Flüchtlinge in Niederkassel Familie Kiani sucht eine neue Heimat

NIEDERKASSEL · Es riecht wie frisch geputzt, alles ist picobello aufgeräumt, die Wände sind frisch gestrichen und neue Böden wurden verlegt. Man spürt förmlich, wie viel Wert die Bewohner der Übergangswohnung auf Sauberkeit und Ordnung legen.

 Fatemeh (l.) und Hossein Kiani (2.v.l.) mit dem Bild ihrer verstorbenen Tochter Nina. Landsfrau Simin Ahmadi hilft der Familie bei der Suche nach einer neuen Bleibe.

Fatemeh (l.) und Hossein Kiani (2.v.l.) mit dem Bild ihrer verstorbenen Tochter Nina. Landsfrau Simin Ahmadi hilft der Familie bei der Suche nach einer neuen Bleibe.

Foto: Martina Welt

Es sind Fatemeh (52) und Hossein (57) Kiani mit ihrer Tochter Marziyeh (18), die in der Wohnung im obersten Stockwerk eines der Asylbewerber-Häuser an der Eifelstraße wohnen.

Bevor sie dort gelandet sind, mussten sie allerdings eine Odyssee überstehen, zu der auch der Tod ihrer älteren Tochter Nina am 1. Oktober 2013 zählte. Wegen einer verunreinigten Bluttransfusion im Iran erkrankte sie an Hepatitis, erzählt die Familie. Wegen der vielen Nachfragen bei den offiziellen Stellen in ihrem Heimatland machte sich die Familie laut eigener Aussage mehr als unbeliebt und entschloss sich zur Ausreise, nachdem sie alles verkauft hatte, was sie besaß.

"Wir wollten bei unserer kranken Tochter sein, die in Köln behandelt wurde", berichtet Mutter Fatemeh dem GA. Kurz vor seinem Tod wünschte sich das schwer kranke Mädchen, seinen Vater noch einmal zu sehen, der daraufhin ausreisen durfte. Am 1. August 2013 konnten die Kianis aus dem winzigen Zimmer an der Kölner Straße in die Niederkasseler Wohnung ziehen, am 1. Oktober starb ihre Tochter - der Vater saß am Bett. Ein Zurück in den Iran ist für die Familie laut eigener Aussage nicht möglich.

Jetzt, gut ein Jahr später, droht ihnen neues Ungemach, denn zum 31. Januar 2015 müssen sie die Wohnung räumen. Seit Ende Juli dieses Jahres sind Fatemeh und ihre Tochter Marziyeh anerkannte Flüchtlinge und müssen somit die Übergangswohnung für Asylbewerber verlassen. Sie haben zwar Hilfe von ihrer Landsfrau Simin Ahmadi (55), aber auch die Produktionsleiterin einer Bonner Technologiefirma weiß inzwischen nicht mehr weiter - obwohl sie schon vor 17 Jahren nach Niederkassel kam und dort sehr gut integriert ist, wie sie sagt.

"Ich habe alle Wohnungsbaugesellschaften angerufen, bisher jedoch ohne Erfolg", berichtet Ahmadi. In dem Moment, wo die Eigentümer erfahren, dass die Familie von Sozialhilfe lebt, gebe es keine Chance. Dabei wünschen sich die Kianis nichts mehr, als hier bleiben zu können.

In Fatemehs dunklen Augen spiegeln sich Güte und Traurigkeit. Es kommt kein schlechtes Wort über ihre Lippen, wenn es um die Zeit in Deutschland geht. "Ich bin hier glücklich und zufrieden, meine Tochter wurde auf dem Bonner Nordfriedhof beerdigt. Und mit ihr ist auch ein Stück von mir gegangen", beschreibt sie ihre Gemütslage und kann die Tränen nicht zurückhalten. Sie berichtet auch, dass sie während all der Jahre der Pflege ihre jüngere Tochter vernachlässigt habe.

"Jetzt sehen wir, dass da noch ein Mensch ist, um den wir uns kümmern müssen." Trotz eines Zeugnisses, auf dem fast nur Einsen und Zweien standen, musste die 18-Jährige ihren Traum, das Abitur zu machen und zu studieren, vorerst begraben, so Ahmadi. Nur einen Platz im Berufskolleg hatte man für sie frei, berichtet Ahmadi. "Keiner wollte uns helfen, überall wurde sie abgelehnt", beschreibt sie die enormen Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Schule.

Aktuell sind in Niederkassel mehr als 150 Personen aus mehr als 20 Nationen und aus verschiedenen Kulturkreisen auf die städtischen Unterkünfte verteilt. Die mangelnde Kenntnis der deutschen Sprache machen Behördengänge oft schwierig. Anträge auszufüllen, Arztbesuche zu machen oder an Elternabenden teilzunehmen, eine Wohnung zu suchen und dafür dann Möbel und Hausrat zu beschaffen: all das stellt viele Asylbewerber vor schier unlösbare Aufgaben. Der Ökumenische Arbeitskreis Flüchtlingshilfe sucht deshalb ehrenamtliche Mitarbeiter, die die Menschen unterstützen - so wie Simin Ahmadi.

Der erste Informationsabend des Arbeitskreises findet am Dienstag, 16. Dezember, ab 18 Uhr im Pfarrheim der evangelischen Auferstehungskirche, Spicher Straße 6 in Niederkassel, statt. Weitere Informationen erteilt Pfarrer Christoph Eidmann unter der folgenden Rufnummer Tel. 02208 /8588.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort