Projekt "Chance 7" im Rhein-Sieg-Kreis Gemeinde Eitorf schert aus dem Naturprojekt aus

RHEIN-SIEG-KREIS · Der Nationalpark ist nicht gekommen. Nun gibt der Rhein-Sieg-Kreis der Natur in sechs sogenannten Kerngebieten eine neue Chance, sich frei zu entfalten: "Chance 7" nennt sich das groß angelegte und vom Bund geförderte Naturprojekt, mit dem zwischen Siebengebirge und der Sieg bis Windeck Biotopverbundsysteme geschaffen werden sollen, in dem sich Gelbbauchunken, Moorbläulinge (Schmetterlinge) und sogar Wasserbüffel wohlfühlen sollen.

 Gegen den Wegfall des Radweges an der Sieg in Lützgenauel wenden sich die "Chance 7"-Gegner Jörg Pauly (v.l.), Heinz-Peter Derscheid und Ralph Lorenz.

Gegen den Wegfall des Radweges an der Sieg in Lützgenauel wenden sich die "Chance 7"-Gegner Jörg Pauly (v.l.), Heinz-Peter Derscheid und Ralph Lorenz.

Foto: Michael Lehnberg

Die "Sieben" steht dabei für die sechs betroffenen Gemeinden und den Projektträger, den Rhein-Sieg-Kreis. Eigentlich müsste das Projekt aber umbenannt werden in "Chance 6", denn die Gemeinde Eitorf hat die Teilnahme an dem Projekt verweigert. Zugleich hat sich der Eitorfer Ratsherr Ralph Lorenz der Initiative "Freies Siebengebirge" angeschlossen und zum Widerstand aufgerufen. "Wir brauchen das gar nicht", meint Lorenz. Die besten Naturschützer seien die vielen kleinen privaten Waldbesitzer und Landwirte. Das viele Geld könne man sinnvoller einsetzen.

Mit 13 Millionen Euro wird das Projekt gefördert, das bis zum Jahr 2023 umgesetzt werden soll. Mit diesem Geld werden etwa Grundstückskäufe getätigt, Flächen gepachtet und verschiedene kleine Naturprojekte verwirklicht. Lorenz kritisiert, dass nach seiner Auffassung der Kreis aus den Kernflächen Naturschutzgebiete machen und rechtlich verankern will. Damit werde den Grundbesitzern der Handlungsspielraum genommen, wenn die Grundstücke umgewidmet werden. "Hier in Eitorf ist die Ackerfläche ohnehin schon knapp", sagt Willi Wick, Landwirt aus Schiefen. Es dürfe zwischen Juni und September auf Wiesen etwa nicht mehr gemäht werden. "Das Heu kann ich dann nicht mehr gebrauchen. Es hat dann keine Qualität." Auch die Forstwirtschaft werde eingeschränkt, sagt Lorenz und berichtet von einem Kahlschlag im Krabachtal. Dort sollen die Bäume gefällt worden sein, weil sie dem Moorbläuling im Weg standen. Nachweislich gebe es diesen Schmetterling dort gar nicht. "Man will etwas schützen , was noch gar nicht da. Das ist doch unnatürlich."

Außerdem solle die Siegwiese in Harmonie geschützt werden. "Dann darf dort die Traditions-Freizeitgemeinschaft Lokomotive Hildebrandt ihr Fußballturnier nicht mehr veranstalten, das seit 29 Jahren stattfindet", so Lorenz, der sich auch dagegen wehrt, dass ein Radweg in Lützgenauel wegfällt. Er fordert den Kreis auf, sich von dem Projekt zu verabschieden, nicht zuletzt, weil die Kommunen die Folgekosten für die Pflege der Biotope übernehmen müssen.

"Das ist falsch", sagt Christoph Schwarz, Umweltdezernent des Rhein-Sieg-Kreises. Wenn die Maßnahmen umgesetzt seien, kümmere sich der Kreis darum. "Die Kommunen sind nicht tangiert." Schwarz machte deutlich, dass aus den Kerngebieten keine Naturschutzgebiete werden. "Was wir machen müssen, ist die Sicherung der Förderung. Das kann etwa über die Pachtverträge gemacht werden." Der Kreis habe im Übrigen schon in der ersten Planungsphase Eitorf mitgeteilt: Wer nicht mitmachen will, auf dessen Gemeindegebiet werden keine Maßnahmen gemacht. "Also muss sich Eitorf da nicht sorgen." Es sei nur schade, weil es so einige Interessenten aus Eitorf gebe. "Da müssen wir dann leider Nein sagen."

Insgesamt stoße das Projekt auf große Resonanz, ergänzte Projektleiter Georg Persch, und es sei auch ein guter Teil Struktur- und Wirtschaftsförderung. Man stülpe auch keiner Kommune oder den Landwirten etwas über. "Das Projekt beruht auf Freiwilligkeit", so Persch. Der Pflege- und Entwicklungsplan werde Ende des Jahres fertig sein. Dann werde er Bund und Land zur Genehmigung vorgelegt. Erste Maßnahmen seien in der Vorbereitung. "Der Erfolg des Projektes hängt nicht von Eitorf ab", sagt Schwarz. Er wünsche sich aber, dass Eitorf mitmacht. "Da könnten wir viele Probleme lösen, etwa was die gewerbliche Entwicklung im Siegtal angeht.

Jörg Pauly von der Initiative Freies Siebengebirge glaubt nicht, dass es Sinn macht, Gelder für ein derartiges Projekt auszugeben. "Man glaubt, man muss der Natur sagen, wo es langgeht. Das macht sie schon selbst."

"Chance 7"

Träger des Projektes ist der Rhein-Sieg-Kreis. Ziel ist es, verschiedene Biotope vom Siebengebirge bis nach Windeck miteinander zu verbinden und dafür etwa Nutzflächen umzuwandeln. Auf diese Weise sollen Lebensräume mit ihrer Flora und Fauna gefördert und erhalten werden. Das Projekt beruht auf Freiwilligkeit und befindet sich am Ende der Planungsphase, die 2010 begann. Es soll bis ins Jahr 2023 laufen und wird mit 13 Millionen Euro gefördert. Die Größe des Projektgebietes beläuft sich auf rund 14.000 Hektar. Auch die Stadt Bonn will 2014 mit einsteigen.

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