Typisierungsaktion in Sankt Augustin 974 Menschen wollen Christian helfen

Sankt Augustin · Die Hilfsbereitschaft für den an Leukämie erkrankten Familienvater aus Hangelar war überwältigend: Fast 1000 Menschen haben sich am Samstag in Hangelar typisieren lassen. Ob ein passender Spender dabei ist, steht in vier Wochen fest.

Es war ein Schlag ins Gesicht für Christian Abrodat aus Hangelar und seine Familie. Die Diagnose: Blutkrebs. Seit Ende Mai dieses Jahres sucht der Familienvater nach einem passenden Stammzellenspender – die einzige Überlebenschance für den 52-Jährigen. Eine große Typisierungsaktion am Samstag sollte dazu beitragen, diese Person zu finden und gleichzeitig anderen Erkrankten zu helfen.

Unter dem Motto „Christian will Leben“ hatten seine Angehörigen und die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) ins Haus der Nachbarschaft in Hangelar eingeladen. 974 Personen spendeten ihr Blut, um sich typisieren zu lassen, also zu klären, ob sie als Stammzellenspender in Frage kommen. Christians Schwester Sandra zeigte sich beeindruckt: „Es ist unglaublich. Für uns sind das alles kleine Helden und einer kann zum großen Helden werden und Leben retten“, sagte sie. Nachdem klar war, dass keiner aus der Familie als Spender in Frage kommt, wendete sie sich an die DKMS. „Das wurde alles jeden Tag größer und größer. Ganz Hangelar hat sich mobilisiert, Hilfe angeboten und wildfremde Menschen haben Spenden gesammelt.“

Bereits vor der Aktion am Samstag hatten sich 27 338 Bürger aus Sankt Augustin und Bonn als potenzielle Spender registrieren lassen. Davon haben 271 Bürger Stammzellen gespendet und damit einem Patienten die Chance auf ein neues Leben geschenkt. „Die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg ist nicht so groß, aber so können wir sagen, dass wir jede Chance genutzt haben“, erklärt Sandra. Sie steht per Handy im ständigen Kontakt mit ihrem Bruder, der sich in einem Hamburger Krankenhaus befindet. Die Familie hat sich bewusst entschieden, die Krankheit von Christian öffentlich zu machen: „Leukämie ist keine Krankheit, die man unter sich ausmacht, sondern die Öffentlichkeit braucht.“ Während Sandra nach außen hin gefasst wirkt, geht Mutter Heidi die Krankheit ihres Sohnes sichtlich nahe: „Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich es überhaupt realisiert habe und dann war ich nur überwältigt“, erzählt sie mit brüchiger Stimme.

250 Besucher beim Benefizkonzert

An diesem Tag in Hangelar stand aber nicht die Trauer im Vordergrund, sondern Freude. Beim Benefizkonzert am Abend war das Motto klar: „Wir feiern und trinken auf das Leben – wir feiern für Christian“, sagte Sandra. Rund 250 zahlende Gäste waren ins Haus der Nachbarschaft gekommen. Der Hintergrund: Die Untersuchung der Stammzellen im Labor kostet etwa 50 Euro pro Person. Mit dabei waren der Hangelarer Musikantenstadl, aber auch namhafte Bands der Region wie „Jot Drop“ und „dieDREI.1“. Für einen Höhepunkt sorgte das Gastspiel von Kölschrocker Stephan Brings, der an der Gitarre unplugged das Publikum begeisterte.

Vor dem Vergnügen war aber die Arbeit angesagt. Über 70 ehrenamtliche Helfer, darunter Rettungssanitäter, Krankenschwestern und Ärzte, kümmerten sich um die Beratung und Blutabnahmen. „Ich finde es toll, dass so viele Leute hierhin kommen. Ich erlebe so etwas zum ersten Mal“, sagt Gellert Attila Gyurkha. Der Rumäne befindet sich in den letzten Zügen seines Medizinstudiums und half zusammen mit Kollegen aus dem Helios Klinikum in Siegburg mit. Die potenziellen Spender mussten eine Einverständniserklärung ausfüllen und sich fünf Milliliter Blut aus der Armvene entnehmen lassen – eine Aktion von fünf bis zehn Minuten. „Ich finde, das ist eine gute Sache. Wenn man selber Hilfe in so einer Situation bräuchte, würde man sich ja auch freuen, wenn andere Leute helfen“, sagte Heinz Haber aus Bad Honnef. Julia Gatzen ist durch ihren Arbeitgeber auf die Typisierungsaktion aufmerksam geworden. „Ich hatte das schon länger vor und jetzt hat sich die Gelegenheit angeboten“, sagte die Kölnerin. Sebastian Miebach aus Sankt Augustin ließ sich gemeinsam mit seiner Frau Berivan registrieren. „Wir kennen Christians Bruder und sind auch Hangelarer. Da hatten wir einfach das Bedürfnis zu helfen.“

Bettina Steinbauer, Aktionsleiterin der DKMS, ist vor allem aufgrund der Umstände sehr zufrieden: „Das ist ein tolles Ergebnis, insbesondere, wenn man bedenkt, dass es die ganze Zeit gegossen hat und wir mitten in den Sommerferien sind – ein Großes Lob an die Familie“. In etwa vier Wochen wird die Untersuchung aller Blutproben abgeschlossen sein. Bis dahin heißt es hoffen und das Leben feiern.

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