Unfallflucht in Sankt Augustin 3,5 Jahre Haft für Todesfahrer

SANKT AUGUSTIN · Das Landgericht Bonn hat jetzt ein Urteil des Amtsgerichts Siegburg von April 2015 bestätigt: Der 43-Jährige, der im Dezember 2013 einen Mann in Sankt Augustin überfahren hatte und anschließen flüchtete, muss ins Gefängnis.

"Es war sonnenklar, dass das schiefgehen könnte", erklärte die Vorsitzende Richterin am Dienstag vor dem Bonner Landgericht, als sie den 43-jährigen Unfallfahrer zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilte. Er soll im Dezember 2013 einen 73-Jährigen in Sankt Augustin überfahren und Fahrerflucht begangen haben, nachdem er eine rote Ampel ignoriert hatte. Bereits im April 2015 hatte ihn das Amtsgericht Siegburg wegen fahrlässiger Tötung, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und Unfallflucht zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Er ging in Berufung, und der Fall landete vor dem Bonner Landgericht.

Am 18. Dezember 2013 soll der Angeklagte zunächst den VW Polo seines Schwagers gefahren sein, um den Wagen durch den Tüv zu bringen und mit neuen Reifen zu versehen. Am Nachmittag habe er den Wagen abgeholt und auch tatsächlich die Reifen gewechselt. Gegen 17.30 Uhr geschah es dann: Der Sankt Augustiner steuerte den Wagen seines Schwagers auf der Bundesstraße 56 in Richtung Siegburg, als an der Kreuzung Sandstraße/Bonner Straße die Ampel Rot zeigte. Obwohl bereits die beiden Fahrzeuge vor ihm anhielten, scherte der Unfallfahrer auf den Linksabbiegestreifen aus, um von dort geradeaus über die Kreuzung in Richtung Siegburg zu fahren. An der Stelle überquerte das Opfer die Straße bei grüner Fußgängerampel. Mit rund 75 Kilometern pro Stunde erfasste der Verkehrsrowdy das Opfer. Der Senior prallte zunächst mit den Unterschenkeln auf die rechte Front des Wagens und wurde so "unterfahren": Er schleuderte auf die Motorhaube, wo er mit dem Kopf die Windschutzscheibe durchschlug, bevor er rund 45 Meter weit durch die Luft flog. Er zog sich zahlreiche schwerste Verletzungen zu, denen er noch an der Unfallstelle erlag. Unterdessen fuhr der mutmaßliche Täter davon.

Bis heute bestreitet der Angeklagte, den Wagen gefahren zu haben. Zunächst gab er an, das Fahrzeug für den Tüv an Unbekannte abgegeben zu haben. Diese Aussage habe er allerdings nur gemacht, um ein Familienmitglied zu schützen, gab er später zu Protokoll. An der Kleidung des 43-Jährigen fand die Spurensicherung schließlich Glassplitter, die zumindest zu großen Teilen den gleichen Brechungsindex aufwiesen, wie die Splitter der zerborstenen Windschutzscheibe des Unfallwagens. Dies sei zwar nicht so eindeutig wie beispielsweise ein DNA-Nachweis, erklärte die Richterin, dennoch sei das Gericht zu dem Schluss gekommen, dass er der Fahrer gewesen sei. Der Täter habe nicht nur die Schlüssel des Wagens gehabt, sondern sei auch der letzte "Gewahrsamsinhaber" des Fahrzeugs gewesen. Außerdem gebe es keine andere Möglichkeit, wie die Glassplitter auf die Kleidung des Verurteilten gekommen sein könnten.

Der Unfallfahrer habe grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt und sei zudem zuvor bereits mehrfach wegen Verkehrsdelikten in Erscheinung getreten. Daher wurde ihm auch die Fahrerlaubnis für weitere zwei Jahre entzogen. Es sei zwar vorhersehbar gewesen, dass Fußgänger die Ampelkreuzung überqueren würden, dies sei aber kein Hinweis darauf, dass der Täter auch deren Tod in Kauf genommen habe. Somit wurde er wegen fahrlässiger Tötung und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort verurteilt. (sms)

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