Kapellenplatz in Sankt Augustin Ein Ort mit bewegter Geschichte

SANKT AUGUSTIN · Glas- und Altkleidercontainer, Unrat und parkende Autos auf zerklüftetem Asphalt. Auf dem Kapellenplatz in Mülldorf erinnert heute kaum noch etwas an dessen bewegte Geschichte. Um 1582 soll im Ort bereits an anderer Stelle, am Fronhof, eine Kapelle gestanden haben.

 Nur noch ein Parkplatz: Der Kapellenplatz an der Kreuzung Bonner Straße (B56)/Meerstraße in Mülldorf.

Nur noch ein Parkplatz: Der Kapellenplatz an der Kreuzung Bonner Straße (B56)/Meerstraße in Mülldorf.

Foto: Holger Arndt

Als 1635 ein verheerendes Hochwasser das Siegtal überflutete und der Fluss sich ein neues Bett suchte, wurde der Fund des Kirchturmhahns, zweier Altarsteine und der Mauerreste - und damit der Kapellenstandort selbst - erstmals schriftlich dokumentiert.

Am 25. April 1705 legte Pfarrer Gabriel Blum aus Niederpleis den ersten Stein zu der neuen, zweiten Kapelle an der Ostseite des heutigen Kapellenplatzes. Mülldorf sah damals freilich noch anders aus. Dort, wo es heute zur Siegbrücke geht, standen noch landwirtschaftliche Höfe. Die heutige Bonner Straße, damals noch Provinzialstraße, knickte von Bonn kommend nach rechts vorbei und über den Kapellenplatz ab. Am 2. Juli 1710, am Tag von "Mariä Heimsuchung", feierte man die Einsegnung der Kapelle.

Über die Jahre profitierte die Kapelle in (damals noch) Siegburg-Mülldorf von der Nähe zur Siegburger Abtei. Als Napoleon 1803 das Kloster auf dem Michaelsberg auflösen ließ, kamen auch - und zum Teil geheim - zahlreiche Reliquien wie die der heiligen Apostel Paulus und Judas, der Heiligen Stephanus, Blasius und Gregor sowie der Heiligen Apollonia nach Mülldorf. Zum Patrozinium Apollonias, die als Schutzpatronin der Zahnkranken galt, zogen einst stets am 9. Februar viele Gläubige aus dem Umland nach Mülldorf.

Als die Kapelle 1872 baufällig wurde, trug man das Bauwerk ab, um an gleicher Stelle einen Neubau zu errichten. Als Pfarrer Gottfried Salz die Kapelle 1936 übernahm und sie renovierte, wurde es spannend: In zwei Nischen über den Seitenaltären eingemauert, fand man zahlreiche Reliquien aus der Siegburger Abtei, darunter auch eine in weißer Umhüllung verpackte Hauptreliquie des Heiligen Gregors.

Lange währte die Freude der Renovierung allerdings nicht. Es mangelte an Platz für die rasch wachsende Gemeinde. So erfolgte am 19. März 1938 der Spatenstich für die Pfarrkirche in der damaligen Schulstraße, der heutigen Gottfried-Salz-Straße. Bereits am 18. Dezember des gleichen Jahres feierte man die Einweihung der Kirche; wenige Tage später, am zweiten Weihnachtstag, nahm man Abschied von der alte Kapelle.

Deren endgültiges Ende ließ nicht lange auf sich warten, hatte man das Grundstück doch unter der Auflage des Abrisses an die Zivilgemeinde verkauft. Zumindest der von Kapelle zu Kapelle übergebene und bereits vom Hochwasser 1635 verschonte Kirchturmhahn blieb erhalten: 1939 gelangte er in den Besitz der Familie Hallberg und "krähte" später von der Scheune des Hallberghofes in Lohmar-Inger.

Seine Bedeutung als Markt- und Kirmesplatz verlor der Kapellenplatz erst in den vergangenen Jahrzehnten, erinnert sich Ortsvorsteher Heinz-Peter Schumacher: "Früher feierte man stets am ersten Juliwochenende die Kirmes. Und dort, wo heute mittig die große Laterne steht, haben die Junggesellen in der Mainacht ihren großen Maibaum aufgestellt." Am dritten Maiwochenende war der Platz dem Maifest vorbehalten.

Nachdem ein Teil als Parkfläche für eine Gastronomie verkauft wurde, deren Wurzeln im Eckhaus der Bonner- und der Meerstraße bis zum Jahr 1903 reichen, verlor der Platz an Bedeutung. Heute ist er ein frequentierter Pendler-Parkplatz. "Nur einmal im Jahr sind noch viele Menschen dort", sagt der Ortsvorsteher: "Zu Fronleichnam macht die Prozession am Hochkreuz Halt, das auch an die über Jahrhunderte dort stehenden Kapellen erinnert."

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