebevolles Verhältnis aufbauen. „Diese Geschichte hat das Ausmaß einer Tragödie. Die Leute fragen mich immer, ob es wahr ist. Es ist wahr, und das ist das Entsetzliche daran“, sagte Altaras.

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