GA-Serie: Was steckt eigentlich hinter...? Die Geschichte des Alten Turms in Lülsdorf

Niederkassel · Der Alte Turm in Lülsdorf hat eine wechselvolle Geschichte. Das Gebäude, das heute eine Stadtgalerie ist, wurde 1978 nach einem Brand zerstört. Vermutlich eine Feuerwerks-Rakete löste in der Silvesternacht das Feuer aus.

 Ein Ensemble, das zusammen gehört: Der Alte Turm, der heute Stadtgalerie ist, und die so genannte Uralt-Schule (links), die als Bücherei genutzt wird.

Ein Ensemble, das zusammen gehört: Der Alte Turm, der heute Stadtgalerie ist, und die so genannte Uralt-Schule (links), die als Bücherei genutzt wird.

Foto: Martina Welt

Es sind nur wenige Meter, die Georg Schwartmanns laufen muss, bis er vor dem markanten Turm „Auf dem Pemel“ im Herzen von Lülsdorf steht. Natürlich kennt der einstige Löschgruppenführer der Lülsdorfer Wehr sämtliche Anekdoten rund um den Turm. Zumal seine Schwiegermutter sogar noch die Uralt-Schule gleich gegenüber besucht hat.

„Die tiefen Kerben an einer Ecke des Turmes rühren von ihrer Schulzeit her“, meint er schmunzelnd. Denn sämtliche Kinder hätten in letzter Minute vor Schulbeginn ihre Kreidegriffel an der Ecke des Turms gespitzt. Diese Geschichte kennt auch Niederkassels Denkmalpfleger Josef Schnabel, aber er hat auch noch einen möglichen anderen Erklärungsansatz für die Kerben, die auch bei der aktuellsten Turmsanierung nicht ausgebessert werden durften, um die Erinnerung wachzuhalten.

Die sehr arme Bevölkerung habe damals den Sand von Heiligtümern gelöst und getrunken, damit diese Mischung gegen Krankheiten helfe. Und der Alte Turm war einmal Bestandteil einer Kirche. „Die Krankheiten sind dann auch oftmals verschwunden, dafür bekamen die Menschen andere Beschwerden von der Brühe“, meint Schnabel. Gebaut wurde der Turm 1180 als Flucht- und Wehrtrum. Er bot rund 50 Menschen Schutz vor Angriffen. Die Kirche Sankt Jakobus, die an den Turm angebaut wurde, war bereits die dritte im Ort. Die erste trug den Namen des Heiligen Martins. Zwischen 700 und 800 nach Christus wurde eine weitere Kirche dem Heiligen Pankratius geweiht und im 12. Jahrhundert kam Sankt Jakobus hinzu.

Feuer zerstörte den Alten Turm im Jahr 1978

Die wurde im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigt, aber nach 1637 weitgehend wieder aufgebaut. Gleich dreimal wurde der Turm zerstört, so auch 1943 durch einen Bombenangriff und zuletzt durch ein Feuer in der Silvesternacht 1978. Genau das kann man dem Monument mit seiner wechselvollen Geschichte ansehen. So besteht der untere Teil aus Basaltsteinen aus der Eifel sowie Bruchsteinen und Kieselmauerwerk. Eigentlich sollte der Basaltstein von der Eifel nach Köln zum Dom transportiert werden, sagt Schnabel. „Da blieb dann der ein oder andere Stein beim Transport in Lülsdorf hängen und konnte zum Turmbau verwendet werden.“

Das Kirchenschiff hingegen musste von den Katholiken selbst finanziert werden. Den Altarraum bezahlte der Pfarrherr. Die Gemeinde wuchs, und man baute an. Das war im 18. Jahrhundert. Dennoch wurde das Kirchenschiff zu klein und 1880 abgerissen. „Wenn damals jemand nicht in der Kirche erschien, fragte man, ob er krank sei“, beschreibt Diakon Willi Löw die damalige Zeit. Deshalb wurde 1890 eine neue größere Kirche wenige Meter weiter erbaut. Sie hat rund 200 Sitzplätze und war somit ausreichend dimensioniert für die eifrigen Kirchgänger, denn unter den damals rund 600 Einwohnern in Lülsdorf gab es zu fast 100 Prozent Katholiken.

Was von der alten Kirche blieb, war der Alte Turm. Und der ist bis heute als Denkmal erhalten. Da es weder Decken noch ein Treppenhaus im Turm gab, wurde dieser lange Zeit zum Trocknen der Feuerwehrschläuche genutzt. Schwartmanns erinnert sich an das Podest, auf dem noch die Luftschutzsirene stand und an die Zentrifuge, aus der er immer die Spatzen jagen musste, damit er die Schläuche hochziehen konnte. Die Schleiereulen, die dort über Jahrzehnte ihr Zuhause hatten, wurden hingegen gepflegt und beringt.

Besiegelt wurde das Schicksal des Turms, als die Pfadfinder dort Papier einlagerten. Es war in der Silvesternacht 1977/78, als vermutlich eine Feuerwerks-Rakete in ein Dachfenster einschlug und der Dachstuhl brannte. Das Dach brach zusammen, das Kreuz verglühte, aber der Wetterhahn wurde gerettet und ist jetzt im Lülsdorfer Feuerwehrhaus untergebracht. Auf dem neuen Dach des Alten Turms thront ein neuer Hahn, den man schon von Weitem sieht, wenn man sich dem Zentrum des Ortes nähert. Die alte Eingangstüre hat im Rathaus an der Wand einen Platz gefunden.

Der Alte Turm dient heute als Stadtgalerie

Die Restauration des Turms nach dem Brand ist gelungen. Zwischen 1982 und 1985 wurde der Dachstuhl erneuert, ein fünftes Geschoss aufgestockt, und es wurden so genannte „Kölner Decken“, das sind verputzte Balkenkonstruktionen, eingezogen. Die Umbaumaßnahmen leitete der Kölner Kirchenarchitekt Kratz. Auch ein Treppenhaus mit steinerner Wendeltreppe wurde angebaut. Zwischen 1995 und 2000 installierte die Stadt eine Ausstellungsbeleuchtung, die ungefähr mir 15 000 Euro zu Buche schlug, so der Stadtsprecher Pascal Henke.

Die erste Ausstellung im Alten Turm fand am 26. Oktober 1985 statt. Es wurden Werke der Niederkasseler Künstler Wolfgang Große und Werner Gölden gezeigt. Seitdem zeigten auch viele namhafte Künstler der Region ihre Werke in der Stadtgalerie Alter Turm. Die regelmäßigen Kunstausstellungen werden von der Stadtverwaltung Niederkassel organisiert, einige davon auch in Kooperation mit dem Kunstverein für den Rhein-Sieg-Kreis. Um den alten Kirchhof kümmert sich die Interessengemeinschaft Alter Turm.

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