Anklage gegen Eheleute aus Ruppichteroth Paar soll junge Frau misshandelt und eingesperrt haben

Bonn/Ruppichteroth · Die Bonner Staatsanwaltschaft wirft einem 48-jährigen Frührentner und seiner Frau gefährliche Körperverletzung, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung vor. Das Opfer flüchtete und versteckte sich bei einem Onkel.

Hinter der Fassade eines unauffälligen Hauses in Ruppichteroth soll Grausiges geschehen sein: Ein sozial engagiertes Ehepaar soll eine junge Mitbewohnerin misshandelt, vergewaltigt und sexuell genötigt haben. Die Bonner Staatsanwaltschaft hat gestern Anklage gegen einen 48-jährigen Frührentner und seine Ehefrau erhoben. Wie Behördensprecherin Stefanie Faßbender bestätigte, sollen die Angeklagten die damals 23-jährige Frau zwischen August 2013 und Februar 2014 in neun Fällen wie eine Leibeigene behandelt, geschlagen und eingesperrt haben, bis die sichtbaren Spuren der Misshandlung – Hämatome und Narben – nicht mehr sichtbar waren.

Das besonders Absurde und Unverständliche an dem Fall: Die angeklagten Eheleute sind beide ausgebildete Sanitäter und seit vielen Jahren ehrenamtlich nicht nur als Nothelfer im Einsatz. Dem späteren Opfer, das aus sehr schwierigen Familienverhältnissen kommt und zeitweise ohne ein festes Zuhause war, sollen sie angeboten haben, bei ihnen zu wohnen. „Sie hatten sich als Helferpärchen hervorgetan“, so Rechtsanwältin Dagmar Schorn, die die heute 26-Jährige vertritt. Der Fall habe sie sofort an das sogenannte „Horrorhaus von Höxter“ erinnert, in dem ein Ehepaar mehrere Frauen über Jahre eingesperrt und misshandelt haben soll. Zwei von ihnen sollen zu Tode gekommen sein.

Über die Details der Misshandlungen im Haus von Ruppichteroth wollte Faßbender gestern nichts sagen, um dem Prozess gegen die Angeklagten nicht zu gefährden. Nur soviel: Die Schläge mit einem nicht genauer bezeichneten Gegenstand werden dem 48-jährigen Ehemann angelastet, von den vier Vergewaltigungen sollen die Eheleute eine gemeinsam begangen haben, eine weitere wird der Ehefrau alleine vorgeworfen.

Besonders bitter für das Opfer: Im Januar 2014 war es ihrer Mandantin, so Schorn, gelungen, vor den mutmaßlichen Peinigern zu fliehen. Ihre Mutter jedoch schickte ihr Kind zurück in das Haus, weil sie glaubte, die Eheleute seien nur gut für das Mädchen. Im Februar 2014 soll der jungen Frau ein zweites Mal die Flucht gelungen sein. Diesmal soll sie bei einem Onkel untergekommen sein und sich versteckt haben. Im April 2014 schließlich sollen die Eheleute die 26-Jährige auf offener Straße bedroht, ins Auto gezwängt und entführt haben. Wegen dieses Vorfalls, der von Zeugen beobachtet worden war, hat das Amtsgericht Siegburg die Rettungshelfer im Mai 2015 bereits wegen gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung zu einer Geldstrafe von je 1600 Euro verurteilt. Der Prozess findet demnächst vor der 3. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts statt. Trotz der gravierenden Vorwürfe sind die Eheleute auf freiem Fuß.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort