Clowns in der Kinderklinik Sankt Augustin Ein Lachen gegen den Schmerz

Sankt Augustin · Der Kabarettist und Mediziner Eckart von Hirschhausen und 50 Clowns besuchen die Kinderklinik und bereiten den kranken Kindern Freude.

 Eckart von Hirschhausen liegt Probe auf der Liege

Eckart von Hirschhausen liegt Probe auf der Liege

Foto: Holger Arndt

Luisa streckt die Arme zur Seite, tapst mit den Füßen etwas tollpatschig zum Gesang, plötzlich liegt die Fünfjährige auf dem Boden der Asklepios-Kinderklinik. Sie lacht dabei, und das hat einen Grund. 50 Klinikclowns haben am Dienstag für 20 Minuten mit einem Flashmob einen Teil des Krankenhauses eingenommen. Eine freundliche Übernahme sozusagen. Da wird schon mal das Desinfektionsmittel zum Parfüm, der Empfangstresen zum Theater oder der Flur zur Polonaiseplattform. Mittendrin: Eckart von Hirschhausen, Arzt, Kabarettist, TV-Moderator und Gründer der Stiftung „Humor hilft heilen“. Er sagt: „Clowns sind die modernen Medizinmänner.“

Jeden Dienstag und alle zwei Wochen mittwochs besuchen jeweils zwei Clowns die Kinderklinik, einer davon ist Mieke Stoffelen aus Windeck. Doch im Krankenhaus nennt sie keines der Kinder so, dort ist sie einfach nur die „Lilly“. „Das ist mehr als nur ein Job für mich“, sagt sie. Seit November 2013 kommt Stoffelen jeden Dienstag für drei Stunden zusammen mit einem anderen Clown. Vor jedem Besuch gibt es eine Übergabe, so weiß Stoffelen ungefähr, was sie in jedem Zimmer erwartet. Doch sobald die Tür aufgeht, spielt das keine Rolle mehr. „Wir wissen nie, was passiert. Es ist auch schon passiert, dass Kinder uns hinausschicken“, sagt sie. Über ihre Berufsbezeichnung sagt Stoffelen: „Ich bin Schauspielerin und Clown. Es ist mein Traumberuf.“

Zwei bis vier Mal die Woche ist sie als Clown unterwegs, lernt dabei Mädchen wie eben Luisa kennen. Das Mädchen leidet am Down-Syndrom, hat gerade die fünfte Herzoperation hinter sich. Seit drei Wochen liegt die Paderbornerin in Sankt Augustin, vorige Woche besuchte „Lilly“ sie zum ersten Mal. „Luisa hat sich auf den heutigen Tag sehr gefreut“, sagt ihre Mutter Julia Drischljuk. „Sie hat gefragt, wann sie endlich ihr Marienkäferkostüm tragen darf.“ Am Karnevalsdienstag ist es soweit. Luisa genießt die Zeit, drückt sich an „Lilly“, lacht viel. „Es gefällt ihr“, sagt Julia Drischljuk.

Von Hirschhausen hat die Stiftung „Humor hilft heilen“ vor acht Jahren ins Leben gerufen. Er möchte mit den Clowns „die Angst und Langeweile aus den Krankenhäusern vertreiben“. Deshalb hat er seit Freitag bei einem viertägigen Workshop in Königswinter 80 Klinikclowns weitergebildet, für einen Teil von ihnen ist der Flashmob am Dienstag sozusagen ihre Abschlussprüfung. Sie wollen damit ein Zeichen setzen für eine heilsame Stimmung im Krankenhaus. „Sie haben das wunderbar gemacht. Wir hatten ein bisschen die Sorge, dass es zu viel wird für die Kinder“, sagt von Hirschhausen. Doch davon ist nichts zu spüren. Die Clowns merken, wann sie euphorisch sein können und wann nicht. „Unsere Arbeit ist oft eine ganz leise“, sagt auch Stoffelen.

Von Hirschhausen ist davon überzeugt, dass die Clowns den Kindern Ängste nehmen können. Seine Stiftung forscht auf diesem Gebiet. „Die Klinikclowns sind die Joker der Zuwendung. Sie haben die Zeit, die sonst im Krankenhaus keiner mehr hat. Sie sind das Gegengift“, sagt er. Noch tragen sich die Klinikclowns komplett über Spenden. Ein Zustand, der von Hirschhausen ärgert. Er sagt: „Täglich wird im Gesundheitssystem eine Milliarde Euro ausgegeben, aber für die Clowns ist kein Geld da. Das ist oft eine perverse Logik.“

Es sind Probleme, die Mieke Stoffelen alias „Lilly“ in ihren drei Stunden nicht an sich und das Kind heranlässt. „Dann vergesse ich alles andere“, sagt sie. Mitleid hat in dieser Zeit nichts zu suchen. Zuletzt etwa habe sie ein Kind besucht, dessen Bein die Ärzte amputieren mussten. „Was nützt da Mitleid? Also habe ich angefangen, sein Bein im gesamten Zimmer zu suchen“, sagt Stoffelen und ergänzt: „Das ist ein Geben und Nehmen, ich bekomme auch viel von den Kindern.“

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