Unfall in Ruppichteroth Paketzusteller nach Tod von Vierjährigem verurteilt

Siegburg · Das Amtsgericht Siegburg hat einen 60-Jährigen wegen der fahrlässigen Tötung eines vierjährigen Kindes zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Junge wurde von dem rückwärts fahrenden Paketwagen erfasst.

 Symbolbild.

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Foto: Benjamin Westhoff

Am Mittag des 26. Mai 2017 ist ein vierjähriger Junge aus Ruppichteroth auf tragische Weise ums Leben gekommen. Mit seinem Fahrradhelm auf dem Kopf lief der kleine Junge vom Grundstück seines Elternhauses in Ruppichteroth in Richtung angrenzender Straße und wurde dort von dem Fahrzeug eines Paketzustellers erfasst. Der 60-jährige Fahrer fuhr laut eines Sachverständigen mit ungefähr zehn Stundenkilometern im Rückwärtsgang, um aus der Sackgasse hinauszukommen. Das Auto erfasste den Jungen, der auf den Hinterkopf fiel, vom Auto mitgeschleift wurde und noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen erlag. Nun musste sich der 60-Jährige vor dem Siegburger Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Die Eltern des verstorbenen Jungen warfen dem ehemaligen Paketzusteller fahrlässiges Verhalten vor, da sich der Junge im toten Winkel befand und der 60-Jährige, ohne die Umgebung einsehen zu können, zurückfuhr. Der 60-Jährige, der seit dem Unfall arbeitsunfähig ist, konnte sich nicht mehr daran erinnern, den Rückwärtsgang eingelegt zu haben. „Ich erinnere mich nur daran, vorwärts gefahren zu sein, als ich eine leichte Kollision bemerkte“, so der 60-jährige Angeklagte. Da ihm der Zusammenstoß sehr leicht vorkam, stelle er weiter die Post zu und bemerkte erst im Anschluss den verletzten kleinen Jungen unter seinem Fahrzeug.

Paketzusteller stand unter Schock

Daraufhin rannte der unter Schock stehende Paketzusteller zum Haus und alarmierte die Angehörigen und einen Notarzt. Der konnte vor Ort nur noch den Tod des Jungen feststellen. Der Vierjährige hatte neben einigen Hämatomen Einblutungen im Bauch, die zu seinem Tod führten. Durch den Fahrradhelm, den der Junge zum Unfallzeitpunkt trug, war nicht der Sturz auf den Hinterkopf und somit die eigentliche Kollision mit dem Fahrzeug todesursächlich, wie der Sachverständige vor Gericht ausführte, sondern das anschließende Mitschleifen des Jungen.

Diese Tatsache führte auch zu der Anklage wegen fahrlässiger Tötung. „Durch den zum Teil uneinsichtigen Straßenabschnitt und die Unberechenbarkeit eines Kindes hätte eine Kollision selbst mit Einweiser nicht mit Sicherheit verhindert werden können“, führte der Sachverständige weiter aus. Darüber, dass ein hinzugezogener Einweiser spätestens nach dem Zusammenstoß den Fahrer hätte stoppen und damit die todesursächlichen Verletzungen verhindern können, waren sich der Sachverständige und das Gericht einig.

Laut Gesetz ist ein Fahrer dazu verpflichtet, sich beim Rückwärtsfahren durch einen Einweiser helfen zu lassen, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch tote Winkel und uneinsichtige Straßen nicht ausgeschlossen ist. Dies hatte der 60-Jährige nicht getan, wodurch es zu dem tödlichen Unfall kam.

Seit dem Unfall Albträume und Depressionen

Seit dem Unfall befindet sich der ehemalige Paketzusteller in psychologischer Behandlung. Er wird von Albträumen geplagt und hat Depressionen. Inzwischen ist der 60-Jährige Frührentner und pflegt gemeinsam mit seiner Frau die 29-jährige Tochter, die von Geburt an querschnittsgelähmt ist. „Ohne meine Familie hätte ich mich bereits umgebracht“, sagte er unter Tränen vor Gericht. Den Eltern konnte er dabei kaum in die Augen schauen. Das Ehepaar aus Ruppichteroth, das mit ihrem einige Wochen alten Säugling im Verhandlungssaal saß, wirkte während der Verhandlung gefasst und äußerte sich nicht.

In seinem Plädoyer führte der Staatsanwalt aus, dass bei diesem tragischen Unglück die Verhandlung nur eine geringe Aufarbeitung leisten kann. Es stand für ihn außer Frage, dass der 60-Jährige unter der Situation leide und vor Gericht aufrichtig Reue zeige. Dennoch wäre der Tod des Jungen durch einen Einweiser vermeidbar gewesen, wodurch sich der Frührentner der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht habe. Er forderte eine Zahlung von 90 Tagessätzen zu 30 Euro. Die Richterin schloss sich bei der Urteilsverkündung der Forderung der Staatsanwaltschaft an.

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