Sankt Augustin Anwohner gegen Ausreisezentrum

Sankt Augustin · Gegen das Ausreisezentrum in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes in Sankt Augustin hat sich eine Bürgerinitiative gegründet. 17 Parteien aus dem Neubaugebiet haben sich zusammengetan.

Auch Eltern der Kinder in der Kita Waldstraße sind unzufrieden mit der Situation in Nachbarschaft zum Ausreisezentrum für Flüchtlinge.

Auch Eltern der Kinder in der Kita Waldstraße sind unzufrieden mit der Situation in Nachbarschaft zum Ausreisezentrum für Flüchtlinge.

Foto: Martina Welt

Unter dem Namen „ZU-Ende jetzt!“ fordern sie einen sofortigen Stopp des Pilotprojekts sowie der „unmenschlichen Massenunterbringung in der ZUE“. Sie gehören inzwischen zu einer langen Reihe von Politikern und Anwohnern, die sich gegen das Pilotprojekt in der ehemaligen Medienzentrale aussprechen. Wie berichtet, häufen sich im Umfeld Beschwerden.

In der ZUE sind seit Februar auch sogenannte Dublin-Flüchtlinge untergebracht, die Deutschland sofort wieder verlassen sollen. Der Hintergrund: Sie haben sich bereits in anderen europäischen Ländern registriert und sollen dort das Asylverfahren durchlaufen.

Seit der Nutzungsänderung sei eine deutliche Verschlechterung der Verhältnisse im Umfeld eingetreten, die für die Menschen in der Umgebung nur noch als unzumutbar bezeichnet werden könne, schreibt die Bürgerinitiative. Dabei führen sie unter anderem tägliche Trinkgelage, Vermüllung und verbale Anmachen an. Vor allem Frauen fühlten sich dort nicht mehr wohl.

„Das Konzept der Unterbringung von überwiegend männlichen Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive mitten in einem Wohngebiet ist gescheitert“, so die Initiative. Hinzu komme, dass es auch in der Einrichtung selbst Konflikte und Unruhen gebe. „Wir sind nicht prinzipiell gegen die Einrichtung“, so ein Mitglied der Bürgerinitiative, das namentlich nicht genannt werden möchte. Es gebe auch positive Kontakte, aber im Außenbereich treffe man leider die, die negativ auffielen.

Innerhalb der ersten beiden Tage kamen laut den Initiatoren bereits 200 Unterschriften zusammen. Anfang kommender Woche wollen sie die Listen der Bezirksregierung Köln übergeben. Zuvor soll am Sonntag von 15 bis 17 Uhr vor der angrenzenden Kita Waldstraße gesammelt werden.

Der Ort ist wohl nicht zufällig gewählt. Denn auch Eltern der Kitakinder sind unzufrieden mit der Situation. Seit das Pilotprojekt gestartet sei, häuften sich Anfragen von Eltern, erzählt ein Elternbeirat. Es gebe auch welche, die ihr Kind aus Angst abmelden wollten. „Da sind Mütter dabei, die sich auf dem Weg zur Kita nicht wohl fühlen. Es ist eine schwierige Situation für uns“, sagt er. Er bemängelt, dass die Eltern nicht angehört worden seien. „Ich bin davon ausgegangen, dass die Bezirksregierung sich das mal anschaut“, sagt er.

Bezirksregierung plant Austausch mit Anwohnern

Bei der Stadt als Träger seien keine Anfragen von Eltern eingegangen, die ihr Kind wegen der ZUE woanders unterbringen wollten, sagt Stadtsprecherin Eva Stocksiefen auf Anfrage. Um das Sicherheitsgefühl zu stärken, würden derzeit verschiedene Maßnahmen an der Kita umgesetzt. So soll der Zaun einen Sichtschutz erhalten, damit Erwachsene nicht mehr ungehindert auf das Kitagelände schauen könnten. Zudem bleibt das Zugangstor außerhalb der Bringzeiten nun verschlossen, eine Sprechanlage soll eingebaut werden. „In der pädagogischen Arbeit wird das Thema Kontaktaufnahme durch Fremde verstärkt aufgenommen“, sagt Stocksiefen.

Die Bezirksregierung Köln „nimmt die Einwände zur Kenntnis und sehr ernst“, teilt die Pressestelle mit. Sie stehe in engem Austausch mit den Anwohnern, um die Situation vor Ort weiter zu optimieren und habe „viele positive Rückmeldungen von Anwohnern und Bewohnern auf den Umfeldmanager“ erhalten. Des Weiteren seien die Polizeieinsätze rückläufig. Ein direktes Gespräch mit Eltern und Betreuern der angrenzenden Kita habe es nicht gegeben.

„Das Angebot, sich mit Fragen oder Problemen an die Bezirksregierung Köln zu wenden, wurde bisher nicht in Anspruch genommen“, so die Pressestelle. Dennoch sei „in nächster Zeit“ eine weitere Veranstaltung zum Austausch mit den Anwohnern geplant. Eine mögliche Entscheidung, das Pilotprojekt Sankt Augustin zu beenden, liege allerdings nicht bei der Bezirksregierung Köln, sondern beim Ministerium für Inneres und Kommunales NRW, so die Bezirksregierung.

Ein Ende des Ausreisezentrums fordert auch der Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen (CDU), der sich deshalb jüngst an den Bundesinnenminister und die Präsidentin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gewandt hat. Er sieht das Problem in der langen Verweildauer der Dublin-Flüchtlinge. „Der Bund und die Länder müssen dafür sorgen, dass die Menschen die Zentralen Unterbringungseinrichtungen nach wenigen Tagen wieder verlassen“, teilt Röttgen mit. Solange dies nicht gewährleistet sei, sei das Konzept ein Widerspruch in sich und zum Scheitern verurteilt.

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