Fluglärm-Initiativen enttäuscht vom Land Offener Brief ohne Wirkung in Düsseldorf - Hoffen auf die Gerichte

RHEIN-SIEG-KREIS · Zwischen Ernüchterung und Hoffnung schwanken die Mitstreiter der Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn. Ernüchtert sind sie, weil der offene Brief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zum Weltkindertag am 20. September in Düsseldorf kaum Wirkung gezeigt hat. Voller Hoffnung blicken die Lärmschutz-Aktivisten dagegen auf die beiden Gerichtsverfahren, die sie in ihrem Bemühen um ein Nachtflugverbot angestoßen haben.

 Demo gegen Nachtfluglärm: Bürger aus der Region im März 2012 am Flughafen.

Demo gegen Nachtfluglärm: Bürger aus der Region im März 2012 am Flughafen.

Foto: Holger Arndt (Archiv)

So befasst sich am 18. Dezember das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit einer Musterklage von Anwohnern aus Porz, während Bürger aus Siegburg und Lohmar gewillt sind, bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Unterstützt werden sie von den beiden Städten.

Wissenschaftler, Politiker und Mitglieder der Fluglärm-Initiativen hatten im September einen offenen Brief an die Ministerpräsidentin gerichtet. Sie wiesen darin auf die schädlichen Auswirkungen nächtlichen Fluglärms hin - insbesondere bei Kindern. Deren Lernfähigkeit ist Studien zufolge zwischen neun und elf Jahren beeinträchtigt, wenn sie dauerhaft Fluglärm ausgesetzt sind.

Zu den Unterzeichnern gehörte der Epidemiologe und Fluglärm-Experte Professor Eberhard Greiser, aber auch die Bürgermeister Franz Huhn (Siegburg), Horst Krybus (Lohmar) und Klaus Pipke (Hennef). Die Staatskanzlei in Düsseldorf leitete den Brief "zuständigkeitshalber" an das NRW-Verkehrsministerium weiter.

Dessen Haltung zum Thema Nachtflugverbot ist bekannt und unverrückbar: Nach eigener Auffassung kann es das - 2012 bereits beabsichtigte - nächtliche Flugverbot für Passagiermaschinen nicht durchsetzen, weil der Bund am längeren Hebel sitzt. Vor zwei Jahren sprach sich der damalige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) gegen eine solche Regelung aus. Der Flughafen Köln/Bonn hat eine Nachtflug-Genehmigung bis ins Jahr 2030.

Weil er die Reaktion des Landesverkehrsministeriums auf den offenen Brief schon erahnte, verzichtete Helmut Breidenbach, Vorsitzender der Lärmschutzgemeinschaft, ausdrücklich auf ein formales Schreiben. "Diese Briefe kennen wir im Laufe der vielen Jahre auswendig und könnten anhand der Formulierungen auch ohne Unterschrift den Verfasser identifizieren", so Breidenbach.

Sein Stellvertreter Wolfgang Hoffmann ergänzt: "Wir wollen ein persönliches Gespräch mit der Ministerpräsidentin, denn die ist weisungsbefugt." Doch aus Sicht des Verkehrsministeriums gibt es im Moment nichts zu bereden, wie Sprecherin Angelika Gareis jetzt auf Anfrage mitteilte.

Kraft habe sich gegenüber Hoffmann ausführlich zur Fluglärmproblematik geäußert und dabei auch auf die Zuständigkeit ihres Ministeriums verwiesen. Bereits im März saß Verkehrsminister Michael Groschek mit Vertretern der Lärmschutzvereinigung beisammen. Letztere sehen durchaus Spielraum für das Land, das Nachtflugverbot für Passagiermaschinen für die Zeit von 0 bis 5 Uhr durchzusetzen.

Dabei verweisen sie auf Paragraf 6 des Luftverkehrsgesetzes. "Die vom Bundesverkehrsminister vorgebrachten Gründe für eine Ablehnung dieses Verbots sind rechtlich unbegründet", betont Helmut Schumacher vom Hennefer Ortsverband der Fluglärmgemeinschaft.

Juristisch gesehen besteht noch ein Ansatzpunkt: das Planungsrecht. Für den Flughafen Köln/Bonn gab es nie ein Planfeststellungsverfahren, er wurde nur durch einen "fiktiven Planfeststellungsbeschluss" nachträglich legitimiert. In den vergangenen Jahrzehnten ist er weiter gewachsen, ohne dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig war. Gegen diese Praxis wendet sich die Klage aus Siegburg und Lohmar - ganz grundsätzlich.

Die Fluglärmbetroffenen blicken aber auch gespannt auf eine Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18. Dezember. Anwohner aus Porz-Grengel hatten gegen eine Vorfelderweiterung geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Münster monierte bereits, dass dafür keine Umweltverträglichkeitsstudie vorgelegt wurde. Die Fluglärm-Betroffenen setzen darauf, dass die Leipziger Richter zu einer ähnlichen Feststellung kommen. Schumacher: "Wir hoffen, dass das Land einen vor den Latz bekommt."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort