Bis zu 60 Besucher pro Tag Anlaufpunkt für Niederkassels Jugend

Niederkassel · Der Jugendclub Widdig ist die Basis für das Kinder- und Jugendparlament der Stadt Niederkassel. Die jungen Leute nutzen das Angebot der Einrichtung mit vielen Aktionen und guten Gespräche sehr rege.

 Viel Erfahrung und hohe Motivation vereinen die Betreuerinnen Gaby Schmid-Verwey (links) und Mirja Weber.

Viel Erfahrung und hohe Motivation vereinen die Betreuerinnen Gaby Schmid-Verwey (links) und Mirja Weber.

Foto: Martina Welt

Die Aufpflasterung zur Geschwindigkeitsreduzierung vor dem Niederkasseler Jugendclub Widdig kommt, Bienenhotels werden in den Osterferien gezimmert, und der Vorschlag, Pfandringe an Müllbehältern anbringen zu lassen, stieß auf große Begeisterung im Jugendhilfeausschuss. Das sind nur die aktuellen Projekte des Kinder- und Jugendparlaments (Kijupa). Die 17 Schülerinnen und Schüler sind zudem beim Spielplatzfest oder der Beach-Party präsent, bearbeiten den Dauerbrenner Nahverkehr und dort vor allem die schlechte Verbindung nach Köln ebenso wie die Schulwegsicherung. Es war ein längerer Weg, der beschritten werden musste, um die vielen Ideen der Kinder und Jugendlichen zu lenken und ihre Motivation hochzuhalten. Seit rund sechs Jahren ist das Kinder- und Jugendparlament im Jugendclub Widdig fest verankert und seit dieser Zeit gehen Gaby Schmid-Verwey und Mirja Weber den Weg mit den Jugendlichen – mit wachsendem Erfolg. „Wir tun alles, um gute Rahmenbedingungen für die jungen Leute zu schaffen“, formulieren es die beiden Sozialpädagoginnen.

Als entscheidende Änderung benennen sie den neue Wahlmodus, der vor drei Jahren eingeführt wurde. Seitdem werden die Kinder und Jugendlichen persönlich angeschrieben. Die Wahl findet dann im Jugendclub nach einer Vorstellungsrede der jeweiligen Kandidaten statt. „Damit hat das ganze Prozedere mehr Priorität bekommen“, so Schmid-Verwey. Schon kurz nach der Wahl stellt sich der neue Jugendrat im Jugendhilfeausschuss vor, denn das ist der Ansprechpartner für ihre Ideen, Kritik oder Fragen. Von dieser gelebten Demokratie würden sich die Jugendvertreter auch mehr im Schulunterricht wünschen. „Es passiert politisch so viel, aber wir nehmen nur Theorie durch und wenden sie nicht an“, sind sich die Kijupa-Mitglieder einig. „Statt der vielen Theorie würde ich mir mehr politische Bildung wünschen“, bringt es Philipp auf den Punkt. Für Danica wäre es schon toll, wenn das Kijupa bekannter wäre und mehr Anerkennung auch bei den Jugendlichen fände.

Treffen jeden ersten Donnerstag

Jeden ersten Donnerstag treffen sich die Kijupa-Vertreter im Jugendclub Widdig, und damit zählen sie sicher zu den Vorzeige-Jugendlichen unter den rund 50 bis 60 Besuchern, die sich tagtäglich dort einfinden. „Man trifft Freunde, es gibt Räume, in die man sich zurückziehen kann, und Gaby und Mirja hören uns zu, wenn wir Redebedarf haben“, sagt Felicia, die sich dort auch außerhalb der KiJuPa-Treffen einfindet. Geöffnet hat der Jugendtreff ab 15 Uhr und wird um die Zeit insbesondere von Grundschülern angesteuert. „Es gibt viele Schüler, die nicht die OGS besuchen oder nach den Langtagen gleich mit ihrem Ranzen vorbeikommen, um Freunde zu treffen“, berichten die Betreuerinnen. Man müsse im Jugendclub Widdig nichts machen und müsse sich auch nicht unterhalten, wenn einem nicht danach sei. „Viele Kinder und Jugendliche kommen jedoch mit einem sehr großen Redebedürfnis und finden hier den Raum dazu“, sagt Weber. Das sei bei gestressten Eltern oftmals schwieriger.

Die Klientel im Jugendclub Widdig ist inzwischen sehr gemischt. Die Betreuerinnen führen das auf den Skaterpark zurück, den es seit ungefähr zwölf Jahren gibt. Auch für die Scooter- und BMX-Fahrer gibt es ein großes Gelände, und die Geräte können ausgeliehen werden. Wichtig sind Schmid-Verwey und Weber die Umgangsformen. „Wir gehen höflich miteinander um und respektieren und achten uns gegenseitig“, sagen sie. Auch Einrichtung, Spiele und natürlich die Skateboards, Scooter und BMX-Räder sollen pfleglich behandelt werden. „Inzwischen läuft vieles von alleine. Wir haben hier tolle und hilfsbereite Jugendliche, und das hätten wir früher nicht gedacht.“ Auch Ehemalige, die schon aus dem Jugendtreff-Alter raus sind, schauen noch immer gerne vorbei, sagen Hallo oder berichten von ihrer Ausbildung oder dem Studium.

Brett- und Gesellschaftsspiele beliebt

Besonders beliebt sind aktuell Brett- und Gesellschaftsspiele im Club. „Bingo oder das Spiel des Lebens stehen derzeit ganz oben auf der Wunschliste“, wissen die Betreuerinnen. Wlan gibt es im Jugendclub nicht, dafür aber Möglichkeiten, gemeinsam vor dem Rechner etwas zu machen, oder man spielt Fußball, Volleyball oder Basketball. Bedenken, dass ihre Arbeit angesichts der zunehmenden Ganztagsschulen oder Betreuungsformen in den Grundschulen überflüssig werden könnte, haben Schmid-Verwey und Weber nicht. „Ich denke, es werden in Zukunft mehr jüngere Kinder zu uns kommen“, sagt Schmid-Verwey, die seit mehr als 17 Jahren im Jugendclub Widdig arbeitet. „Wir bilden einen Gegenpol zur totalen Strukturierung des Alltags der Kinder“, sind sich die Betreuerinnen sicher. „Wer zu uns kommt, kann einfach mal abhängen ohne Zeitvorgaben.“ Sollte sich die Bedürfnislage der Kinder und Jugendlichen ändern, dann wird sich auch das Angebot im Jugendclub verändern.

Es hört sich toll an, wenn Weber vom Gleichgewicht zwischen Wohlfühlen und Verantwortungsbewusstsein spricht, das im Jugendclub erreicht werden soll. Wenn man die Motivation der Kinder- und Jugendparlamentarier spürt und das Engagement der beiden Betreuerinnen sieht, dann bekommt man eine Ahnung davon, dass es gelingen könnte im Jugendclub Widdig.

Öffnungszeiten des Jugendclubs Widdig: dienstags und mittwochs ist der offene Treff von 15 bis 21 Uhr, donnerstags von 15 bis 18.30 Uhr, freitags von 15 bis 24 Uhr geöffnet. Jeden zweiten Samstag ist von 14 bis 23 Uhr geöffnet.

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