Appetit auf Wissenschaft "Wissen schmeckt" mit Hobby-Koch aus Sankt Augustin

Sankt Augustin · 33-Jähriger Wirtschaftswissenschaftler verbindet bei seiner Onlinesendung „Wissen schmeckt“ Kochen und Forschung miteinander. Zwei Staffeln sind bereits zu sehen.

 Der Wissenschaftler Argang Ghadiri (rechts) kocht mit Michael Hartmann von der German Graduate School of Management & Law.

Der Wissenschaftler Argang Ghadiri (rechts) kocht mit Michael Hartmann von der German Graduate School of Management & Law.

Foto: privat

Bei Argang Ghadiri prallen zwei Welten aufeinander. Er bringt in seiner Küche zusammen, was auf den ersten Blick wenig gemeinsam hat – das Kochen und die Wissenschaft. Da dienen Omas Rouladen als Beispiel dafür, wie Kompetenzen in der Arbeitswelt weitergegeben werden, oder der Rollmops als Erklärung für den chemischen Prozess der Fermentierung. Der wissenschaftliche Mitarbeiter der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin hat vor gut zwei Jahren die Online-Kochsendung „Wissen schmeckt“ ins Leben gerufen. Seither lädt er regelmäßig Wissenschaftler in seine Showküche ein, kocht mit ihnen und spricht über ihr aktuelles Forschungsthema. Das Ziel: Den Menschen die Wissenschaft schmackhaft zu machen.

„Wissenschaft ist manchmal trocken für den einen oder anderen“, sagt der 33-Jährige, der im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften forscht und an der Universität Duisburg-Essen promoviert. Aber mit weniger Theorie und abseits des Elfenbeinturms könne sie authentischer sein. Wenn man sie mit einem bekannten und sozialen Ort wie der Küche verknüpfe, gebe das einen ganz anderen Zugang dazu, sagt Ghadiri. Erklärt wird dabei nicht nur mit Worten und auf einer Tafel. Die Wissenschaftler nehmen auch die Zutaten und Töpfe zur Hilfe, wenn es nötig ist.

Die Idee für die Sendung kam ihm im Gespräch mit seinen Fachkollegen, mit denen er sich in der Freizeit zum Kochen traf und über Forschungsthemen diskutierte. „Das ist doch auch bestimmt für andere spannend, diese Gespräche zu verfolgen und Mäuschen zu spielen“, dachte er sich. Als Inspiration diente die Kochsendung „Alfredissimo“, die er bereits als kleiner Junge geschaut hatte. Dabei mochte er, wie Alfred Biolek „mit seinen Gästen auf charmante Art und Weise die Themen und Menschen darstellte“, sagt Ghadiri. „Das war nicht so plump wie so manche Sendung heute, sondern einfach mal ein unterhaltender Perspektivwechsel.“ Das wollte er auf die Wissenschaft übertragen. Also funktionierte er das Wohnzimmer seines Häuschens zum Kochstudio um.

Zugutekommt ihm nach eigenen Angaben, dass er sich nicht nur für Betriebswirtschaft, sondern für viele Felder interessiert. Das zeigt auch sein Lebenslauf. Er sei in Köln geboren, lebe in Dormagen, und seine Hobbys seien Kochen und Wissenschaft, nennt Ghadiri die Eckdaten. Die Langversion ist deutlich umfangreicher. Bevor es ihn 2007 zum Studium nach Sankt Augustin verschlug, hatte er bereits ein paar Semester Jura in Düsseldorf und Ökotrophologie an der Uni Bonn hinter sich. „Mein WG-Mitbewohner hat damals an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg BWL studiert“, sagt der 33-Jährige. „Ich habe seine Unterlagen gesehen und meine ganzen Vorurteile waren weg“, ergänzt er und lacht. Also schaute er sich die Hochschule genauer an, schlich sich sogar in Vorlesungen und schrieb sich schließlich ein. Nach seinem Bachelor zog es ihn zum Master an die Uni Duisburg-Essen, wo er jetzt auch promoviert, in Sankt Augustin arbeitet er weiterhin. „Mit der Hochschule habe ich damals die Richtung wiedergefunden“, so Ghadiri. „Aber es war nie etwas vergebens. Jetzt, wo es zusammenkommt, ergibt alles einen Sinn.“ Und so freut er sich sehr, wenn Physiker, Chemiker oder Biologen in seine Sendung kommen. „Weil es mich an die alte Zeit erinnert.“

In seinem Kochstudio plaudert der 33-Jährige mit seinen Gästen ganz locker über ihre Forschung. Während die Zutaten im Topf oder der Pfanne köcheln, erhalten die Zuschauer zudem einen Weintipp von Sommelier Hendrik Thoma und den einen oder anderen Küchentrick. Die Rezepte ergeben sich laut Ghadiri meist aus dem Thema, manchmal brächten aber auch die Wissenschaftler eigene Rezepte mit. Der Anspruch ist für ihn, die Wissenschaft zu erklären. Die Folgen könnten auch als kleine Vorspeise verstanden werden, sagt Ghadiri. „Sie machen Appetit auf mehr und wenn das klappt, ist unser Rezept aufgegangen.“

Zwei Staffeln von „Wissen schmeckt“ sind im Internet inzwischen erschienen. Die letzte ging an Weihnachten zu Ende und hatte schließlich 18 statt der zunächst geplanten zehn Folgen. Eine weitere ist in Planung, wann sie startet, verrät der 33-Jährige noch nicht. Seit dem vergangenen Jahr gibt es die Beiträge auch als Buch „Wissen schmeckt – Die Magie der Wissenschaften beim Kochen erklärt“ im renommierten Springer Verlag. Dort hatte Ghadiri zuvor seine Forschungsergebnisse publiziert. „Ich habe ihnen von der Sendung erzählt und sie sagten, vielleicht könnte ich ein Buch daraus machen. Dann ging der Spaß los.“ Das brachte ihn im vergangenen Jahr sogar zur Frankfurter Buchmesse – ein „Ritterschlag“, wie er sagt. Der Verlag half zudem bei der Suche nach Wissenschaftlern für die zweite Staffel der Sendung.

Dabei steht für ihn immer das Thema im Vordergrund, nicht der Wissenschaftler an sich. „Per se finde ich jedes Thema spannend. Ich würde am liebsten mit allen kochen“, antwortet Ghadiri auf die Frage, ob er einen besonderen Wunschgast habe. „Witzig wäre aber natürlich, wenn mal ein Nobelpreisträger mit mir in der Küche stehen würde.“

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