Haus Völker und Kulturen in Sankt Augustin Der Hüter des Schatzes

SANKT AUGUSTIN · Wenn das Haus Völker und Kulturen als kulturelle Schatzkammer bezeichnet werden kann, dann ist Pater Georg Skrabania so etwas wie der Hüter dieses Schatzes. Aber Skrabania ist keiner, der seinen Schatz gerne vergräbt.

 Impressionen eines Museums: Ob Osterkunst aus Peru, Kultgegenstände aus Afrika und Papua-Neuguinea oder Marienbilder aus China, das Haus Völker und Kulturen beherbergt einen einzigartigen Kulturschatz.

Impressionen eines Museums: Ob Osterkunst aus Peru, Kultgegenstände aus Afrika und Papua-Neuguinea oder Marienbilder aus China, das Haus Völker und Kulturen beherbergt einen einzigartigen Kulturschatz.

Foto: Holger Arndt

Im Museum der Steyler Missionare in Sankt Augustin hat eine beispiellose Sammlung ihr Zuhause. Und wenn es nach Pater Skrabania ginge, würde die ganze Welt sein Museum sehen. Doch dem leidenschaftlichen Museumsleiter fehlt das Publikum.

Eigentlich wirkt Skrabania wie ein ruhiger, in sich gekehrter Mensch. Wenn er spricht, faltet er oft die Hände zusammen und schließt die Augen. Wenn der Museumsleiter dagegen durch das Museum führt, dann wirbelt er manchmal von einem Exponat zum anderen und seine Stimme überschlägt sich. Ein wenig ist es, als sei er dann selbst überrascht darüber, was sein Museum zu bieten hat. Kindliche Begeisterung zeigt sich in den Augen des Paters, der als Professor für Kirchengeschichte an der theologischen Hochschule der Steyler Missionare in Sankt Augustin unterrichtet.

1973 öffnete das Haus Völker und Kulturen seine Türen für Besucher. In dem wuchtigen Betonkasten sind heute mehr als 3500 Exponate auf mehr als 1400 Quadratmetern untergebracht. Christliche und heidnische Kunst-, Gebrauchs- und Kultgegenstände aus aller Welt werden ausgestellt. Brüder und Missionare der Steyler Ordensgemeinschaft haben die Kulturschätze aus Westafrika, Südamerika, Papua-Neuguinea, Indonesien, Japan und China nach Sankt Augustin gebracht. Mal waren es Geschenke von Einheimischen, mal kauften die Steyler Gegenstände ein, und manchmal retteten sie die Exponate vor der Zerstörung. Etwa dann, wenn ein konvertierter Stamm seine heidnischen Kultgegenstände entsorgen wollte.

So gibt es eine umfangreiche Sammlung zu sehen, die das Leben einheimischer Stämme Papua-Neuguineas zeigt. Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie etwa Werkzeug, Boote oder Jagdspeere sowie Fotos, die Initiationsriten oder das Zubereiten von Speisen zeigen, dokumentieren eindrucksvoll den Alltag dieser Stämme. An anderer Stelle zeigt eine Sammlung 72 Masken aus Kamerun, die Ende der sechziger Jahre ein Stammeshäuptling an die Steyler verkaufte.

Besonders spannend wird es dort, wo christliche und einheimische Bräuche aufeinandertreffen. So zeigt Skrabania Holzschnitzereien aus Papua-Neuguinea. Weil den Stämmen dort die Vorstellung von Engeln fremd war, wurden sie durch Krokodile ersetzt. Ein Tier, das im Schöpfungsmythos eine wichtige Rolle spielt, weil durch seinen Kot die Welt entstanden sein soll. Statt Engeln huldigt die Natur dem Jesuskind. In einem anderen Raum zeigt der Museumsleiter eine gekreuzigte Christusfigur aus Afrika, die sowohl Mann als auch Frau ist, männliche Züge, aber auch Brüste hat. Im Glauben der Menschen verschmelzen in Christus die Geschlechterrollen, erklärt Skrabania.

Kunst aus China

Mit Piotr Adamek schreitet Skrabania durch die China-Abteilung. Adamek ist Direktor des Monumenta Serica Instituts, das sich den Chinawissenschaften widmet. In seinem Institut, das nur einen Steinwurf entfernt liegt, wahrt Institutsleiter Adamek seinen eigenen Schatz. Rund 50.000 chinesische Bücher lagern dort. In der China-Abteilung des Museums beweist die Nachbildung einer Steintafel, dass das Christentum bereits vor 1400 Jahren in China Einzug fand. Doch Institutsleiter Adamek hat vor allem ein Auge für christliche Kunst aus China, die Anfang des 20. Jahrhunderts hergestellt wurde und kontrovers war, weil sie sich der chinesischen Kultur zuwandte. Obwohl chinesische Bildsprache unter chinesischen Christen verpönt war, greifen die christlichen Werke chinesische Elemente auf. Die Mutter Gottes wird in Kleidern der Ming-Dynastie oder mit buddhistischen Elementen dargestellt.

Pater Skrabania hat am 17. November vergangenen Jahres die Museumsleitung übernommen. Die Funktion sei sein Nebenjob, seine Hauptaufgabe die des Professors für Kirchengeschichte, sagt er. Früher halfen bis zu sechs Mitarbeiter im Museum mit. Es gab eine Werkstatt und einen Kinosaal. Im Jahr 2005 wurde das Museum dann vorübergehend geschlossen. Heute ist Skrabania allein, und das Haus macht nur noch am ersten Sonntag des Monats auf. Für Sonderausstellungen wie die Krippen- und Osterausstellung gelten gesonderte Öffnungszeiten.

Kraftvolle Synergien

Im vergangenen Jahr zählte der Leiter 1734 Besucher. Auch an diesem Tag hat Skrabania nicht viel Besuch. Seine Gäste heute sind allesamt Mitglieder der Ordensgemeinschaft. Doch sie lassen erahnen, welch kraftvolle Synergien bei den Steylern herrschen. Denn die Institute, die theologische Hochschule und das Museum der Steyler unterstützen sich gegenseitig und tauschen sich aus. Das Museum erhält Leihgaben und fachlichen Rat und stellt dafür Raum für Konferenzen oder hilft mit Fachwissen. Dennoch machen die geringen Besucherzahlen Skrabania zu schaffen. "Ich möchte das beleben, aber wie?", fragt er. Die Sonderausstellungen sollen Neues zeigen, wieder Besucher anlocken. Denn seit den Siebzigern hat sich hier nicht viel geändert.

Für frischen Wind benötigt der Pater ehrenamtliche Helfer und Sponsoren. Er träumt von einer Sonderausstellung über Papua-Neuguinea. So ähnlich wie die, die jetzt in Berlin läuft und die fünf Leihgaben aus Sankt Augustin erhalten hat. Dafür würde er Leihgaben aus weiteren Steyler Museen beziehen. Und so kämpft er weiter um Aufmerksamkeit für sein Museum. Er, der Museumsleiter, dem das Publikum fehlt.

Das Haus Völker und Kulturen an der Arnold-Janssen-Straße 26 ist jeden ersten Sonntag im Monat von 10.30 bis 17 Uhr geöffnet. Pater Georg Skrabania bietet zudem kostenlose Führungen an. Der Einritt kostet vier Euro, Senioren bezahlen drei und Kinder zwei Euro.

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