Die Niederkasselerin Katharina Waldmann erzählt von ihrer Kriegsodyssee Aufgeben war keine Option

NIEDERKASSEL · Als Katharina Waldmann im Mai dieses Jahres den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen bekam, fühlte sie sich geehrt. Die Wahlniederkasslerin hat sich immer für das, was ihr wichtig war, eingesetzt - und ist unbeirrt ihren Weg gegangen.

 Den Erlös aus dem Verkauf ihrer Bilder spendet Katharina Waldmann an die Hilfsorganisation medica mondiale.

Den Erlös aus dem Verkauf ihrer Bilder spendet Katharina Waldmann an die Hilfsorganisation medica mondiale.

Foto: Martina Welt

Entscheidend geprägt haben sie die Kriegserlebnisse und die Odyssee, die nach der Bombardierung Bonns im Oktober 1944 für ihre Familie begann. Mit elf Jahren erlebte sie Dinge, die sie lange Zeit nicht verkraften konnte.

Ihr Vater ist früh verstorben und so wohnte sie mit ihrer alleinerziehenden Mutter und der fünf Jahre jüngeren Schwester in der Giergasse in Bonn, als die Bomben fielen. "Wir sind im Theaterbunker, dort wo jetzt die Beethovenhalle steht, untergekommen", erzählt die 81-Jährige.

Nach der Bombardierung flohen sie zu ihrer Großmutter väterlicherseits nach Oberdollendorf geflohen und wurden dann mit dem Zug in die Niederlande verbracht. "Wir wurden im Zug von Tieffliegern unter Beschuss genommen, und ich konnte lange Zeit nicht darüber sprechen, so traumatisch waren diese Ereignisse damals für mich", erzählt Waldmann heute.

Von den Niederlanden ging es weiter nach Schlesien. Dort kamen sie bei einem älteren Herrn unter und mussten sich erneut vor Bombenangriffen in Sicherheit bringen. "Nur mit Glück kamen wir aus dem Keller einer Schule wieder heraus, kurz bevor sie zusammenfiel. Das Haus des alten Herrn ebenso wie den alten Herrn selbst gab es nach dem Angriff nicht mehr", sagt Waldmann.

Nach der Kapitulation der Deutschen im Mai 1945 mussten sie erneut weg. "Unsere Angst vor den russischen Soldaten war groß, die sich insbesondere nachts über die Frauen hermachten." Katharina Waldmann blieb dieses Schicksal erspart.

Sie hatte sich im Wald versteckt und konnte laut eigener Aussage die Schreie der Frauen hören, die in Häuser geflüchtet waren und dort von den Soldaten überwältigt wurden. "Es war das Furchtbarste, was man sich vorstellen kann. Das hat sich in meinen Kopf eingebrannt."

Für sie ging es schließlich zu Fuß Richtung Heimat. Bis nach Koblenz schaffte es die kleine Familie und fuhr von dort mit dem Zug nach Bonn. In der Hohenzollernstraße lebten sie bis zum Tod der Mutter vor 42 Jahren.

"Ich habe eine Lehre zur Friseuse in Schwarzrheindorf gemacht und lernte in dieser Zeit meinen Mann Adolf kennen. Wir heirateten 1954." Zunächst zog das Paar zu den Schwiegereltern auf den Auerberg. Später gab es von der Firma Leichtmetall, bei der ihr Mann als Werkzeugmacher arbeitete, eine Zweizimmer-Wohnung. 1974 kauften sie dann ihr Haus in Niederkassel-Rheidt.

Schon 1970 war Waldmann im evangelischen Gemeindeforum in Bonn Auerberg aktiv. 1974 verlagerte die gebürtige Bonnerin ihr Engagement in die evangelische Kirchengemeinde Niederkassel.

Die Frauenhilfe, der Seniorenkreis sowie die Redaktion des Gemeindebriefes zählten zu ihren Aufgaben. Auch politisch war Waldmann als sachkundige Bürgerin der FDP viele Jahre aktiv. Besonders prägend waren für sei jedoch die elf Jahre bei der Telefonseelsorge Bonn/Rhein-Sieg tätig. "Man kann sich kaum vorstellen, in welchen Nöten die Menschen sind. Das ist ausgesprochen traurig", erinnert sie sich.

Frauen und deren Nöte, Interessen und Gesprächsbedarfe veranlassten sie 1990, den Gesprächskreis "Frauen treffen Frauen" zu gründen. Für ihr inneres Gleichgewicht hat Waldmann vor zehn Jahren angefangen zu malen.

Den Erlös aus dem Verkauf ihrer Bilder spendet sie an medica mondiale. Damit schließt sich ein Kreis für sie, denn diese Organisation kümmert sich um geschändete Mädchen. Dabei vergisst Waldmann nie ihr Motto, nicht aufzugeben oder auf der Stelle zu treten.

Sie wünscht sich, dass viele junge Menschen sich engagieren, auch in der Flüchtlingsfrage, die sie in ähnlicher Form selbst erlebt hat.

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