Flüchtlingsunterbringung in Sankt Augustin Flüchtlingsheim wird fast 600.000 Euro teurer

Sankt Augustin · Die Unterkunft „Am Schützenweg“ benötigt eine Außenanlage. Allein die Anwaltskosten für den problembehafteten Bau belaufen sich auf 91.000 Euro. Die Bauleitung hat wieder das städtische Gebäudemanagment übernommen.

 Betreten verboten: Erst im Oktober sollen die ersten Flüchtlinge in die Unterkunft „Am Schützenweg“ einziehen.

Betreten verboten: Erst im Oktober sollen die ersten Flüchtlinge in die Unterkunft „Am Schützenweg“ einziehen.

Foto: Holger Arndt

Die Flüchtlingsunterkunft auf dem alten Sportplatz „Am Schützenweg“ in Niederpleis wird wohl 571.500 Euro teurer als geplant. Das geht aus der Vorlage zum Haupt- und Finanzausschuss (Hafa) am Montag hervor. Demnach muss – anders als vorgesehen – der Außenbereich für 308.500 Euro ertüchtigt werden. Zudem fallen Kosten von 263.000 Euro an, unter anderem 91.000 Euro für die von der Stadt eingeschaltete Anwaltskanzlei Luther. Sie berät die Stadt unter anderem bei der Fertigstellung des Baus, der in der Ausführung und auch verwaltungsintern erhebliche Probleme offenbarte und sich zum Problemprojekt entwickelte. Die Gesamtkosten liegen damit bei rund 3,1 Millionen Euro, veranschlagt waren 2,5 Millionen Euro. Der GA beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist das Problem?

Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) hatte im Juni im Bericht zur „Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen“ gravierende Versäumnisse der Verwaltungsspitze um Bürgermeister Klaus Schumacher moniert – unter anderem, dass Schumacher Zahlungen an die Baufirma ohne Mitzeichnung angewiesen hatte, obwohl das RPA Bedenken äußerte. Die Anwälte sagten später, dass Schumacher sich an den Zahlungsplan halten musste. Zudem bemängelte das RPA die fehlende fachtechnische Prüfung. Im Gegensatz zur üblichen Praxis war nicht der Fachbereich 9 (FB 9), das Gebäudemanagement, zuständig, sondern die Stabsstelle Flüchtlinge in der Verantwortung von Sozialdezernent Marcus Lübken und Flüchtlingskoordinator Peter Tielke.

Wer hat aktuell bei der Stadt die Verantwortung für die Baustelle?

Das Gebäudemanagement. Die Verwaltung hat damit ihre Aufgabenteilung korrigiert: Zunächst hatte der FB 9 wegen Überlastung die Leitung abgelehnt, doch seit Mitte Juli hat er übernommen. Verantwortlich ist Leiter Alexander Weiser.

Die Anwaltskanzlei verfasst einen Bericht. Warum?

Sie soll die vom RPA aufgelisteten Mängel innerhalb des Rathauses aufklären.

Liegt der Bericht vor?

Nach Angaben der Stadt nicht. Aber die Kanzlei hat laut Stadtsprecherin Eva Stocksiefen einen Bericht abgegeben, zu dem das RPA noch „Hinweise zur Sachverhaltsaufklärung“ geben kann. Heißt: Wenn die eingepflegt sind, gilt die Analyse wohl als fertig.

Wer erhält ihn?

Alle Ratsmitglieder. Er wird laut Stocksiefen in Auszügen im Hafa am 28. September öffentlich behandelt. Vorher will die Stadt sich nicht äußern.

Was kostet der Bericht?

Das werde derzeit noch ermittelt, teilte Stocksiefen mit. Spätestens nächsten Montag präsentiere die Stadt das Ergebnis im Hafa.

Was macht die Anwaltskanzlei noch?

Sie begleitet die Verwaltung laut Stocksiefen unter anderem juristisch bei der Aufarbeitung der Baumängel. Zudem berät sie die Stadt, „die Baumaßnahme ordnungsgemäß und zeitnah fertigzustellen“.

Was kostet diese Beratung?

Noch liegen laut Stadt nicht alle Kosten vor. Stand jetzt geht Stocksiefen von 91.000 Euro aus.

Wer übernimmt die Kosten?

Zunächst die Stadt. Stocksiefen teilte mit: „Inwieweit die Kosten für die Begleitung der Baumaßnahme dem Auftragnehmer (also der ausführenden Baufirma, Anm. d. Red.) in Rechnung gestellt werden können, wird noch geprüft.“

Gibt es noch weitere Kosten?

Ja, etwa für die beauftragten Sachverständigen. Sie liegen bei 21 500 Euro. Auch das Ingenieurbüro, das die mängelfreie Fertigstellung sichern soll, kostet 36.000 Euro.

Besteht ein Interessenkonflikt, weil die Kanzlei auf der einen Seite Fehler innerhalb der Verwaltung aufarbeiten soll, aber auf der anderen Seite die Stadt bei der Baumaßnahme berät?

Stocksiefen sagte: „Nein, wir sehen keine Interessenkonflikte.“

Die SPD hatte wegen des RPA-Berichts Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Schumacher eingereicht. Liegt ein Ergebnis vor?

Nein. Kreissprecherin Rita Lorenz sagte: „Die Prüfung läuft noch.“

Wie weit ist der Bau?

Im Oktober sollen die ersten Flüchtlinge einziehen, gut sieben Monate später als geplant. Mittlerweile sind die fünf Häuser nicht mehr als Landesnotunterkunft gedacht, weil das Land NRW keinen Bedarf mehr hat. Stattdessen bringt die Stadt dort Flüchtlinge unter.

Warum kostet der Bau mehr?

Eine neue Außenanlage war nicht vorgesehen, doch der alte Sportplatz weist unter anderem einen hohen Niveaunterschied auf. Insgesamt soll das die Stadt 308.500 Euro kosten, der Rat stimmte per Dringlichkeitsentscheid zu. Die Mittel will die Stadt an anderer Stelle einsparen. Das ist möglich, weil mittlerweile weniger Flüchtlinge als geplant kommen.

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