Beratung im Rhein-Sieg-Kreis Hier bieten sich Männer Männern zum Reden an

Rhein-Sieg-Kreis · Beim Katholischen Verein für soziale Dienste weiß man, dass die Corona-Krise für Familien viele Sorgen mit sich bringt. Zwei Sozialarbeiter bieten sich daher besonders den Männern als Zuhörer an und beraten sie auf Wunsch anonym. Die Gespräche dienen auch der Prävention gegen häusliche Gewalt.

 Daniel Beck (im Vordergrund) und Bert Becker in ihrem Beratungszimmer beim SKM in Siegburg.

Daniel Beck (im Vordergrund) und Bert Becker in ihrem Beratungszimmer beim SKM in Siegburg.

Foto: Stefan János Wágner

Gespräche von Mann zu Mann bietet der Katholische Verein für soziale Dienste, kurz SKM, in einer professionellen Beratung, die dem Ursprung nach als anonyme Telefon-Hotline konzipiert ist. Das Angebot greift seit einigen Wochen auch auf technische Lösungen wie Skype-Telefonie und Videokonferenzen zurück. Der Slogan: „Echte Männer reden“. Die Zielgruppe ist groß. Angesprochen sind Jugendliche, junge Männer, Väter und Großväter.

Eines von 17 Angeboten für Rat suchende Männer

Gesprächspartner in Siegburg sind die Sozialarbeiter Daniel Beck und Bert Becker. Im Januar starteten die beiden mit dem Projekt, das Teil eines Verbundes von 17 karitativen Anlaufstellen für Rat suchende Männer ist. Die Liste der Gesprächsthemen ist lang. „Trennungssituationen und damit verbunden die Kontaktverbote zu den eigenen Kindern durch Corona. Die belastende, enge häusliche Situation – die Familienmitglieder gehen sich auf den Wecker“, so Beck.

Gefühle wie Hilflosigkeit und Ohnmacht

Sein Kollege Becker beschreibt die Lage so: „Es gibt eine Zunahme von Gefühlen wie Hilflosigkeit und Ohnmacht, dem Coronavirus ausgeliefert zu sein.“ Auch aus Sorge um die eigene Gesundheit, die Familie oder um die finanzielle oder berufliche Situation suchten Männer das Gespräch. Manche möchten anonym bleiben.

Für manchen ist Gewalt das einzige Ventil

„Es klingt unspektakulär, ist aber für Männer eine wichtige Erfahrung, denn reden hilft“, sagt die Geschäftsführerin des SKM im Rhein-Sieg-Kreis, Monika Bähr. „Die meisten Männer haben Probleme damit, ihre Gefühle auszudrücken, und möglicherweise ist Gewalt die einzige Form, die manch einer gelernt hat.“

In der Beratung hätten die Männer die Chance, über ihre Probleme, Krisen und Gewalterfahrungen zu reden, sich mit ihren eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen und Unterstützung bei der Suche nach gewaltfreien Lösungsansätzen zu erhalten, heißt es beim SKM.

Warnung vor Zunahme häuslicher Gewalt

 Einen weltweiten Anstieg häuslicher Gewalt angesichts der Einschränkungen in der Coronavirus-Pandemie hat UNO-Generalsekretär António Guterres konstatiert.

 Es gebe eine erschreckende globale Zunahme der häuslichen Gewalt, so Guterres. Als negative Auswirkungen der Pandemie führen auch die Leopoldina-Forscher eine Zunahme häuslicher Gewalt und psychische Probleme wegen wirtschaftlicher Existenznöte auf. Eine soziale Kontrolle von außen durch Freunde und den weiteren Familienkreis ist derzeit kaum möglich.

Auch die SKM-Sozialarbeiter Becker und Beck machen in ihrem Einzugsbereich „die steigende häusliche Gewaltsituation“ und „eine Zunahme von psychischen Beschwerden“ aus. „Insgesamt müssen wir feststellen, dass sich unser Angebot noch herumsprechen muss, um möglichst viele betroffene Männer und Jugendliche zu erreichen“, sagt Bähr.

Die telefonischen Gespräche dauern in der Regel 15 bis 30 Minuten, bei Bedarf auch länger. Anonyme Anrufe können jeweils montags von 16 bis 18 Uhr getätigt werden. Darüber hinaus vereinbaren die beiden Sozialarbeiter Termine in ihrem Büro in Siegburg. Die Beratung ist kostenlos, Beck und Becker unterliegen der Schweigepflicht.

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